Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

Ueber die Adelsprobe in Deutschland.
andre als Dienstmannskinder an seinen Hof und in seine
Dienste zu nehmen, weil, wie leicht zu erachten, die nun
einmal vorhandene mit schlechten nicht dienen wollten.
Die erste Quelle des Adels, so aus dem Eigenthum einer
Landactie bestand, war guten Theils versiegen; besonders
nachdem die ritterliche Militz den Heerbann der Landei-
genthümer so ziemlich verdunkelt hatte, und bey dem ver-
mehrten Gelde, die Landactie ein Gegenstand des Han-
dels geworden war, so daß sie auch ein Freygelassener,
wenn er Geld hatte, erstehen konnte. Und so war es
billig, eine dritte Quelle zu eröffnen, die nun freylich im
Anfange nicht sehr besuchet wurde, jedoch bald, als neben
der Dienstmannschaft eine neue Art von beständiger Mi-
litz errichtet wurde, und die Fürsten gelehrte Räthe an-
nahmen, welche in Behandlung gewisser Sachen mehrere
Geschicklichkeit als die gebohrnen Dienstleute hatten, von
dem Glanze der neuen Civil- und Militairwürden erho-

ben
ros suos utriusque sexus in ministeriales nostrae ecclesiae rece-
pimus, dantes eis omne jus quod ministeriales nostrae ecclesiae
antiquitus habuerunt -- ib. p.
750. Die Aebtissin giebt ihm
omne jus: das ist, alles was ihm 16 Ahnen verschaffen konn-
te, und mehr als der Kayser geben kann. Aber es geschahe
auch cum consensu caeterorum ministerialium; und der gea-
delte hatte ihr eine jährliche Einnahme von einer Mark Herfor-
derscher Pfenning verschaffet. Andre treugeleistete Dienste
werden nicht angeführt. Der Erzöischof Adelbert zu Mainz
erlaubte dem Probste zu Aschaffenburg, duos viros, ejusdem
praepositurae aliquando quidem censuales, cum consensu advo-
cati
,
zu seinen Ministerialen anzunehmen, und den einen zu
seinem Erbmarschall, und den andern zu seinem Erbschenken
zu machen; v. diploma 1227 beym Guden T. I. p. 394. Diese
Standeserhöhung zweyer Censualium sub advocatia inferiori
constitutorum,
zeigt, wie man ohne einen kayserlichen Brief
ein Edelmann werden könne.

Ueber die Adelsprobe in Deutſchland.
andre als Dienſtmannskinder an ſeinen Hof und in ſeine
Dienſte zu nehmen, weil, wie leicht zu erachten, die nun
einmal vorhandene mit ſchlechten nicht dienen wollten.
Die erſte Quelle des Adels, ſo aus dem Eigenthum einer
Landactie beſtand, war guten Theils verſiegen; beſonders
nachdem die ritterliche Militz den Heerbann der Landei-
genthuͤmer ſo ziemlich verdunkelt hatte, und bey dem ver-
mehrten Gelde, die Landactie ein Gegenſtand des Han-
dels geworden war, ſo daß ſie auch ein Freygelaſſener,
wenn er Geld hatte, erſtehen konnte. Und ſo war es
billig, eine dritte Quelle zu eroͤffnen, die nun freylich im
Anfange nicht ſehr beſuchet wurde, jedoch bald, als neben
der Dienſtmannſchaft eine neue Art von beſtaͤndiger Mi-
litz errichtet wurde, und die Fuͤrſten gelehrte Raͤthe an-
nahmen, welche in Behandlung gewiſſer Sachen mehrere
Geſchicklichkeit als die gebohrnen Dienſtleute hatten, von
dem Glanze der neuen Civil- und Militairwuͤrden erho-

ben
ros ſuos utriusque ſexus in miniſteriales noſtrae eccleſiae rece-
pimus, dantes eis omne jus quod miniſteriales noſtrae eccleſiae
antiquitus habuerunt — ib. p.
