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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

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Ueber die Absteuer der Töchter
thumsordnung *) billiget dem abstehenden Anerben, von
einem im guten Stande befindlichen Meyerhofe
30 Tha-
ler zu, welche ihm in drey Jahren, mithin jährlich mit
10 Thalern ohne Zinsen ausbezahlet werden sollen. Sie
frägt hier nicht lange, wie viel Kinder vorhanden, sie
fordert keine genaue Ausrechnung, sondern nimmt einen
guten Meyerhof an, und billiget dann dem Anerben 30
Thaler oder mehr zu. Der Zusatz oder mehr, läßt dem
Gutsherrn zwar einige Ermäßigung der Umstände, aber
doch mit solcher Bescheidenheit, daß man daraus keine
beschwerlichen Folgen ziehen wird. Man wird auch vor
errichteter Eigenthumsordnung schwerlich eine einzige sol-
che gerichtliche Untersuchung und Bestimmung finden, wie
wir seit der Verordnung vom 5 Decemb. 1768 viele er-
lebet, und die ihren Ursprung, lediglich den römischen
Begriffen zu danken haben. Fürsten, Grafen und Edel-
leute haben sich dagegen durch Hausverträge, Haus- und
Standesgebrauch, Testamente, Verzichte und Vereini-
gungen geschützt: aber die armen und geringen Landmän-
ner, die in diesem Jahrhundert zuerst in diesen Stücken
einer fremden Gesetzgebung unterworfen worden, anstatt
daß sie vorhin überall und zu allen Zeiten, so viel ihrer
Hofesgenossen waren, ihre eigne Autonomie unter Hofes-
richterlicher Bestätigung, und so viel ihre Rittereigne wa-
ren, die Gutsherrliche Vorsorge für sich hatten, sind in
den Strudel der römischen Rechte fortgerissen worden,
ohne daß es ihnen dabey einmal recht erlaubt oder mög-
lich ist, sich selbst Hülfe zu verschaffen, ausser daß sie sich
nun allmählig durch Testamente, einer neuen Art von
Autonomie, die ebenfalls im vorigen Jahrhundert kei-
nem gemeinen Landbesitzer eingefallen ist, zu helfen

suchen,
*) Eigenth. Ordn. C. V. §. 21.

Ueber die Abſteuer der Toͤchter
thumsordnung *) billiget dem abſtehenden Anerben, von
einem im guten Stande befindlichen Meyerhofe
30 Tha-
ler zu, welche ihm in drey Jahren, mithin jaͤhrlich mit
10 Thalern ohne Zinſen ausbezahlet werden ſollen. Sie
fraͤgt hier nicht lange, wie viel Kinder vorhanden, ſie
fordert keine genaue Ausrechnung, ſondern nimmt einen
guten Meyerhof an, und billiget dann dem Anerben 30
Thaler oder mehr zu. Der Zuſatz oder mehr, laͤßt dem
Gutsherrn zwar einige Ermaͤßigung der Umſtaͤnde, aber
doch mit ſolcher Beſcheidenheit, daß man daraus keine
beſchwerlichen Folgen ziehen wird. Man wird auch vor
errichteter Eigenthumsordnung ſchwerlich eine einzige ſol-
che gerichtliche Unterſuchung und Beſtimmung finden, wie
wir ſeit der Verordnung vom 5 Decemb. 1768 viele er-
lebet, und die ihren Urſprung, lediglich den roͤmiſchen
Begriffen zu danken haben. Fuͤrſten, Grafen und Edel-
leute haben ſich dagegen durch Hausvertraͤge, Haus- und
Standesgebrauch, Teſtamente, Verzichte und Vereini-
gungen geſchuͤtzt: aber die armen und geringen Landmaͤn-
ner, die in dieſem Jahrhundert zuerſt in dieſen Stuͤcken
einer fremden Geſetzgebung unterworfen worden, anſtatt
daß ſie vorhin uͤberall und zu allen Zeiten, ſo viel ihrer
Hofesgenoſſen waren, ihre eigne Autonomie unter Hofes-
richterlicher Beſtaͤtigung, und ſo viel ihre Rittereigne wa-
ren, die Gutsherrliche Vorſorge fuͤr ſich hatten, ſind in
den Strudel der roͤmiſchen Rechte fortgeriſſen worden,
ohne daß es ihnen dabey einmal recht erlaubt oder moͤg-
lich iſt, ſich ſelbſt Huͤlfe zu verſchaffen, auſſer daß ſie ſich
nun allmaͤhlig durch Teſtamente, einer neuen Art von
Autonomie, die ebenfalls im vorigen Jahrhundert kei-
nem gemeinen Landbeſitzer eingefallen iſt, zu helfen

ſuchen,
*) Eigenth. Ordn. C. V. §. 21.
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[228/0240] Ueber die Abſteuer der Toͤchter thumsordnung *) billiget dem abſtehenden Anerben, von einem im guten Stande befindlichen Meyerhofe 30 Tha- ler zu, welche ihm in drey Jahren, mithin jaͤhrlich mit 10 Thalern ohne Zinſen ausbezahlet werden ſollen. Sie fraͤgt hier nicht lange, wie viel Kinder vorhanden, ſie fordert keine genaue Ausrechnung, ſondern nimmt einen guten Meyerhof an, und billiget dann dem Anerben 30 Thaler oder mehr zu. Der Zuſatz oder mehr, laͤßt dem Gutsherrn zwar einige Ermaͤßigung der Umſtaͤnde, aber doch mit ſolcher Beſcheidenheit, daß man daraus keine beſchwerlichen Folgen ziehen wird. Man wird auch vor errichteter Eigenthumsordnung ſchwerlich eine einzige ſol- che gerichtliche Unterſuchung und Beſtimmung finden, wie wir ſeit der Verordnung vom 5 Decemb. 1768 viele er- lebet, und die ihren Urſprung, lediglich den roͤmiſchen Begriffen zu danken haben. Fuͤrſten, Grafen und Edel- leute haben ſich dagegen durch Hausvertraͤge, Haus- und Standesgebrauch, Teſtamente, Verzichte und Vereini- gungen geſchuͤtzt: aber die armen und geringen Landmaͤn- ner, die in dieſem Jahrhundert zuerſt in dieſen Stuͤcken einer fremden Geſetzgebung unterworfen worden, anſtatt daß ſie vorhin uͤberall und zu allen Zeiten, ſo viel ihrer Hofesgenoſſen waren, ihre eigne Autonomie unter Hofes- richterlicher Beſtaͤtigung, und ſo viel ihre Rittereigne wa- ren, die Gutsherrliche Vorſorge fuͤr ſich hatten, ſind in den Strudel der roͤmiſchen Rechte fortgeriſſen worden, ohne daß es ihnen dabey einmal recht erlaubt oder moͤg- lich iſt, ſich ſelbſt Huͤlfe zu verſchaffen, auſſer daß ſie ſich nun allmaͤhlig durch Teſtamente, einer neuen Art von Autonomie, die ebenfalls im vorigen Jahrhundert kei- nem gemeinen Landbeſitzer eingefallen iſt, zu helfen ſuchen, *) Eigenth. Ordn. C. V. §. 21.

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/240>, abgerufen am 22.11.2024.