Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

Ueber die Adelsprobe in Deutschland.
ben, sich dergestalt empfahl, daß nun ein jeder daraus
schöpfen wollte.

Dieses zu mehrerer Deutlichkeit, und zu besserer
Entwickelung der Begriffe, vorausgesetzt, wird es leicht
zu bestimmen seyn.

I. Was derjenige, welcher sich als ein alter Edelmann
darstellen will, zu erweisen habe?

Derjenige welcher seinen Adel aus der ersten Quelle
herzuleiten gedenket, muß darthun, daß die Ahnen, wo-
von er abstammet, echte Eigenthümer stimmbarer Land-
Actien, oder wie man jetzt spricht, Reichs- oder Landta-
gesfähiger Güter, gewesen, und in solcher Eigenschaft
zu den öffentlichen Reichs- oder Landesversammlungen
berufen worden. Er muß beydes zusammen, oder doch
wenigstens, wenn er mit dem Beweise des ersten allein
auslangen will, dieses erweisen, daß in dem Lande, worin
seine Ahnen gesessen gewesen, kein Unadelicher zum Ei-
genthume eines Reichs- oder Landtagsfähigen Gutes
habe gelangen können. Ein anderer Beweis ist die Schö-
pfenbarkeit, wenn einer nämlich zeigen kann, daß seine
Ahnen in kayserl. und Reichs-Landgerichten, welche un-
ter dem persönlichen Vorsitze eines Bischofes, Herzoges,
oder Grafen, gehalten worden, die Stelle eines Schö-
pfen bekleidet haben. -- Die vom Adel aus der zwoten
Quelle haben zu erweisen, daß ihre Ahnen wahre kayser-
liche, fürstliche, oder gräfliche Dienstleute gewesen. Auch
haben einige edle Herren und Aebte, als die zu Wildes-
hausen, von welchen der Kayser Lothar sagte: ejus mini-
steriales cum siliis et posteris suis parem conditionem et
legem cum suis et ducis Henrici ministerialibus habere,
Origg. Guelf. T. II. p.
52,
gute Dienstleute gehabt: und
wo dieses außer Zweifel ist, mag auch der Dienstmann
eines solchen Abten, Probsten, oder edeln Herrn, wel-

cher
S 3

Ueber die Adelsprobe in Deutſchland.
ben, ſich dergeſtalt empfahl, daß nun ein jeder daraus
ſchoͤpfen wollte.

Dieſes zu mehrerer Deutlichkeit, und zu beſſerer
Entwickelung der Begriffe, vorausgeſetzt, wird es leicht
zu beſtimmen ſeyn.

I. Was derjenige, welcher ſich als ein alter Edelmann
darſtellen will, zu erweiſen habe?

Derjenige welcher ſeinen Adel aus der erſten Quelle
herzuleiten gedenket, muß darthun, daß die Ahnen, wo-
von er abſtammet, echte Eigenthuͤmer ſtimmbarer Land-
Actien, oder wie man jetzt ſpricht, Reichs- oder Landta-
gesfaͤhiger Guͤter, geweſen, und in ſolcher Eigenſchaft
zu den oͤffentlichen Reichs- oder Landesverſammlungen
berufen worden. Er muß beydes zuſammen, oder doch
wenigſtens, wenn er mit dem Beweiſe des erſten allein
auslangen will, dieſes erweiſen, daß in dem Lande, worin
ſeine Ahnen geſeſſen geweſen, kein Unadelicher zum Ei-
genthume eines Reichs- oder Landtagsfaͤhigen Gutes
habe gelangen koͤnnen. Ein anderer Beweis iſt die Schoͤ-
pfenbarkeit, wenn einer naͤmlich zeigen kann, daß ſeine
Ahnen in kayſerl. und Reichs-Landgerichten, welche un-
ter dem perſoͤnlichen Vorſitze eines Biſchofes, Herzoges,
oder Grafen, gehalten worden, die Stelle eines Schoͤ-
pfen bekleidet haben. — Die vom Adel aus der zwoten
Quelle haben zu erweiſen, daß ihre Ahnen wahre kayſer-
liche, fuͤrſtliche, oder graͤfliche Dienſtleute geweſen. Auch
haben einige edle Herren und Aebte, als die zu Wildes-
hauſen, von welchen der Kayſer Lothar ſagte: ejus mini-
ſteriales cum ſiliis et poſteris ſuis parem conditionem et
legem cum ſuis et ducis Henrici miniſterialibus habere,
Origg. Guelf. T. II. p.
52,
gute Dienſtleute gehabt: und
wo dieſes außer Zweifel iſt, mag auch der Dienſtmann
eines ſolchen Abten, Probſten, oder edeln Herrn, wel-