750. Die Aebtiſſin giebt ihm
omne jus: das iſt, alles was ihm 16 Ahnen verſchaffen konn-
te, und mehr als der Kayſer geben kann. Aber es geſchahe
auch cum conſenſu caeterorum miniſterialium; und der gea-
delte hatte ihr eine jaͤhrliche Einnahme von einer Mark Herfor-
derſcher Pfenning verſchaffet. Andre treugeleiſtete Dienſte
werden nicht angefuͤhrt. Der Erzoͤiſchof Adelbert zu Mainz
erlaubte dem Probſte zu Aſchaffenburg, duos viros, ejusdem
praepoſiturae aliquando quidem cenſuales, cum conſenſu advo-
cati
,
zu ſeinen Miniſterialen anzunehmen, und den einen zu
ſeinem Erbmarſchall, und den andern zu ſeinem Erbſchenken
zu machen; v. diploma 1227 beym Guden T. I. p. 394. Dieſe
Standeserhoͤhung zweyer Cenſualium ſub advocatia inferiori
conſtitutorum,
zeigt, wie man ohne einen kayſerlichen Brief
ein Edelmann werden koͤnne.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0288" n="276"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ueber die Adelsprobe in Deut&#x017F;chland.</hi></fw><lb/>
andre als Dien&#x017F;tmannskinder an &#x017F;einen Hof und in &#x017F;eine<lb/>
Dien&#x017F;te zu nehmen, weil, wie leicht zu erachten, die nun<lb/>
einmal vorhandene mit &#x017F;chlechten nicht dienen wollten.<lb/>
Die er&#x017F;te Quelle des Adels, &#x017F;o aus dem Eigenthum einer<lb/>
Landactie be&#x017F;tand, war guten Theils ver&#x017F;iegen; be&#x017F;onders<lb/>
nachdem die ritterliche Militz den Heerbann der Landei-<lb/>
genthu&#x0364;mer &#x017F;o ziemlich verdunkelt hatte, und bey dem ver-<lb/>
mehrten Gelde, die Landactie ein Gegen&#x017F;tand des Han-<lb/>
dels geworden war, &#x017F;o daß &#x017F;ie auch ein Freygela&#x017F;&#x017F;ener,<lb/>
wenn er Geld hatte, er&#x017F;tehen konnte. Und &#x017F;o war es<lb/>
billig, eine dritte Quelle zu ero&#x0364;ffnen, die nun freylich im<lb/>
Anfange nicht &#x017F;ehr be&#x017F;uchet wurde, jedoch bald, als neben<lb/>
der Dien&#x017F;tmann&#x017F;chaft eine neue Art von be&#x017F;ta&#x0364;ndiger Mi-<lb/>
litz errichtet wurde, und die Fu&#x0364;r&#x017F;ten gelehrte Ra&#x0364;the an-<lb/>
nahmen, welche in Behandlung gewi&#x017F;&#x017F;er Sachen mehrere<lb/>
Ge&#x017F;chicklichkeit als die gebohrnen Dien&#x017F;tleute hatten, von<lb/>
dem Glanze der neuen Civil- und Militairwu&#x0364;rden erho-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ben</fw><lb/><note xml:id="f06" prev="#f05" place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">ros &#x017F;uos utriusque &#x017F;exus in mini&#x017F;teriales no&#x017F;trae eccle&#x017F;iae rece-<lb/>
pimus, dantes eis omne jus quod mini&#x017F;teriales no&#x017F;trae eccle&#x017F;iae<lb/>
antiquitus habuerunt &#x2014; ib. p.</hi> 750. Die Aebti&#x017F;&#x017F;in giebt ihm<lb/><hi rendition="#aq">omne jus:</hi> das i&#x017F;t, alles was ihm 16 Ahnen ver&#x017F;chaffen konn-<lb/>
te, und mehr als der Kay&#x017F;er geben kann. Aber es ge&#x017F;chahe<lb/>
auch <hi rendition="#aq">cum con&#x017F;en&#x017F;u caeterorum mini&#x017F;terialium;</hi> und der gea-<lb/>
delte hatte ihr eine ja&#x0364;hrliche Einnahme von einer Mark Herfor-<lb/>
