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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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zu bestellenden Behörden hinsichtlich der Behandlung und der
Entscheidung des einzelnen Falles unabhängig, d. h. keinen
Befehlen des Staatsoberhauptes oder eines Beamten desselben
ausgesetzt sein dürfen, sind bereits im Allgemeinen erörtert.
(S. oben, § 29, Anmerk. 4) Eine nähere Betrachtung des
Gegenstandes führt denn nun aber noch zu nachstehenden
Sätzen:

Einer Seits ist wohl zu bemerken, daß die zu Zwecken
der Unabhängigkeit geforderte Ausnahmestellung nur den Ge-
richten
, und auch diesen nur insoferne sie bestimmte einzelne
Rechtssachen leiten und entscheiden, zukommt. Es haben also,
erstens, die zur allgemeinen Beaufsichtigung und Inganghaltung
der Rechtspflege bestimmten Behörden, wie namentlich das
Justizministerium und die Staatsanwaltschaft, keine solche
Stellung in Anspruch zu nehmen. Sodann sind auch die rich-
terlichen Behörden hinsichtlich der ihnen etwa aufgetragenen
anderweitigen Geschäfte oder in Betreff des rein formellen
Theiles ihrer richterlichen Thätigkeit von den Befehlen des
Staatsoberhauptes keineswegs ausgenommen. In solchen Be-
ziehungen verhalten sie sich wie alle übrigen Staatsbeamten.
Endlich ist kein zureichender Grund, der gesammten Präventiv-
justiz eine solche Unabhängigkeit einzuräumen. Allerdings dürfen
auch ihre Geschäfte, wo es sich von wohlerworbenen Rechten
der Bürger handelt, nur nach Vorschrift der Gesetze vor sich
gehen, und können auch hier keine willkürlichen allgemeinen
oder besonderen Anordnungen der Regierungsgewalt Platz greifen;
allein abgesehen hiervon muß der Staatsgewalt, zur sichern
Abwendung von Uebeln, die Erlassung von Befehlen und die
Anordnung von Vollzugsmaßregeln zustehen.

Anderer Seits erfordert die Erreichung des Zweckes der
gerichtlichen Unabhängigkeit, nämlich der Fernehaltung persön-
lichen Einflusses der Staatsgewalt auf die einzelne Rechtssache,

zu beſtellenden Behörden hinſichtlich der Behandlung und der
Entſcheidung des einzelnen Falles unabhängig, d. h. keinen
Befehlen des Staatsoberhauptes oder eines Beamten deſſelben
ausgeſetzt ſein dürfen, ſind bereits im Allgemeinen erörtert.
(S. oben, § 29, Anmerk. 4) Eine nähere Betrachtung des
Gegenſtandes führt denn nun aber noch zu nachſtehenden
Sätzen:

Einer Seits iſt wohl zu bemerken, daß die zu Zwecken
der Unabhängigkeit geforderte Ausnahmeſtellung nur den Ge-
richten
, und auch dieſen nur inſoferne ſie beſtimmte einzelne
Rechtsſachen leiten und entſcheiden, zukommt. Es haben alſo,
erſtens, die zur allgemeinen Beaufſichtigung und Inganghaltung
der Rechtspflege beſtimmten Behörden, wie namentlich das
Juſtizminiſterium und die Staatsanwaltſchaft, keine ſolche
Stellung in Anſpruch zu nehmen. Sodann ſind auch die rich-
terlichen Behörden hinſichtlich der ihnen etwa aufgetragenen
anderweitigen Geſchäfte oder in Betreff des rein formellen
Theiles ihrer richterlichen Thätigkeit von den Befehlen des
Staatsoberhauptes keineswegs ausgenommen. In ſolchen Be-
ziehungen verhalten ſie ſich wie alle übrigen Staatsbeamten.
Endlich iſt kein zureichender Grund, der geſammten Präventiv-
juſtiz eine ſolche Unabhängigkeit einzuräumen. Allerdings dürfen
auch ihre Geſchäfte, wo es ſich von wohlerworbenen Rechten
der Bürger handelt, nur nach Vorſchrift der Geſetze vor ſich
gehen, und können auch hier keine willkürlichen allgemeinen
oder beſonderen Anordnungen der Regierungsgewalt Platz greifen;
allein abgeſehen hiervon muß der Staatsgewalt, zur ſichern
Abwendung von Uebeln, die Erlaſſung von Befehlen und die
Anordnung von Vollzugsmaßregeln zuſtehen.

Anderer Seits erfordert die Erreichung des Zweckes der
gerichtlichen Unabhängigkeit, nämlich der Fernehaltung perſön-
lichen Einfluſſes der Staatsgewalt auf die einzelne Rechtsſache,

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[271/0285] zu beſtellenden Behörden hinſichtlich der Behandlung und der Entſcheidung des einzelnen Falles unabhängig, d. h. keinen Befehlen des Staatsoberhauptes oder eines Beamten deſſelben ausgeſetzt ſein dürfen, ſind bereits im Allgemeinen erörtert. (S. oben, § 29, Anmerk. 4) Eine nähere Betrachtung des Gegenſtandes führt denn nun aber noch zu nachſtehenden Sätzen: Einer Seits iſt wohl zu bemerken, daß die zu Zwecken der Unabhängigkeit geforderte Ausnahmeſtellung nur den Ge- richten, und auch dieſen nur inſoferne ſie beſtimmte einzelne Rechtsſachen leiten und entſcheiden, zukommt. Es haben alſo, erſtens, die zur allgemeinen Beaufſichtigung und Inganghaltung der Rechtspflege beſtimmten Behörden, wie namentlich das Juſtizminiſterium und die Staatsanwaltſchaft, keine ſolche Stellung in Anſpruch zu nehmen. Sodann ſind auch die rich- terlichen Behörden hinſichtlich der ihnen etwa aufgetragenen anderweitigen Geſchäfte oder in Betreff des rein formellen Theiles ihrer richterlichen Thätigkeit von den Befehlen des Staatsoberhauptes keineswegs ausgenommen. In ſolchen Be- ziehungen verhalten ſie ſich wie alle übrigen Staatsbeamten. Endlich iſt kein zureichender Grund, der geſammten Präventiv- juſtiz eine ſolche Unabhängigkeit einzuräumen. Allerdings dürfen auch ihre Geſchäfte, wo es ſich von wohlerworbenen Rechten der Bürger handelt, nur nach Vorſchrift der Geſetze vor ſich gehen, und können auch hier keine willkürlichen allgemeinen oder beſonderen Anordnungen der Regierungsgewalt Platz greifen; allein abgeſehen hiervon muß der Staatsgewalt, zur ſichern Abwendung von Uebeln, die Erlaſſung von Befehlen und die Anordnung von Vollzugsmaßregeln zuſtehen. Anderer Seits erfordert die Erreichung des Zweckes der gerichtlichen Unabhängigkeit, nämlich der Fernehaltung perſön- lichen Einfluſſes der Staatsgewalt auf die einzelne Rechtsſache,

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/285>, abgerufen am 24.11.2024.