zogen werden darf, wenn genügend nachgewiesen ist, daß die verbotene Handlung wirklich und daß sie von einer bestimmten Person begangen wurde; endlich, daß der Thäter zurechnungs- fähig, auch nicht etwa in gerechter Nothwehr begriffen war. Die vom Gesetze anzudrohenden Strafübel müssen verhältniß- mäßig, d. h. mit der Wichtigkeit des verletzten Rechtes steigend oder fallend sein; sie dürfen keine zwecklosen, unberechenbaren und das Gefühl empörenden, also auch Dritte entsittlichenden Leiden zufügen; vielmehr sollen sie sowohl den Gestraften als Dritte, welche von der Sache Kunde erhalten, rechtlich zu bessern geeignet sein.
3. Beide Arten der wiederherstellenden Rechtspflege geben im Uebrigen noch zu folgenden Forderungen vom Rechtsstand- punkte aus Veranlassung:
Vor Allem ist das Bedürfniß einer sehr ausgedehnten Gesetzgebung einleuchtend. Wenn auch Gewohnheitsrecht und vielleicht, je nach der Verfassung des Staates, autono- mische Bestimmungen in größerem oder kleinerem Maße bestehen sollten, so verlangt doch sowohl die Strafrechtspflege eine aus- führliche Feststellung aller verbotenen Handlungen und der darauf gesetzten Strafen, also auch die Regelung der privatrechtlichen Verhältnisse ein wohlgeordnetes und höchst umfangreiches System von Regeln. In beiden Beziehungen machen die Veränderungen in den Lebenseinrichtungen und in der Gesittigungsstufe der Völker von Zeit zu Zeit Umgestaltungen nothwendig. Auch das Verfahren sowohl in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten als in Straffällen muß strenge durch Gesetz geregelt sein, damit nicht im einzelnen Falle Streit und Verzögerung entstehe, Jeder die ihm zur Seite stehenden Rechtsgründe vorzubringen vermöge, und jede Willkür von Seiten der Rechtsbeamten des Staates unmöglich sei.
Die Gründe, warum die zur Besorgung der Rechtspflege
zogen werden darf, wenn genügend nachgewieſen iſt, daß die verbotene Handlung wirklich und daß ſie von einer beſtimmten Perſon begangen wurde; endlich, daß der Thäter zurechnungs- fähig, auch nicht etwa in gerechter Nothwehr begriffen war. Die vom Geſetze anzudrohenden Strafübel müſſen verhältniß- mäßig, d. h. mit der Wichtigkeit des verletzten Rechtes ſteigend oder fallend ſein; ſie dürfen keine zweckloſen, unberechenbaren und das Gefühl empörenden, alſo auch Dritte entſittlichenden Leiden zufügen; vielmehr ſollen ſie ſowohl den Geſtraften als Dritte, welche von der Sache Kunde erhalten, rechtlich zu beſſern geeignet ſein.
3. Beide Arten der wiederherſtellenden Rechtspflege geben im Uebrigen noch zu folgenden Forderungen vom Rechtsſtand- punkte aus Veranlaſſung:
Vor Allem iſt das Bedürfniß einer ſehr ausgedehnten Geſetzgebung einleuchtend. Wenn auch Gewohnheitsrecht und vielleicht, je nach der Verfaſſung des Staates, autono- miſche Beſtimmungen in größerem oder kleinerem Maße beſtehen ſollten, ſo verlangt doch ſowohl die Strafrechtspflege eine aus- führliche Feſtſtellung aller verbotenen Handlungen und der darauf geſetzten Strafen, alſo auch die Regelung der privatrechtlichen Verhältniſſe ein wohlgeordnetes und höchſt umfangreiches Syſtem von Regeln. In beiden Beziehungen machen die Veränderungen in den Lebenseinrichtungen und in der Geſittigungsſtufe der Völker von Zeit zu Zeit Umgeſtaltungen nothwendig. Auch das Verfahren ſowohl in bürgerlichen Rechtsſtreitigkeiten als in Straffällen muß ſtrenge durch Geſetz geregelt ſein, damit nicht im einzelnen Falle Streit und Verzögerung entſtehe, Jeder die ihm zur Seite ſtehenden Rechtsgründe vorzubringen vermöge, und jede Willkür von Seiten der Rechtsbeamten des Staates unmöglich ſei.
Die Gründe, warum die zur Beſorgung der Rechtspflege
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zogen werden darf, wenn genügend nachgewieſen iſt, daß die
verbotene Handlung wirklich und daß ſie von einer beſtimmten
Perſon begangen wurde; endlich, daß der Thäter zurechnungs-
fähig, auch nicht etwa in gerechter Nothwehr begriffen war.
Die vom Geſetze anzudrohenden Strafübel müſſen verhältniß-
mäßig, d. h. mit der Wichtigkeit des verletzten Rechtes ſteigend
oder fallend ſein; ſie dürfen keine zweckloſen, unberechenbaren
und das Gefühl empörenden, alſo auch Dritte entſittlichenden
Leiden zufügen; vielmehr ſollen ſie ſowohl den Geſtraften als
Dritte, welche von der Sache Kunde erhalten, rechtlich zu
beſſern geeignet ſein.
3. Beide Arten der wiederherſtellenden Rechtspflege geben
im Uebrigen noch zu folgenden Forderungen vom Rechtsſtand-
punkte aus Veranlaſſung:
Vor Allem iſt das Bedürfniß einer ſehr ausgedehnten
Geſetzgebung einleuchtend. Wenn auch Gewohnheitsrecht
und vielleicht, je nach der Verfaſſung des Staates, autono-
miſche Beſtimmungen in größerem oder kleinerem Maße beſtehen
ſollten, ſo verlangt doch ſowohl die Strafrechtspflege eine aus-
führliche Feſtſtellung aller verbotenen Handlungen und der darauf
geſetzten Strafen, alſo auch die Regelung der privatrechtlichen
Verhältniſſe ein wohlgeordnetes und höchſt umfangreiches Syſtem
von Regeln. In beiden Beziehungen machen die Veränderungen
in den Lebenseinrichtungen und in der Geſittigungsſtufe der
Völker von Zeit zu Zeit Umgeſtaltungen nothwendig. Auch
das Verfahren ſowohl in bürgerlichen Rechtsſtreitigkeiten als
in Straffällen muß ſtrenge durch Geſetz geregelt ſein, damit
nicht im einzelnen Falle Streit und Verzögerung entſtehe, Jeder
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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/284>, abgerufen am 24.11.2024.
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