cher
S 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0289" n="277"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ueber die Adelsprobe in Deut&#x017F;chland.</hi></fw><lb/>
ben, &#x017F;ich derge&#x017F;talt empfahl, daß nun ein jeder daraus<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;pfen wollte.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;es zu mehrerer Deutlichkeit, und zu be&#x017F;&#x017F;erer<lb/>
Entwickelung der Begriffe, vorausge&#x017F;etzt, wird es leicht<lb/>
zu be&#x017F;timmen &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#aq">I.</hi> <hi rendition="#fr">Was derjenige, welcher &#x017F;ich als ein alter Edelmann<lb/>
dar&#x017F;tellen will, zu erwei&#x017F;en habe?</hi> </p><lb/>
          <p>Derjenige welcher &#x017F;einen Adel aus der <hi rendition="#fr">er&#x017F;ten Quelle</hi><lb/>
herzuleiten gedenket, muß darthun, daß die Ahnen, wo-<lb/>
von er ab&#x017F;tammet, echte Eigenthu&#x0364;mer &#x017F;timmbarer Land-<lb/>
Actien, oder wie man jetzt &#x017F;pricht, Reichs- oder Landta-<lb/>
gesfa&#x0364;higer Gu&#x0364;ter, gewe&#x017F;en, und in &#x017F;olcher Eigen&#x017F;chaft<lb/>
zu den o&#x0364;ffentlichen Reichs- oder Landesver&#x017F;ammlungen<lb/>
berufen worden. Er muß beydes zu&#x017F;ammen, oder doch<lb/>
wenig&#x017F;tens, wenn er mit dem Bewei&#x017F;e des er&#x017F;ten allein<lb/>
auslangen will, die&#x017F;es erwei&#x017F;en, daß in dem Lande, worin<lb/>
&#x017F;eine Ahnen ge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en gewe&#x017F;en, kein Unadelicher zum Ei-<lb/>
genthume eines Reichs- oder Landtagsfa&#x0364;higen Gutes<lb/>
habe gelangen ko&#x0364;nnen. Ein anderer Beweis i&#x017F;t die Scho&#x0364;-<lb/>
pfenbarkeit, wenn einer na&#x0364;mlich zeigen kann, daß &#x017F;eine<lb/>
Ahnen in kay&#x017F;erl. und Reichs-Landgerichten, welche un-<lb/>
ter dem per&#x017F;o&#x0364;nlichen Vor&#x017F;itze eines Bi&#x017F;chofes, Herzoges,<lb/>
oder Grafen, gehalten worden, die Stelle eines Scho&#x0364;-<lb/>
pfen bekleidet haben. &#x2014; Die vom Adel aus der <hi rendition="#fr">zwoten</hi><lb/>
Quelle haben zu erwei&#x017F;en, daß ihre Ahnen wahre kay&#x017F;er-<lb/>
liche, fu&#x0364;r&#x017F;tliche, oder gra&#x0364;fliche Dien&#x017F;tleute gewe&#x017F;en. Auch<lb/>
haben einige edle Herren und Aebte, als die zu Wildes-<lb/>
hau&#x017F;en, von welchen der Kay&#x017F;er Lothar &#x017F;agte: <cit><quote><hi rendition="#aq">ejus mini-<lb/>
&#x017F;teriales cum &#x017F;iliis et po&#x017F;teris &#x017F;uis parem conditionem et<lb/>
legem cum &#x017F;uis et ducis Henrici mini&#x017F;terialibus habere,<lb/><hi rendition="#i">Origg. Guelf.</hi> T. II. p.</hi> 52,</quote><bibl/></cit> gute Dien&#x017F;tleute gehabt: und<lb/>
wo die&#x017F;es außer Zweifel i&#x017F;t, mag auch der Dien&#x017F;tmann<lb/>
eines &#x017F;olchen Abten, Prob&#x017F;ten, oder edeln Herrn, wel-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 3</fw><fw place="bottom" type="catch">cher</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[277/0289] Ueber die Adelsprobe in Deutſchland. ben, ſich dergeſtalt empfahl, daß nun ein jeder daraus ſchoͤpfen wollte. Dieſes zu mehrerer Deutlichkeit, und zu beſſerer Entwickelung der Begriffe, vorausgeſetzt, wird es leicht zu beſtimmen ſeyn. I. Was derjenige, welcher ſich als ein alter Edelmann darſtellen will, zu erweiſen habe? Derjenige welcher ſeinen Adel aus der erſten Quelle herzuleiten gedenket, muß darthun, daß die Ahnen, wo- von er abſtammet, echte Eigenthuͤmer ſtimmbarer Land- Actien, oder wie man jetzt ſpricht, Reichs- oder Landta- gesfaͤhiger Guͤter, geweſen, und in ſolcher Eigenſchaft zu den oͤffentlichen Reichs- oder Landesverſammlungen berufen worden. Er muß beydes zuſammen, oder doch wenigſtens, wenn er mit dem Beweiſe des erſten allein auslangen will, dieſes erweiſen, daß in dem Lande, worin ſeine Ahnen geſeſſen geweſen, kein Unadelicher zum Ei- genthume eines Reichs- oder Landtagsfaͤhigen Gutes habe gelangen koͤnnen. Ein anderer Beweis iſt die Schoͤ- pfenbarkeit, wenn einer naͤmlich zeigen kann, daß ſeine Ahnen in kayſerl. und Reichs-Landgerichten, welche un- ter dem perſoͤnlichen Vorſitze eines Biſchofes, Herzoges, oder Grafen, gehalten worden, die Stelle eines Schoͤ- pfen bekleidet haben. — Die vom Adel aus der zwoten Quelle haben zu erweiſen, daß ihre Ahnen wahre kayſer- liche, fuͤrſtliche, oder graͤfliche Dienſtleute geweſen. Auch haben einige edle Herren und Aebte, als die zu Wildes- hauſen, von welchen der Kayſer Lothar ſagte: ejus mini- ſteriales cum ſiliis et poſteris ſuis parem conditionem et legem cum ſuis et ducis Henrici miniſterialibus habere, Origg. Guelf. T. II. p. 52, gute Dienſtleute gehabt: und wo dieſes außer Zweifel iſt, mag auch der Dienſtmann eines ſolchen Abten, Probſten, oder edeln Herrn, wel- cher S 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/289
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/289>, abgerufen am 12.05.2024.