Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

[Abbildung]

Das leicht gezimmerte Geripp ist mit dünnen Brettern
umgeben, die mit Pech von Jnnen und Außen ganz über-
zogen werden. Das Jnnere des Fahrzeugs ist mit einer
dünnen Verkleidung von weißem Holze versehen, und wird
aufs sauberste rein gehalten und gewaschen. Die Ruder
haben an den obern Enden dicke Klötze, die den untern En-
den das Gleichgewicht halten und so die Arbeit erleichtern;
sie bewegen sich an ledernen fettigen Riemen um hölzerne
Pflöcke, welche, um die Friction so gering als möglich zu
machen, aus dem härtesten Buchsbaum, kaum fingerdick,
gemacht sind. Das Fahrzeug ist hinten breiter, läuft nach
vorn immer schmaler zu und endet mit einer scharfen eiser-
nen Spitze. Wenn der Passagier auf dem Boden des Fahr-
zeugs sitzt (denn nur die unwissenden Franken setzen sich
hinten auf den Sitz), ist dasselbe völlig im Gleichgewicht.
Der Ruderer befindet sich im Schwerpunkt der Maschine
und der Nachen folgt nun dem leisesten Druck der Hand;
selbst bei dem schlechtesten Werter scheut man sich nicht, die
aufgeregten Fluten in diesen leichten Fahrzeugen zu durch-
schneiden. Die Wellen spielen mit dem Kaik wie mit einer
Feder und stoßen es vor sich her; bald schwebt es auf der
Spitze einer Woge, bald entschwindet es dem Auge ganz
zwischen den Wasserbergen, und die scharfe Spitze wirft,
indem sie die Flut durchschneidet, den schneeweißen Schaum
zu beiden Seiten hoch in die Luft.


[Abbildung]

