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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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tungen einzelner Bestandtheile dieser Menschenmenge vorfinden. Der
Mittelpunkt dieser Verhältnisse ist ein bedeutendes fortdauerndes
Interesse, welches den sämmtlichen Betheiligten ein gemeinschaft-
liches Ziel des Wollens und Handelns gibt, dadurch aber auch
gleiche Sitte und Lebensansichten, gemeinschaftliche Einrichtungen,
endlich mehr oder weniger ausgebildete und bewußte Organismen
erzeugt. Durch diese Gleichförmigkeit der geistigen, körperlichen
und wirthschaftlichen Richtungen, durch Zusammenlegung der
Kräfte und, wenigstens zuweilen, durch Wirksamkeit der Organi-
sation können solche Lebensgestaltungen eine große Macht besitzen,
und auf ihre Genossen und auf Dritte in weiterer oder engerer
Weise wesentlich einwirken. Ihre Entstehung ist in letztem
Grunde eine ganz naturwüchsige, und sie sind keineswegs künst-
lich, etwa durch Staatsanordnung, erzeugt, sondern durch die
gemeinschaftlichen Beziehungen zu einer und derselben Thatsache
entstanden. Ihr Umfang und die Zahl ihrer Theilnehmer ist
äußerst verschieden. Oft beschränken sie sich auf eine einzelne
Oertlichkeit, (so die Gemeinden), oder ist nur eine verhältniß-
mäßig kleine Anzahl von Menschen dabei betheiligt, (z. B. bei
kirchlichen Sekten, gewissen Adelsklassen); dagegen erstrecken sie
sich aber auch über große Bevölkerungstheile und sogar über
mehr als Ein Land und Einen Welttheil, (die großen Kirchen,
die Nationalitäten). Die Theilnahme ist keineswegs in dem
Sinne ausschließlich, daß derselbe Mensch nur Mitglied einer
derselben Genossenschaft sein könnte; sondern vielmehr mag
Jeder, je nach seiner Betheiligung bei geeigneten Interessen,
einer größeren oder kleineren Anzahl zu gleicher Zeit angehören.
(So kann z. B. ein ungarischer Magnat zu gleicher Zeit in seiner
Betheiligung bei diesem Stande, bei der magyarischen Nationa-
lität, bei der katholischen Kirche, bei den Interessen des großen
Grundeigenthumes, vielleicht endlich als Mitglied einer Gemeinde,
erscheinen, sich fühlen und handeln).

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tungen einzelner Beſtandtheile dieſer Menſchenmenge vorfinden. Der
Mittelpunkt dieſer Verhältniſſe iſt ein bedeutendes fortdauerndes
Intereſſe, welches den ſämmtlichen Betheiligten ein gemeinſchaft-
liches Ziel des Wollens und Handelns gibt, dadurch aber auch
gleiche Sitte und Lebensanſichten, gemeinſchaftliche Einrichtungen,
endlich mehr oder weniger ausgebildete und bewußte Organismen
erzeugt. Durch dieſe Gleichförmigkeit der geiſtigen, körperlichen
und wirthſchaftlichen Richtungen, durch Zuſammenlegung der
Kräfte und, wenigſtens zuweilen, durch Wirkſamkeit der Organi-
ſation können ſolche Lebensgeſtaltungen eine große Macht beſitzen,
und auf ihre Genoſſen und auf Dritte in weiterer oder engerer
Weiſe weſentlich einwirken. Ihre Entſtehung iſt in letztem
Grunde eine ganz naturwüchſige, und ſie ſind keineswegs künſt-
lich, etwa durch Staatsanordnung, erzeugt, ſondern durch die
gemeinſchaftlichen Beziehungen zu einer und derſelben Thatſache
entſtanden. Ihr Umfang und die Zahl ihrer Theilnehmer iſt
äußerſt verſchieden. Oft beſchränken ſie ſich auf eine einzelne
Oertlichkeit, (ſo die Gemeinden), oder iſt nur eine verhältniß-
mäßig kleine Anzahl von Menſchen dabei betheiligt, (z. B. bei
kirchlichen Sekten, gewiſſen Adelsklaſſen); dagegen erſtrecken ſie
ſich aber auch über große Bevölkerungstheile und ſogar über
mehr als Ein Land und Einen Welttheil, (die großen Kirchen,
die Nationalitäten). Die Theilnahme iſt keineswegs in dem
Sinne ausſchließlich, daß derſelbe Menſch nur Mitglied einer
derſelben Genoſſenſchaft ſein könnte; ſondern vielmehr mag
Jeder, je nach ſeiner Betheiligung bei geeigneten Intereſſen,
einer größeren oder kleineren Anzahl zu gleicher Zeit angehören.
(So kann z. B. ein ungariſcher Magnat zu gleicher Zeit in ſeiner
Betheiligung bei dieſem Stande, bei der magyariſchen Nationa-
lität, bei der katholiſchen Kirche, bei den Intereſſen des großen
Grundeigenthumes, vielleicht endlich als Mitglied einer Gemeinde,
erſcheinen, ſich fühlen und handeln).

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[19/0033] tungen einzelner Beſtandtheile dieſer Menſchenmenge vorfinden. Der Mittelpunkt dieſer Verhältniſſe iſt ein bedeutendes fortdauerndes Intereſſe, welches den ſämmtlichen Betheiligten ein gemeinſchaft- liches Ziel des Wollens und Handelns gibt, dadurch aber auch gleiche Sitte und Lebensanſichten, gemeinſchaftliche Einrichtungen, endlich mehr oder weniger ausgebildete und bewußte Organismen erzeugt. Durch dieſe Gleichförmigkeit der geiſtigen, körperlichen und wirthſchaftlichen Richtungen, durch Zuſammenlegung der Kräfte und, wenigſtens zuweilen, durch Wirkſamkeit der Organi- ſation können ſolche Lebensgeſtaltungen eine große Macht beſitzen, und auf ihre Genoſſen und auf Dritte in weiterer oder engerer Weiſe weſentlich einwirken. Ihre Entſtehung iſt in letztem Grunde eine ganz naturwüchſige, und ſie ſind keineswegs künſt- lich, etwa durch Staatsanordnung, erzeugt, ſondern durch die gemeinſchaftlichen Beziehungen zu einer und derſelben Thatſache entſtanden. Ihr Umfang und die Zahl ihrer Theilnehmer iſt äußerſt verſchieden. Oft beſchränken ſie ſich auf eine einzelne Oertlichkeit, (ſo die Gemeinden), oder iſt nur eine verhältniß- mäßig kleine Anzahl von Menſchen dabei betheiligt, (z. B. bei kirchlichen Sekten, gewiſſen Adelsklaſſen); dagegen erſtrecken ſie ſich aber auch über große Bevölkerungstheile und ſogar über mehr als Ein Land und Einen Welttheil, (die großen Kirchen, die Nationalitäten). Die Theilnahme iſt keineswegs in dem Sinne ausſchließlich, daß derſelbe Menſch nur Mitglied einer derſelben Genoſſenſchaft ſein könnte; ſondern vielmehr mag Jeder, je nach ſeiner Betheiligung bei geeigneten Intereſſen, einer größeren oder kleineren Anzahl zu gleicher Zeit angehören. (So kann z. B. ein ungariſcher Magnat zu gleicher Zeit in ſeiner Betheiligung bei dieſem Stande, bei der magyariſchen Nationa- lität, bei der katholiſchen Kirche, bei den Intereſſen des großen Grundeigenthumes, vielleicht endlich als Mitglied einer Gemeinde, erſcheinen, ſich fühlen und handeln). 2*

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/33>, abgerufen am 24.11.2024.