nen Abgift für denselben beschweren; es liege also so viel daran nicht, wenn es auch krüppelicht würde, oder im drit- ten oder vierten Gliede ausgienge; jener würde sich in dem Verhältnisse vermehren, als dieser ihm Raum machte; es würden so viel weniger gesunde Kinder auf dem Lande ge- bohren werden, wenn der Stand der Stubensitzer eine eben so dauerhafte Nachkommenschaft als die Feldarbeiter erziel- te; und so komme es endlich auf eines hinaus, ob die Hand- werker sich gesund oder krank arbeiteten.
Ja ich erinnere mich, daß Sie einmal den Einfall hat- ten, keine andere als Verschnittene zu irgend einem Amte zu lassen; daß Sie sagten: auf diese Weise könnten keine vornehme Geschlechter dem Staate zur Last fallen, und die Söhne eines ehrbaren Landmannes würden eben so nahe zum Amte eines Großoeziers als die Söhne eines Bassa seyn; daß sie glaubten, die gemeine Freyheit könne schlech- terdings ohne eine solche nothwendige Aufopferung nicht be- stehen; und diejenigen, welche auf diese Weise zu den höch- sten Bedienungen des Staats gelaugten, könnten sich mit Fuge nicht beschweren, da sie für den Mangel eines kleinen Vergnügens so reichlich schadlos gehalten würden. Des- sen erinnere ich mich, so wie ihrer Freude, daß sodenn we- der Königs noch Fürsten Kinder, weder junge Grafen noch Edelleute, weder Doctoren noch Pastoren Söhne in der Welt seyn würden, und das alles, was im Dienste zusam- men gescharret, geplündert und erpresset würde, immer an den Landmann zurückfallen müste, wovon jeder zu die- sem Preise gern einen Jungen dem Staate aufopfern würde.
Allein ich hoffe nicht, daß Sie ein gleiches Gesetz für uns arme Handwerker billigen werden. Der Stand der Vornehmen in der Welt ist minder zahlreich als der unse- rige; viele unter ihnen können, viele dürfen so schon nicht
heyra-
Waͤre nicht auch ein Inſtitut
nen Abgift fuͤr denſelben beſchweren; es liege alſo ſo viel daran nicht, wenn es auch kruͤppelicht wuͤrde, oder im drit- ten oder vierten Gliede ausgienge; jener wuͤrde ſich in dem Verhaͤltniſſe vermehren, als dieſer ihm Raum machte; es wuͤrden ſo viel weniger geſunde Kinder auf dem Lande ge- bohren werden, wenn der Stand der Stubenſitzer eine eben ſo dauerhafte Nachkommenſchaft als die Feldarbeiter erziel- te; und ſo komme es endlich auf eines hinaus, ob die Hand- werker ſich geſund oder krank arbeiteten.
Ja ich erinnere mich, daß Sie einmal den Einfall hat- ten, keine andere als Verſchnittene zu irgend einem Amte zu laſſen; daß Sie ſagten: auf dieſe Weiſe koͤnnten keine vornehme Geſchlechter dem Staate zur Laſt fallen, und die Soͤhne eines ehrbaren Landmannes wuͤrden eben ſo nahe zum Amte eines Großoeziers als die Soͤhne eines Baſſa ſeyn; daß ſie glaubten, die gemeine Freyheit koͤnne ſchlech- terdings ohne eine ſolche nothwendige Aufopferung nicht be- ſtehen; und diejenigen, welche auf dieſe Weiſe zu den hoͤch- ſten Bedienungen des Staats gelaugten, koͤnnten ſich mit Fuge nicht beſchweren, da ſie fuͤr den Mangel eines kleinen Vergnuͤgens ſo reichlich ſchadlos gehalten wuͤrden. Deſ- ſen erinnere ich mich, ſo wie ihrer Freude, daß ſodenn we- der Koͤnigs noch Fuͤrſten Kinder, weder junge Grafen noch Edelleute, weder Doctoren noch Paſtoren Soͤhne in der Welt ſeyn wuͤrden, und das alles, was im Dienſte zuſam- men geſcharret, gepluͤndert und erpreſſet wuͤrde, immer an den Landmann zuruͤckfallen muͤſte, wovon jeder zu die- ſem Preiſe gern einen Jungen dem Staate aufopfern wuͤrde.
Allein ich hoffe nicht, daß Sie ein gleiches Geſetz fuͤr uns arme Handwerker billigen werden. Der Stand der Vornehmen in der Welt iſt minder zahlreich als der unſe- rige; viele unter ihnen koͤnnen, viele duͤrfen ſo ſchon nicht
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Waͤre nicht auch ein Inſtitut
nen Abgift fuͤr denſelben beſchweren; es liege alſo ſo viel
daran nicht, wenn es auch kruͤppelicht wuͤrde, oder im drit-
ten oder vierten Gliede ausgienge; jener wuͤrde ſich in dem
Verhaͤltniſſe vermehren, als dieſer ihm Raum machte; es
wuͤrden ſo viel weniger geſunde Kinder auf dem Lande ge-
bohren werden, wenn der Stand der Stubenſitzer eine eben
ſo dauerhafte Nachkommenſchaft als die Feldarbeiter erziel-
te; und ſo komme es endlich auf eines hinaus, ob die Hand-
werker ſich geſund oder krank arbeiteten.
Ja ich erinnere mich, daß Sie einmal den Einfall hat-
ten, keine andere als Verſchnittene zu irgend einem Amte
zu laſſen; daß Sie ſagten: auf dieſe Weiſe koͤnnten keine
vornehme Geſchlechter dem Staate zur Laſt fallen, und die
Soͤhne eines ehrbaren Landmannes wuͤrden eben ſo nahe
zum Amte eines Großoeziers als die Soͤhne eines Baſſa
ſeyn; daß ſie glaubten, die gemeine Freyheit koͤnne ſchlech-
terdings ohne eine ſolche nothwendige Aufopferung nicht be-
ſtehen; und diejenigen, welche auf dieſe Weiſe zu den hoͤch-
ſten Bedienungen des Staats gelaugten, koͤnnten ſich mit
Fuge nicht beſchweren, da ſie fuͤr den Mangel eines kleinen
Vergnuͤgens ſo reichlich ſchadlos gehalten wuͤrden. Deſ-
ſen erinnere ich mich, ſo wie ihrer Freude, daß ſodenn we-
der Koͤnigs noch Fuͤrſten Kinder, weder junge Grafen noch
Edelleute, weder Doctoren noch Paſtoren Soͤhne in der
Welt ſeyn wuͤrden, und das alles, was im Dienſte zuſam-
men geſcharret, gepluͤndert und erpreſſet wuͤrde, immer
an den Landmann zuruͤckfallen muͤſte, wovon jeder zu die-
ſem Preiſe gern einen Jungen dem Staate aufopfern wuͤrde.
Allein ich hoffe nicht, daß Sie ein gleiches Geſetz fuͤr
uns arme Handwerker billigen werden. Der Stand der
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und vermehrte Auflage“ des 3. Teils von Justus Mösers „Patriotischen Phantasien“ zur Digitalisierung ausgewählt. Sie erschien 1778, also im selben Jahr wie die Erstauflage dieses Bandes, und ist bis S. 260 seitenidentisch mit dieser. Die Abschnitte LX („Gedanken über den westphälischen Leibeigenthum“) bis LXVIII („Gedanken über den Stillestand der Leibeignen“) sind Ergänzungen gegenüber der ersten Auflage.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/152>, abgerufen am 16.02.2025.
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