Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

Vom Hüten der Schweine.
digte, haben sich wenigstens diese Regel nicht gefallen lassen,
so übel auch die Folgen davon einst seyn mögten; und ich
glaube, daß man hierbey lediglich auf dasjenige zu sehen
habe, was das größte Beste jedes Orts erfordre.

Dieses erfordert nun meines Ermessens an den meisten
Orten schlechterdings, daß das Hüten auf den Reinen oder
Streifen zwischen dem Korn, zur beschlossenen Zeit, so viel
als immer möglich verhütet werde; die Spanisch Lingische
Holzungsordnung von 1590, (Tit. 4. §. 49.) welche als ein
Meisterstück ihrer Zeit angesehen werden mag, verbietet die-
ses bey schwerer Strafe, und belohnt den Anbringer beson-
ders, zum sichern Zeichen, daß man nicht die Klage eines
Beschädigten abgewartet, sondern jeden, und mithin auch
den Fiscus dazu aufgemuntert habe. Der Schade welchen
das Vieh anrichtet, was durch spielende Kinder oder bos-
hafte Leute im Felde zur beschlossenen Zeit auf den Reinen
und Grasstreifen gehütet wird, ist so mannigfaltig und so
heimlich, daß es fast in keinem Falle erlaubt seyn muß;
und wenn dieses ist: so kann nicht erst der Beweis eines
würklichen Schadens oder die Klage eines frommen Man-
nes, der sich einen bösen Nachbar nicht zum Unfreunde ma-
chen will, erwartet werden; sondern der Fiscus, der sich
mit dem Hasse gern beladet, und die Feindschaften schlechter
Leute nicht fürchten darf, muß Recht und Macht haben,
alle diejenigen anzuzeigen, welche zur beschlossenen Zeit mit
ihrem Viehe im Felde hütend betreten werden; es wäre
denn, daß eine andre Einrichtung, wie bey dem Rescript
vom 10 Sept. 1767. vorausgesetzt ist, von langen Jahren
her Platz gegriffen habe. Denn wo z. E. die Feldgenossen
einen eignen Feldschützen oder einen besondern Feldrichter
haben, da hat der Fiscus nichts zu thun.

Ich verstehe dieses aber blos vom Hüten, was mit
Vorsatz geschieht, nicht aber von dem Falle, wo ein Stück

Vieh

Vom Huͤten der Schweine.
digte, haben ſich wenigſtens dieſe Regel nicht gefallen laſſen,
ſo uͤbel auch die Folgen davon einſt ſeyn moͤgten; und ich
glaube, daß man hierbey lediglich auf dasjenige zu ſehen
habe, was das groͤßte Beſte jedes Orts erfordre.

Dieſes erfordert nun meines Ermeſſens an den meiſten
Orten ſchlechterdings, daß das Huͤten auf den Reinen oder
Streifen zwiſchen dem Korn, zur beſchloſſenen Zeit, ſo viel
als immer moͤglich verhuͤtet werde; die Spaniſch Lingiſche
Holzungsordnung von 1590, (Tit. 4. §. 49.) welche als ein
Meiſterſtuͤck ihrer Zeit angeſehen werden mag, verbietet die-
ſes bey ſchwerer Strafe, und belohnt den Anbringer beſon-
ders, zum ſichern Zeichen, daß man nicht die Klage eines
Beſchaͤdigten abgewartet, ſondern jeden, und mithin auch
den Fiſcus dazu aufgemuntert habe. Der Schade welchen
das Vieh anrichtet, was durch ſpielende Kinder oder bos-
hafte Leute im Felde zur beſchloſſenen Zeit auf den Reinen
und Grasſtreifen gehuͤtet wird, iſt ſo mannigfaltig und ſo
heimlich, daß es faſt in keinem Falle erlaubt ſeyn muß;
und wenn dieſes iſt: ſo kann nicht erſt der Beweis eines
wuͤrklichen Schadens oder die Klage eines frommen Man-
nes, der ſich einen boͤſen Nachbar nicht zum Unfreunde ma-
chen will, erwartet werden; ſondern der Fiſcus, der ſich
mit dem Haſſe gern beladet, und die Feindſchaften ſchlechter
Leute nicht fuͤrchten darf, muß Recht und Macht haben,
alle diejenigen anzuzeigen, welche zur beſchloſſenen Zeit mit
ihrem Viehe im Felde huͤtend betreten werden; es waͤre
denn, daß eine andre Einrichtung, wie bey dem Reſcript
vom 10 Sept. 1767. vorausgeſetzt iſt, von langen Jahren
her Platz gegriffen habe. Denn wo z. E. die Feldgenoſſen
einen eignen Feldſchuͤtzen oder einen beſondern Feldrichter
haben, da hat der Fiſcus nichts zu thun.

Ich verſtehe dieſes aber blos vom Huͤten, was mit
Vorſatz geſchieht, nicht aber von dem Falle, wo ein Stuͤck

