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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

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Schreiben einer Gutsfrau,
auf acht Jahr von der Naturallieferung befreyet werden.
Diejenigen, so das Jahr kein Schwein liefern, entrichten
dafür ein Malter Gersten, oder bezahlen so viel als dieses
zur Lieferungszeit gilt.

Der vierte betrift das Holz. Ihr Brand-Wagen- und
Zaunholz mögen sie zu ihrer Nothdurft auf ihren Höfen
ohne Anweisung hauen und der Verkauf des Buchen Holzes
wird ihnen frey gelassen, jedoch nach Schlägen, welche bey
allen nach der Beschaffenheit des Holzes und Bodens ein-
mal für alle reguliret sind Sieht man, daß ein abgeholz-
ter Ort nicht wieder gehörig in Anwachs ist: so wird ihm
der Verkauf auf die erforderliche Zeit ganz verhoten. Die-
jenigen aber, so Bauholz verlangen, müssen es des Mor-
gens, wann das Freyen Fest gehalten wird, bey uns an-
zeigen, und dann senden wir unsern Verwalter mit zweyen
der ältesten Freyen herum, die es ihnen auf der Reihe aus-
zeichnen Ausser dieser Zeit darf sich niemand darum mel-
den, wenn ihn nicht ein grosses Unglück dazu nöthiget.
Auch vergönnen wir denjenigen, die besonders fleißig pflan-
zen, und überflüßiges Holz haben, Bauholz, jedoch auf
vorherige Anweisung zu verkaufen, und machen ihnen sol-
ches nicht schwer, so bald wir sehen, daß sie kluge und red-
liche Holzbauer und Haushalter sind.

Der fünfte untersagt ihnen ihre unterhabende Höfe zu
zertheilen, und mit Schulden oder neuen Pflichten und
Dienstbarkeiten zu beschweren. So viel Geld als aus einem
vierjährigen Ertrage ihres Hofes wiederum bezahlt werden
kann, mögen sie vor sich aufleihen, damit sie nicht ohne al-
len Credit sind. Es muß aber doch mit Vorwissen des
Freyen Vogts, welcher die Schuld in ein besonders Buch
trägt, das ein jeder einsehen kann, geschehen. Ist die
Noth grösser und die Schuld soll weiter gehen: so läßt

mein

Schreiben einer Gutsfrau,
auf acht Jahr von der Naturallieferung befreyet werden.
Diejenigen, ſo das Jahr kein Schwein liefern, entrichten
dafuͤr ein Malter Gerſten, oder bezahlen ſo viel als dieſes
zur Lieferungszeit gilt.

Der vierte betrift das Holz. Ihr Brand-Wagen- und
Zaunholz moͤgen ſie zu ihrer Nothdurft auf ihren Hoͤfen
ohne Anweiſung hauen und der Verkauf des Buchen Holzes
wird ihnen frey gelaſſen, jedoch nach Schlaͤgen, welche bey
allen nach der Beſchaffenheit des Holzes und Bodens ein-
mal fuͤr alle reguliret ſind Sieht man, daß ein abgeholz-
ter Ort nicht wieder gehoͤrig in Anwachs iſt: ſo wird ihm
der Verkauf auf die erforderliche Zeit ganz verhoten. Die-
jenigen aber, ſo Bauholz verlangen, muͤſſen es des Mor-
gens, wann das Freyen Feſt gehalten wird, bey uns an-
zeigen, und dann ſenden wir unſern Verwalter mit zweyen
der aͤlteſten Freyen herum, die es ihnen auf der Reihe aus-
zeichnen Auſſer dieſer Zeit darf ſich niemand darum mel-
den, wenn ihn nicht ein groſſes Ungluͤck dazu noͤthiget.
Auch vergoͤnnen wir denjenigen, die beſonders fleißig pflan-
zen, und uͤberfluͤßiges Holz haben, Bauholz, jedoch auf
vorherige Anweiſung zu verkaufen, und machen ihnen ſol-
ches nicht ſchwer, ſo bald wir ſehen, daß ſie kluge und red-
liche Holzbauer und Haushalter ſind.

Der fuͤnfte unterſagt ihnen ihre unterhabende Hoͤfe zu
zertheilen, und mit Schulden oder neuen Pflichten und
Dienſtbarkeiten zu beſchweren. So viel Geld als aus einem
vierjaͤhrigen Ertrage ihres Hofes wiederum bezahlt werden
kann, moͤgen ſie vor ſich aufleihen, damit ſie nicht ohne al-
len Credit ſind. Es muß aber doch mit Vorwiſſen des
Freyen Vogts, welcher die Schuld in ein beſonders Buch
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Noth groͤſſer und die Schuld ſoll weiter gehen: ſo laͤßt

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[234/0248] Schreiben einer Gutsfrau, auf acht Jahr von der Naturallieferung befreyet werden. Diejenigen, ſo das Jahr kein Schwein liefern, entrichten dafuͤr ein Malter Gerſten, oder bezahlen ſo viel als dieſes zur Lieferungszeit gilt. Der vierte betrift das Holz. Ihr Brand-Wagen- und Zaunholz moͤgen ſie zu ihrer Nothdurft auf ihren Hoͤfen ohne Anweiſung hauen und der Verkauf des Buchen Holzes wird ihnen frey gelaſſen, jedoch nach Schlaͤgen, welche bey allen nach der Beſchaffenheit des Holzes und Bodens ein- mal fuͤr alle reguliret ſind Sieht man, daß ein abgeholz- ter Ort nicht wieder gehoͤrig in Anwachs iſt: ſo wird ihm der Verkauf auf die erforderliche Zeit ganz verhoten. Die- jenigen aber, ſo Bauholz verlangen, muͤſſen es des Mor- gens, wann das Freyen Feſt gehalten wird, bey uns an- zeigen, und dann ſenden wir unſern Verwalter mit zweyen der aͤlteſten Freyen herum, die es ihnen auf der Reihe aus- zeichnen Auſſer dieſer Zeit darf ſich niemand darum mel- den, wenn ihn nicht ein groſſes Ungluͤck dazu noͤthiget. Auch vergoͤnnen wir denjenigen, die beſonders fleißig pflan- zen, und uͤberfluͤßiges Holz haben, Bauholz, jedoch auf vorherige Anweiſung zu verkaufen, und machen ihnen ſol- ches nicht ſchwer, ſo bald wir ſehen, daß ſie kluge und red- liche Holzbauer und Haushalter ſind. Der fuͤnfte unterſagt ihnen ihre unterhabende Hoͤfe zu zertheilen, und mit Schulden oder neuen Pflichten und Dienſtbarkeiten zu beſchweren. So viel Geld als aus einem vierjaͤhrigen Ertrage ihres Hofes wiederum bezahlt werden kann, moͤgen ſie vor ſich aufleihen, damit ſie nicht ohne al- len Credit ſind. Es muß aber doch mit Vorwiſſen des Freyen Vogts, welcher die Schuld in ein beſonders Buch traͤgt, das ein jeder einſehen kann, geſchehen. Iſt die Noth groͤſſer und die Schuld ſoll weiter gehen: ſo laͤßt mein

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/248>, abgerufen am 28.03.2024.