Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

Eine kurze Nachricht
Gewalt gegen die anwachsenden Territorialhoheiten be-
haupteten. Obgedachten Conrad von Langen, der sein
Gut zwischen der Stadt Osnabrück und dem Dorfe Oesede
hatte, nahm der Kayser Sigismund in seine Dienste, um
ihn zu retten. Aber die Freygrafen verfolgten ihn mit
ihren Erkenntnissen, wovon er endlich an das Concilium
zu Basel appellirte *).

Die wahre Ursache ihres Untergangs ist auch ganz
sichtbar die Territorialhoheit, welche sich gegen diese aus-
serordentlichen und unmittelbaren kayserlichen Commissa-
rien so lange sperrete, bis sie solche völlig erstickt hatte.
Doch sind sie durch die Reichsgesetze nie völlig aufgeho-
ben, sondern nur auf ihre ursprüngliche Einrichtung, und
auf ihre Districte eingeschränkt worden. Noch jetzt giebt
der Kayser freye Stühle zu Lehen, und man findet auch
noch verschiedene Freygerichte in der Grafschaft Mark
und dem Herzogthum Westphalen, die aber doch nicht
mehr unmittelbar unter dem Kayser, sondern unter ih-
rem Landesherrn stehn. Den letztern Schaden haben ih-
nen überall die Archidiaconen gethan, welche als bischöf-
liche Commissarien eine bessere und nähere Unterstützung
an ihrem Herrn, als die Freygrafen an dem entfernten
Kayser hatten, und besonders den Theil der freygräsli-
chen Gerichtsbarkeit, welcher in dem Kayserlichen Kir-
chen und Kirchhofesschutz bestand, an sich zogen, auch den
Freygrafen nicht weiter das Urtheil über Zauberey und
Ketzerey gestatten wollten, wie solches aus verschiedenen
Beschwerden der Freygrafen über jene bischöflichen Com-
missarien zu ersehen ist.

Was
*) S. PFEFFINGER ad vitr. ill. T. IV. p. 487.

Eine kurze Nachricht
Gewalt gegen die anwachſenden Territorialhoheiten be-
haupteten. Obgedachten Conrad von Langen, der ſein
Gut zwiſchen der Stadt Oſnabruͤck und dem Dorfe Oeſede
hatte, nahm der Kayſer Sigismund in ſeine Dienſte, um
ihn zu retten. Aber die Freygrafen verfolgten ihn mit
ihren Erkenntniſſen, wovon er endlich an das Concilium
zu Baſel appellirte *).

Die wahre Urſache ihres Untergangs iſt auch ganz
ſichtbar die Territorialhoheit, welche ſich gegen dieſe auſ-
ſerordentlichen und unmittelbaren kayſerlichen Commiſſa-
rien ſo lange ſperrete, bis ſie ſolche voͤllig erſtickt hatte.
Doch ſind ſie durch die Reichsgeſetze nie voͤllig aufgeho-
ben, ſondern nur auf ihre urſpruͤngliche Einrichtung, und
auf ihre Diſtricte eingeſchraͤnkt worden. Noch jetzt giebt
der Kayſer freye Stuͤhle zu Lehen, und man findet auch
noch verſchiedene Freygerichte in der Grafſchaft Mark
und dem Herzogthum Weſtphalen, die aber doch nicht
mehr unmittelbar unter dem Kayſer, ſondern unter ih-
rem Landesherrn ſtehn. Den letztern Schaden haben ih-
nen uͤberall die Archidiaconen gethan, welche als biſchoͤf-
liche Commiſſarien eine beſſere und naͤhere Unterſtuͤtzung
an ihrem Herrn, als die Freygrafen an dem entfernten
Kayſer hatten, und beſonders den Theil der freygraͤſli-
chen Gerichtsbarkeit, welcher in dem Kayſerlichen Kir-
chen und Kirchhofesſchutz beſtand, an ſich zogen, auch den
Freygrafen nicht weiter das Urtheil uͤber Zauberey und
Ketzerey geſtatten wollten, wie ſolches aus verſchiedenen
Beſchwerden der Freygrafen uͤber jene biſchoͤflichen Com-
miſſarien zu erſehen iſt.

