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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

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Ueber die Osnabrückischen Zehuten.
des großen Lehrmeisters, zu statten kömmt. Vielmehr
gebe ich zu, daß es immer noch von dem Bischofe ab-
hieng, ob er den Zehnten, so lange er die Eigenschaft
einer Steuer behielt
, vom Felde ziehen, oder zu Gelde
lassen wollte. Dieses sagen nicht allein die Gesetze de de.
eimis non redimendis nisi Episcopo placuerit,

Bey Georgisch. in Corp. J. G. S. 1842,

sondern es ist auch der wahre Sinn des oft gebrauchten
Ausdrucks, quod decimae sint in potestate Episcoporum;
als wodurch angezeigt wird, daß der Kayser es zwar in
die Macht der Bischöfe gestellet, in den Steueranlagen
bis auf den zehnten Pfennig zu gehen, aber darum noch
nicht gewollt habe, daß sie nun diese Zehntsteuer jedes
Jahr, ohne Unterschied ob es nöthig sey oder nicht, ein-
fordern sollten. Da zu dieser Zeit noch keine Landstände
vorhanden waren, mit denen der Bischof die gemeinen
Stiftsanlagen überlegen konnte, und es zu weitläuftig
gewesen seyn würde, zu jeder Anlage die kayserliche Be-
willigung einzuholen, und eines von beyden mußte doch
geschehn, so war der Zehnte nur als ein non plus ultra
erwählt, worüber die Bischöfe, ohne weitere Vorfrage
nicht hinausgehen sollten.

Dieses vorausgesetzt, werden sie mir hoffentlich

Zweytens darunter gern beypflichten, daß alle Steuren
ihr natürliches Maaß an der Bedürfnis haben, wozu sie
gefordert werden. Was darüber ist geht auf Willkühr
hinaus, und dieser darf sich ein Bischof noch weniger als
ein ander Regent schuldig machen. Um den Bischof von
der Versuchung abzuhalten, etwas mehrers an Zehnten
zu fordern, als er zu seiner, der Kirchen und der Armen
Nothdurft gebrauchte, war verordnet, daß der jährliche
Ueberschuß allemal den Armen gegeben, nicht aber ver-

kauft

Ueber die Oſnabruͤckiſchen Zehuten.
des großen Lehrmeiſters, zu ſtatten koͤmmt. Vielmehr
gebe ich zu, daß es immer noch von dem Biſchofe ab-
hieng, ob er den Zehnten, ſo lange er die Eigenſchaft
einer Steuer behielt
, vom Felde ziehen, oder zu Gelde
laſſen wollte. Dieſes ſagen nicht allein die Geſetze de de.
eimis non redimendis niſi Epiſcopo placuerit,

Bey Georgiſch. in Corp. J. G. S. 1842,

ſondern es iſt auch der wahre Sinn des oft gebrauchten
Ausdrucks, quod decimae ſint in poteſtate Epiſcoporum;
als wodurch angezeigt wird, daß der Kayſer es zwar in
die Macht der Biſchoͤfe geſtellet, in den Steueranlagen
bis auf den zehnten Pfennig zu gehen, aber darum noch
nicht gewollt habe, daß ſie nun dieſe Zehntſteuer jedes
Jahr, ohne Unterſchied ob es noͤthig ſey oder nicht, ein-
fordern ſollten. Da zu dieſer Zeit noch keine Landſtaͤnde
vorhanden waren, mit denen der Biſchof die gemeinen
Stiftsanlagen uͤberlegen konnte, und es zu weitlaͤuftig
geweſen ſeyn wuͤrde, zu jeder Anlage die kayſerliche Be-
willigung einzuholen, und eines von beyden mußte doch
geſchehn, ſo war der Zehnte nur als ein non plus ultra
erwaͤhlt, woruͤber die Biſchoͤfe, ohne weitere Vorfrage
nicht hinausgehen ſollten.

Dieſes vorausgeſetzt, werden ſie mir hoffentlich

Zweytens darunter gern beypflichten, daß alle Steuren
ihr natuͤrliches Maaß an der Beduͤrfnis haben, wozu ſie
gefordert werden. Was daruͤber iſt geht auf Willkuͤhr
hinaus, und dieſer darf ſich ein Biſchof noch weniger als
ein ander Regent ſchuldig machen. Um den Biſchof von
der Verſuchung abzuhalten, etwas mehrers an Zehnten
zu fordern, als er zu ſeiner, der Kirchen und der Armen
Nothdurft gebrauchte, war verordnet, daß der jaͤhrliche
Ueberſchuß allemal den Armen gegeben, nicht aber ver-

kauft
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[370/0382] Ueber die Oſnabruͤckiſchen Zehuten. des großen Lehrmeiſters, zu ſtatten koͤmmt. Vielmehr gebe ich zu, daß es immer noch von dem Biſchofe ab- hieng, ob er den Zehnten, ſo lange er die Eigenſchaft einer Steuer behielt, vom Felde ziehen, oder zu Gelde laſſen wollte. Dieſes ſagen nicht allein die Geſetze de de. eimis non redimendis niſi Epiſcopo placuerit, Bey Georgiſch. in Corp. J. G. S. 1842, ſondern es iſt auch der wahre Sinn des oft gebrauchten Ausdrucks, quod decimae ſint in poteſtate Epiſcoporum; als wodurch angezeigt wird, daß der Kayſer es zwar in die Macht der Biſchoͤfe geſtellet, in den Steueranlagen bis auf den zehnten Pfennig zu gehen, aber darum noch nicht gewollt habe, daß ſie nun dieſe Zehntſteuer jedes Jahr, ohne Unterſchied ob es noͤthig ſey oder nicht, ein- fordern ſollten. Da zu dieſer Zeit noch keine Landſtaͤnde vorhanden waren, mit denen der Biſchof die gemeinen Stiftsanlagen uͤberlegen konnte, und es zu weitlaͤuftig geweſen ſeyn wuͤrde, zu jeder Anlage die kayſerliche Be- willigung einzuholen, und eines von beyden mußte doch geſchehn, ſo war der Zehnte nur als ein non plus ultra erwaͤhlt, woruͤber die Biſchoͤfe, ohne weitere Vorfrage nicht hinausgehen ſollten. Dieſes vorausgeſetzt, werden ſie mir hoffentlich Zweytens darunter gern beypflichten, daß alle Steuren ihr natuͤrliches Maaß an der Beduͤrfnis haben, wozu ſie gefordert werden. Was daruͤber iſt geht auf Willkuͤhr hinaus, und dieſer darf ſich ein Biſchof noch weniger als ein ander Regent ſchuldig machen. Um den Biſchof von der Verſuchung abzuhalten, etwas mehrers an Zehnten zu fordern, als er zu ſeiner, der Kirchen und der Armen Nothdurft gebrauchte, war verordnet, daß der jaͤhrliche Ueberſchuß allemal den Armen gegeben, nicht aber ver- kauft

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/382>, abgerufen am 06.05.2024.