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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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Sehr zu tadeln dagegen ist die, zwar in den neuesten
Fällen europäischer Kriege thatsächlich nicht ausgeübte aber
grundsätzlich noch keineswegs aufgegebene, Theilnahme von Pri-
vatpersonen am Seekriege auf eigene Faust und als Gewinn-
unternehmen. Allerderdings erfordert die Ausübung der Ka-
perei
die Ausstellung eines Kaperbriefes für jedes einzelne
dazu bestimmte Schiff von Seiten einer rechtmäßigen Kriegs-
macht; allein solche Briefe werden nicht blos an Einheimische
und Fremde gegeben, somit auch an Solche, welche in keiner
Art und Weise bei der Sache betheiligt sind; sondern es wird
auch der ganze Gedanke einer erlaubten Kriegführung, nämlich
der Besiegung des Gegners durch Staatskräfte, verlassen, in-
soferne der Angriff hier lediglich aus dem Gesichtspunkte des
Gewinnes von dem sich freiwillig dazu Meldenden geführt wird.
Ueberdies artet dieser Privatseekrieg sehr leicht in Gewaltthat
und Grausamkeit aus, so daß zur Seeräuberei kaum noch ein
weiterer Schritt ist 3).

Beim Ausbruche eines Krieges sind nach positivem
Völkerrechte Maßregeln Sitte, welche nicht mit Nothwendigkeit
aus dem Wesen des Zustandes folgen. So namentlich die
Abberufung aller Unterthanen aus Civil- und Militärdiensten
des jetzt feindlichen Staates, und zwar bei schweren Strafen;
die Zurückberufung selbst der in keiner Verbindung mit der
feindlichen Regierung stehenden, in deren Gebiet sich bisher
aufhaltenden diesseitigen Bürger; die Unterbrechung jedes Ver-
kehres, Geschaftes, selbst Briefwechsels mit Personen innerhalb
der feindlichen Grenzen, ebenfalls bei leichteren oder schweren
Strafen; endlich wohl auch die Beschlagnahme des den Unter-
thanen der feindlichen Macht zustehenden, im diesseitigen Ge-
biete befindlichen Privateigenthumes, bald mit mehr bald mit
weniger Strenge, in der Regel wenigstens der Schiffe und ihrer
Ladungen. Nachsicht in allen diesen Dingen wird als ein frei-

Sehr zu tadeln dagegen iſt die, zwar in den neueſten
Fällen europäiſcher Kriege thatſächlich nicht ausgeübte aber
grundſätzlich noch keineswegs aufgegebene, Theilnahme von Pri-
vatperſonen am Seekriege auf eigene Fauſt und als Gewinn-
unternehmen. Allerderdings erfordert die Ausübung der Ka-
perei
die Ausſtellung eines Kaperbriefes für jedes einzelne
dazu beſtimmte Schiff von Seiten einer rechtmäßigen Kriegs-
macht; allein ſolche Briefe werden nicht blos an Einheimiſche
und Fremde gegeben, ſomit auch an Solche, welche in keiner
Art und Weiſe bei der Sache betheiligt ſind; ſondern es wird
auch der ganze Gedanke einer erlaubten Kriegführung, nämlich
der Beſiegung des Gegners durch Staatskräfte, verlaſſen, in-
ſoferne der Angriff hier lediglich aus dem Geſichtspunkte des
Gewinnes von dem ſich freiwillig dazu Meldenden geführt wird.
Ueberdies artet dieſer Privatſeekrieg ſehr leicht in Gewaltthat
und Grauſamkeit aus, ſo daß zur Seeräuberei kaum noch ein
weiterer Schritt iſt 3).

Beim Ausbruche eines Krieges ſind nach poſitivem
Völkerrechte Maßregeln Sitte, welche nicht mit Nothwendigkeit
aus dem Weſen des Zuſtandes folgen. So namentlich die
Abberufung aller Unterthanen aus Civil- und Militärdienſten
des jetzt feindlichen Staates, und zwar bei ſchweren Strafen;
die Zurückberufung ſelbſt der in keiner Verbindung mit der
feindlichen Regierung ſtehenden, in deren Gebiet ſich bisher
aufhaltenden dieſſeitigen Bürger; die Unterbrechung jedes Ver-
kehres, Geſchaftes, ſelbſt Briefwechſels mit Perſonen innerhalb
der feindlichen Grenzen, ebenfalls bei leichteren oder ſchweren
Strafen; endlich wohl auch die Beſchlagnahme des den Unter-
thanen der feindlichen Macht zuſtehenden, im dieſſeitigen Ge-
biete befindlichen Privateigenthumes, bald mit mehr bald mit
weniger Strenge, in der Regel wenigſtens der Schiffe und ihrer
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[485/0499] Sehr zu tadeln dagegen iſt die, zwar in den neueſten Fällen europäiſcher Kriege thatſächlich nicht ausgeübte aber grundſätzlich noch keineswegs aufgegebene, Theilnahme von Pri- vatperſonen am Seekriege auf eigene Fauſt und als Gewinn- unternehmen. Allerderdings erfordert die Ausübung der Ka- perei die Ausſtellung eines Kaperbriefes für jedes einzelne dazu beſtimmte Schiff von Seiten einer rechtmäßigen Kriegs- macht; allein ſolche Briefe werden nicht blos an Einheimiſche und Fremde gegeben, ſomit auch an Solche, welche in keiner Art und Weiſe bei der Sache betheiligt ſind; ſondern es wird auch der ganze Gedanke einer erlaubten Kriegführung, nämlich der Beſiegung des Gegners durch Staatskräfte, verlaſſen, in- ſoferne der Angriff hier lediglich aus dem Geſichtspunkte des Gewinnes von dem ſich freiwillig dazu Meldenden geführt wird. Ueberdies artet dieſer Privatſeekrieg ſehr leicht in Gewaltthat und Grauſamkeit aus, ſo daß zur Seeräuberei kaum noch ein weiterer Schritt iſt 3). Beim Ausbruche eines Krieges ſind nach poſitivem Völkerrechte Maßregeln Sitte, welche nicht mit Nothwendigkeit aus dem Weſen des Zuſtandes folgen. So namentlich die Abberufung aller Unterthanen aus Civil- und Militärdienſten des jetzt feindlichen Staates, und zwar bei ſchweren Strafen; die Zurückberufung ſelbſt der in keiner Verbindung mit der feindlichen Regierung ſtehenden, in deren Gebiet ſich bisher aufhaltenden dieſſeitigen Bürger; die Unterbrechung jedes Ver- kehres, Geſchaftes, ſelbſt Briefwechſels mit Perſonen innerhalb der feindlichen Grenzen, ebenfalls bei leichteren oder ſchweren Strafen; endlich wohl auch die Beſchlagnahme des den Unter- thanen der feindlichen Macht zuſtehenden, im dieſſeitigen Ge- biete befindlichen Privateigenthumes, bald mit mehr bald mit weniger Strenge, in der Regel wenigſtens der Schiffe und ihrer Ladungen. Nachſicht in allen dieſen Dingen wird als ein frei-

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 485. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/499>, abgerufen am 28.11.2024.