Das leicht gezimmerte Geripp iſt mit duͤnnen Brettern
umgeben, die mit Pech von Jnnen und Außen ganz uͤber-
zogen werden. Das Jnnere des Fahrzeugs iſt mit einer
duͤnnen Verkleidung von weißem Holze verſehen, und wird
aufs ſauberſte rein gehalten und gewaſchen. Die Ruder
haben an den obern Enden dicke Kloͤtze, die den untern En-
den das Gleichgewicht halten und ſo die Arbeit erleichtern;
ſie bewegen ſich an ledernen fettigen Riemen um hoͤlzerne
Pfloͤcke, welche, um die Friction ſo gering als moͤglich zu
machen, aus dem haͤrteſten Buchsbaum, kaum fingerdick,
gemacht ſind. Das Fahrzeug iſt hinten breiter, laͤuft nach
vorn immer ſchmaler zu und endet mit einer ſcharfen eiſer-
nen Spitze. Wenn der Paſſagier auf dem Boden des Fahr-
zeugs ſitzt (denn nur die unwiſſenden Franken ſetzen ſich
hinten auf den Sitz), iſt daſſelbe voͤllig im Gleichgewicht.
Der Ruderer befindet ſich im Schwerpunkt der Maſchine
und der Nachen folgt nun dem leiſeſten Druck der Hand;
ſelbſt bei dem ſchlechteſten Werter ſcheut man ſich nicht, die
aufgeregten Fluten in dieſen leichten Fahrzeugen zu durch-
ſchneiden. Die Wellen ſpielen mit dem Kaik wie mit einer
Feder und ſtoßen es vor ſich her; bald ſchwebt es auf der
Spitze einer Woge, bald entſchwindet es dem Auge ganz
zwiſchen den Waſſerbergen, und die ſcharfe Spitze wirft,
indem ſie die Flut durchſchneidet, den ſchneeweißen Schaum
zu beiden Seiten hoch in die Luft.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0104" n="94"/>
        <figure/><lb/>
        <p>Das leicht gezimmerte Geripp i&#x017F;t mit du&#x0364;nnen Brettern<lb/>
umgeben, die mit Pech von Jnnen und Außen ganz u&#x0364;ber-<lb/>
zogen werden. Das Jnnere des Fahrzeugs i&#x017F;t mit einer<lb/>
du&#x0364;nnen Verkleidung von weißem Holze ver&#x017F;ehen, und wird<lb/>
aufs &#x017F;auber&#x017F;te rein gehalten und gewa&#x017F;chen. Die Ruder<lb/>
haben an den obern Enden dicke Klo&#x0364;tze, die den untern En-<lb/>
den das Gleichgewicht halten und &#x017F;o die Arbeit erleichtern;<lb/>
&#x017F;ie bewegen &#x017F;ich an ledernen fettigen Riemen um ho&#x0364;lzerne<lb/>
Pflo&#x0364;cke, welche, um die Friction &#x017F;o gering als mo&#x0364;glich zu<lb/>
machen, aus dem ha&#x0364;rte&#x017F;ten Buchsbaum, kaum fingerdick,<lb/>
gemacht &#x017F;ind. Das Fahrzeug i&#x017F;t hinten breiter, la&#x0364;uft nach<lb/>
vorn immer &#x017F;chmaler zu und endet mit einer &#x017F;charfen ei&#x017F;er-<lb/>
nen Spitze. Wenn der Pa&#x017F;&#x017F;agier auf dem Boden des Fahr-<lb/>
zeugs &#x017F;itzt (denn nur die unwi&#x017F;&#x017F;enden Franken &#x017F;etzen &#x017F;ich<lb/>
hinten auf den Sitz), i&#x017F;t da&#x017F;&#x017F;elbe vo&#x0364;llig im Gleichgewicht.<lb/>
Der Ruderer befindet &#x017F;ich im Schwerpunkt der Ma&#x017F;chine<lb/>
und der Nachen folgt nun dem lei&#x017F;e&#x017F;ten Druck der Hand;<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t bei dem &#x017F;chlechte&#x017F;ten Werter &#x017F;cheut man &#x017F;ich nicht, die<lb/>
aufgeregten Fluten in die&#x017F;en leichten Fahrzeugen zu durch-<lb/>
&#x017F;chneiden. Die Wellen &#x017F;pielen mit dem Kaik wie mit einer<lb/>
Feder und &#x017F;toßen es vor &#x017F;ich her; bald &#x017F;chwebt es auf der<lb/>
Spitze einer Woge, bald ent&#x017F;chwindet es dem Auge ganz<lb/>
zwi&#x017F;chen den Wa&#x017F;&#x017F;erbergen, und die &#x017F;charfe Spitze wirft,<lb/>
indem &#x017F;ie die Flut durch&#x017F;chneidet, den &#x017F;chneeweißen Schaum<lb/>
zu beiden Seiten hoch in die Luft.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0104] [Abbildung] Das leicht gezimmerte Geripp iſt mit duͤnnen Brettern umgeben, die mit Pech von Jnnen und Außen ganz uͤber- zogen werden. Das Jnnere des Fahrzeugs iſt mit einer duͤnnen Verkleidung von weißem Holze verſehen, und wird aufs ſauberſte rein gehalten und gewaſchen. Die Ruder haben an den obern Enden dicke Kloͤtze, die den untern En- den das Gleichgewicht halten und ſo die Arbeit erleichtern; ſie bewegen ſich an ledernen fettigen Riemen um hoͤlzerne Pfloͤcke, welche, um die Friction ſo gering als moͤglich zu machen, aus dem haͤrteſten Buchsbaum, kaum fingerdick, gemacht ſind. Das Fahrzeug iſt hinten breiter, laͤuft nach vorn immer ſchmaler zu und endet mit einer ſcharfen eiſer- nen Spitze. Wenn der Paſſagier auf dem Boden des Fahr- zeugs ſitzt (denn nur die unwiſſenden Franken ſetzen ſich hinten auf den Sitz), iſt daſſelbe voͤllig im Gleichgewicht. Der Ruderer befindet ſich im Schwerpunkt der Maſchine und der Nachen folgt nun dem leiſeſten Druck der Hand; ſelbſt bei dem ſchlechteſten Werter ſcheut man ſich nicht, die aufgeregten Fluten in dieſen leichten Fahrzeugen zu durch- ſchneiden. Die Wellen ſpielen mit dem Kaik wie mit einer Feder und ſtoßen es vor ſich her; bald ſchwebt es auf der Spitze einer Woge, bald entſchwindet es dem Auge ganz zwiſchen den Waſſerbergen, und die ſcharfe Spitze wirft, indem ſie die Flut durchſchneidet, den ſchneeweißen Schaum zu beiden Seiten hoch in die Luft.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/104
Zitationshilfe: Moltke, Helmuth Karl Bernhard von: Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei aus den Jahren 1835 bis 1839. Berlin u. a., 1841, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moltke_zustaende_1841/104>, abgerufen am 25.11.2024.