Vieh
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0230" n="216"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vom Hu&#x0364;ten der Schweine.</hi></fw><lb/>
digte, haben &#x017F;ich wenig&#x017F;tens die&#x017F;e Regel nicht gefallen la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
&#x017F;o u&#x0364;bel auch die Folgen davon ein&#x017F;t &#x017F;eyn mo&#x0364;gten; und ich<lb/>
glaube, daß man hierbey lediglich auf dasjenige zu &#x017F;ehen<lb/>
habe, was das gro&#x0364;ßte Be&#x017F;te jedes Orts erfordre.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;es erfordert nun meines Erme&#x017F;&#x017F;ens an den mei&#x017F;ten<lb/>
Orten &#x017F;chlechterdings, daß das Hu&#x0364;ten auf den Reinen oder<lb/>
Streifen zwi&#x017F;chen dem Korn, zur be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Zeit, &#x017F;o viel<lb/>
als immer mo&#x0364;glich verhu&#x0364;tet werde; die Spani&#x017F;ch Lingi&#x017F;che<lb/>
Holzungsordnung von 1590, (<hi rendition="#aq">Tit.</hi> 4. §. 49.) welche als ein<lb/>
Mei&#x017F;ter&#x017F;tu&#x0364;ck ihrer Zeit ange&#x017F;ehen werden mag, verbietet die-<lb/>
&#x017F;es bey &#x017F;chwerer Strafe, und belohnt den Anbringer be&#x017F;on-<lb/>
ders, zum &#x017F;ichern Zeichen, daß man nicht die Klage eines<lb/>
Be&#x017F;cha&#x0364;digten abgewartet, &#x017F;ondern jeden, und mithin auch<lb/>
den Fi&#x017F;cus dazu aufgemuntert habe. Der Schade welchen<lb/>
das Vieh anrichtet, was durch &#x017F;pielende Kinder oder bos-<lb/>
hafte Leute im Felde zur be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Zeit auf den Reinen<lb/>
und Gras&#x017F;treifen gehu&#x0364;tet wird, i&#x017F;t &#x017F;o mannigfaltig und &#x017F;o<lb/>
heimlich, daß es fa&#x017F;t in keinem Falle erlaubt &#x017F;eyn muß;<lb/>
und wenn die&#x017F;es i&#x017F;t: &#x017F;o kann nicht er&#x017F;t der Beweis eines<lb/>
wu&#x0364;rklichen Schadens oder die Klage eines frommen Man-<lb/>
nes, der &#x017F;ich einen bo&#x0364;&#x017F;en Nachbar nicht zum Unfreunde ma-<lb/>
chen will, erwartet werden; &#x017F;ondern der Fi&#x017F;cus, der &#x017F;ich<lb/>
mit dem Ha&#x017F;&#x017F;e gern beladet, und die Feind&#x017F;chaften &#x017F;chlechter<lb/>
Leute nicht fu&#x0364;rchten darf, muß Recht und Macht haben,<lb/>
alle diejenigen anzuzeigen, welche zur be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Zeit mit<lb/>
ihrem Viehe im Felde hu&#x0364;tend betreten werden; es wa&#x0364;re<lb/>
denn, daß eine andre Einrichtung, wie bey dem Re&#x017F;cript<lb/>
vom 10 Sept. 1767. vorausge&#x017F;etzt i&#x017F;t, von langen Jahren<lb/>
her Platz gegriffen habe. Denn wo z. E. die Feldgeno&#x017F;&#x017F;en<lb/>
einen eignen Feld&#x017F;chu&#x0364;tzen oder einen be&#x017F;ondern Feldrichter<lb/>
haben, da hat der Fi&#x017F;cus nichts zu thun.</p><lb/>
        <p>Ich ver&#x017F;tehe die&#x017F;es aber blos vom <hi rendition="#fr">Hu&#x0364;ten,</hi> was mit<lb/>
Vor&#x017F;atz ge&#x017F;chieht, nicht aber von dem Falle, wo ein Stu&#x0364;ck<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Vieh</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[216/0230] Vom Huͤten der Schweine. digte, haben ſich wenigſtens dieſe Regel nicht gefallen laſſen, ſo uͤbel auch die Folgen davon einſt ſeyn moͤgten; und ich glaube, daß man hierbey lediglich auf dasjenige zu ſehen habe, was das groͤßte Beſte jedes Orts erfordre. Dieſes erfordert nun meines Ermeſſens an den meiſten Orten ſchlechterdings, daß das Huͤten auf den Reinen oder Streifen zwiſchen dem Korn, zur beſchloſſenen Zeit, ſo viel als immer moͤglich verhuͤtet werde; die Spaniſch Lingiſche Holzungsordnung von 1590, (Tit. 4. §. 49.) welche als ein Meiſterſtuͤck ihrer Zeit angeſehen werden mag, verbietet die- ſes bey ſchwerer Strafe, und belohnt den Anbringer beſon- ders, zum ſichern Zeichen, daß man nicht die Klage eines Beſchaͤdigten abgewartet, ſondern jeden, und mithin auch den Fiſcus dazu aufgemuntert habe. Der Schade welchen das Vieh anrichtet, was durch ſpielende Kinder oder bos- hafte Leute im Felde zur beſchloſſenen Zeit auf den Reinen und Grasſtreifen gehuͤtet wird, iſt ſo mannigfaltig und ſo heimlich, daß es faſt in keinem Falle erlaubt ſeyn muß; und wenn dieſes iſt: ſo kann nicht erſt der Beweis eines wuͤrklichen Schadens oder die Klage eines frommen Man- nes, der ſich einen boͤſen Nachbar nicht zum Unfreunde ma- chen will, erwartet werden; ſondern der Fiſcus, der ſich mit dem Haſſe gern beladet, und die Feindſchaften ſchlechter Leute nicht fuͤrchten darf, muß Recht und Macht haben, alle diejenigen anzuzeigen, welche zur beſchloſſenen Zeit mit ihrem Viehe im Felde huͤtend betreten werden; es waͤre denn, daß eine andre Einrichtung, wie bey dem Reſcript vom 10 Sept. 1767. vorausgeſetzt iſt, von langen Jahren her Platz gegriffen habe. Denn wo z. E. die Feldgenoſſen einen eignen Feldſchuͤtzen oder einen beſondern Feldrichter haben, da hat der Fiſcus nichts zu thun. Ich verſtehe dieſes aber blos vom Huͤten, was mit Vorſatz geſchieht, nicht aber von dem Falle, wo ein Stuͤck Vieh

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/230
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/230>, abgerufen am 26.04.2024.