Was
*) S. PFEFFINGER ad vitr. ill. T. IV. p. 487.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0214" n="202"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Eine kurze Nachricht</hi></fw><lb/>
Gewalt gegen die anwach&#x017F;enden Territorialhoheiten be-<lb/>
haupteten. Obgedachten Conrad von Langen, der &#x017F;ein<lb/>
Gut zwi&#x017F;chen der Stadt O&#x017F;nabru&#x0364;ck und dem Dorfe Oe&#x017F;ede<lb/>
hatte, nahm der Kay&#x017F;er Sigismund in &#x017F;eine Dien&#x017F;te, um<lb/>
ihn zu retten. Aber die Freygrafen verfolgten ihn mit<lb/>
ihren Erkenntni&#x017F;&#x017F;en, wovon er endlich an das Concilium<lb/>
zu Ba&#x017F;el appellirte <note place="foot" n="*)">S. <hi rendition="#aq">PFEFFINGER ad vitr. ill. T. IV. p.</hi> 487.</note>.</p><lb/>
          <p>Die wahre Ur&#x017F;ache ihres Untergangs i&#x017F;t auch ganz<lb/>
&#x017F;ichtbar die Territorialhoheit, welche &#x017F;ich gegen die&#x017F;e au&#x017F;-<lb/>
&#x017F;erordentlichen und unmittelbaren kay&#x017F;erlichen Commi&#x017F;&#x017F;a-<lb/>
rien &#x017F;o lange &#x017F;perrete, bis &#x017F;ie &#x017F;olche vo&#x0364;llig er&#x017F;tickt hatte.<lb/>
Doch &#x017F;ind &#x017F;ie durch die Reichsge&#x017F;etze nie vo&#x0364;llig aufgeho-<lb/>
ben, &#x017F;ondern nur auf ihre ur&#x017F;pru&#x0364;ngliche Einrichtung, und<lb/>
auf ihre Di&#x017F;tricte einge&#x017F;chra&#x0364;nkt worden. Noch jetzt giebt<lb/>
der Kay&#x017F;er freye Stu&#x0364;hle zu Lehen, und man findet auch<lb/>
noch ver&#x017F;chiedene Freygerichte in der Graf&#x017F;chaft Mark<lb/>
und dem Herzogthum We&#x017F;tphalen, die aber doch nicht<lb/>
mehr unmittelbar unter dem Kay&#x017F;er, &#x017F;ondern unter ih-<lb/>
rem Landesherrn &#x017F;tehn. Den letztern Schaden haben ih-<lb/>
nen u&#x0364;berall die Archidiaconen gethan, welche als bi&#x017F;cho&#x0364;f-<lb/>
liche Commi&#x017F;&#x017F;arien eine be&#x017F;&#x017F;ere und na&#x0364;here Unter&#x017F;tu&#x0364;tzung<lb/>
an ihrem Herrn, als die Freygrafen an dem entfernten<lb/>
Kay&#x017F;er hatten, und be&#x017F;onders den Theil der freygra&#x0364;&#x017F;li-<lb/>
chen Gerichtsbarkeit, welcher in dem Kay&#x017F;erlichen Kir-<lb/>
chen und Kirchhofes&#x017F;chutz be&#x017F;tand, an &#x017F;ich zogen, auch den<lb/>
Freygrafen nicht weiter das Urtheil u&#x0364;ber Zauberey und<lb/>
Ketzerey ge&#x017F;tatten wollten, wie &#x017F;olches aus ver&#x017F;chiedenen<lb/>
Be&#x017F;chwerden der Freygrafen u&#x0364;ber jene bi&#x017F;cho&#x0364;flichen Com-<lb/>
mi&#x017F;&#x017F;arien zu er&#x017F;ehen i&#x017F;t.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Was</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0214] Eine kurze Nachricht Gewalt gegen die anwachſenden Territorialhoheiten be- haupteten. Obgedachten Conrad von Langen, der ſein Gut zwiſchen der Stadt Oſnabruͤck und dem Dorfe Oeſede hatte, nahm der Kayſer Sigismund in ſeine Dienſte, um ihn zu retten. Aber die Freygrafen verfolgten ihn mit ihren Erkenntniſſen, wovon er endlich an das Concilium zu Baſel appellirte *). Die wahre Urſache ihres Untergangs iſt auch ganz ſichtbar die Territorialhoheit, welche ſich gegen dieſe auſ- ſerordentlichen und unmittelbaren kayſerlichen Commiſſa- rien ſo lange ſperrete, bis ſie ſolche voͤllig erſtickt hatte. Doch ſind ſie durch die Reichsgeſetze nie voͤllig aufgeho- ben, ſondern nur auf ihre urſpruͤngliche Einrichtung, und auf ihre Diſtricte eingeſchraͤnkt worden. Noch jetzt giebt der Kayſer freye Stuͤhle zu Lehen, und man findet auch noch verſchiedene Freygerichte in der Grafſchaft Mark und dem Herzogthum Weſtphalen, die aber doch nicht mehr unmittelbar unter dem Kayſer, ſondern unter ih- rem Landesherrn ſtehn. Den letztern Schaden haben ih- nen uͤberall die Archidiaconen gethan, welche als biſchoͤf- liche Commiſſarien eine beſſere und naͤhere Unterſtuͤtzung an ihrem Herrn, als die Freygrafen an dem entfernten Kayſer hatten, und beſonders den Theil der freygraͤſli- chen Gerichtsbarkeit, welcher in dem Kayſerlichen Kir- chen und Kirchhofesſchutz beſtand, an ſich zogen, auch den Freygrafen nicht weiter das Urtheil uͤber Zauberey und Ketzerey geſtatten wollten, wie ſolches aus verſchiedenen Beſchwerden der Freygrafen uͤber jene biſchoͤflichen Com- miſſarien zu erſehen iſt. Was *) S. PFEFFINGER ad vitr. ill. T. IV. p. 487.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/214
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 4. Berlin, 1786, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien04_1786/214>, abgerufen am 24.11.2024.