der&#x017F;cher Pfenning ver&#x017F;chaffet. Andre treugelei&#x017F;tete Dien&#x017F;te<lb/>
werden nicht angefu&#x0364;hrt. Der Erzo&#x0364;i&#x017F;chof <hi rendition="#fr">Adelbert</hi> zu Mainz<lb/>
erlaubte dem Prob&#x017F;te zu A&#x017F;chaffenburg, <hi rendition="#aq">duos viros, ejusdem<lb/>
praepo&#x017F;iturae aliquando quidem <hi rendition="#i">cen&#x017F;uales, cum con&#x017F;en&#x017F;u advo-<lb/>
cati</hi>,</hi> zu &#x017F;einen Mini&#x017F;terialen anzunehmen, und den einen zu<lb/>
&#x017F;einem Erbmar&#x017F;chall, und den andern zu &#x017F;einem Erb&#x017F;chenken<lb/>
zu machen; <hi rendition="#aq">v. diploma</hi> 1227 beym <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Guden</hi> T. I. p.</hi> 394. Die&#x017F;e<lb/>
Standeserho&#x0364;hung zweyer <hi rendition="#aq">Cen&#x017F;ualium &#x017F;ub advocatia inferiori<lb/>
con&#x017F;titutorum,</hi> zeigt, wie man ohne einen kay&#x017F;erlichen Brief<lb/>
ein Edelmann werden ko&#x0364;nne.</note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[276/0288] Ueber die Adelsprobe in Deutſchland. andre als Dienſtmannskinder an ſeinen Hof und in ſeine Dienſte zu nehmen, weil, wie leicht zu erachten, die nun einmal vorhandene mit ſchlechten nicht dienen wollten. Die erſte Quelle des Adels, ſo aus dem Eigenthum einer Landactie beſtand, war guten Theils verſiegen; beſonders nachdem die ritterliche Militz den Heerbann der Landei- genthuͤmer ſo ziemlich verdunkelt hatte, und bey dem ver- mehrten Gelde, die Landactie ein Gegenſtand des Han- dels geworden war, ſo daß ſie auch ein Freygelaſſener, wenn er Geld hatte, erſtehen konnte. Und ſo war es billig, eine dritte Quelle zu eroͤffnen, die nun freylich im Anfange nicht ſehr beſuchet wurde, jedoch bald, als neben der Dienſtmannſchaft eine neue Art von beſtaͤndiger Mi- litz errichtet wurde, und die Fuͤrſten gelehrte Raͤthe an- nahmen, welche in Behandlung gewiſſer Sachen mehrere Geſchicklichkeit als die gebohrnen Dienſtleute hatten, von dem Glanze der neuen Civil- und Militairwuͤrden erho- ben *) *) ros ſuos utriusque ſexus in miniſteriales noſtrae eccleſiae rece- pimus, dantes eis omne jus quod miniſteriales noſtrae eccleſiae antiquitus habuerunt — ib. p. 750. Die Aebtiſſin giebt ihm omne jus: das iſt, alles was ihm 16 Ahnen verſchaffen konn- te, und mehr als der Kayſer geben kann. Aber es geſchahe auch cum conſenſu caeterorum miniſterialium; und der gea- delte hatte ihr eine jaͤhrliche Einnahme von einer Mark Herfor- derſcher Pfenning verſchaffet. Andre treugeleiſtete Dienſte werden nicht angefuͤhrt. Der Erzoͤiſchof Adelbert zu Mainz erlaubte dem Probſte zu Aſchaffenburg, duos viros, ejusdem praepoſiturae aliquando quidem cenſuales, cum conſenſu advo- cati, zu ſeinen Miniſterialen anzunehmen, und den einen zu ſeinem Erbmarſchall, und den andern zu ſeinem Erbſchenken zu machen; v. diploma 1227 beym Guden T. I. p. 394. Dieſe Standeserhoͤhung zweyer Cenſualium ſub advocatia inferiori conſtitutorum, zeigt, wie man ohne einen kayſerlichen Brief ein Edelmann werden koͤnne.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/288
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/288>, abgerufen am 12.05.2024.