zwey Drittel aller Früchte. Es gab grosse Höfe, die den Heerwagen zur Fortbringung der Artillerie stellen musten; und es gab andre, die zusammen einen geharnischten stelle- ten; mithin hatte man nicht nöthig, auf Lehnung und Com- missariat etwas zu verwenden.
Zum Unterhalt der Vestungen, Landwehren, Heerwe- ge, Brücken und dergleichen, steurete jeder mit der Hand; und die Reichsbeamte, als der Graf und Hauptmann hat- ten ihre besondre ihnen in den Graf- und Hauptmannschaf- ten angewiesenen Gefälle, wovon noch die Gowgrafendien- ste, das Gowgrafenkorn, und besonders verschiedene Bruch- fälle übrig geblieben sind. Reisete einer von ihnen, oder ein kayserlicher Gesandte: so wurde er überall frey gehal- ten, und der Kayser hatte jeden die ihm gebührende Ver- pflegung bis auf Hühner und Eyer vorgeschrieben. Wenn der Bischof jährlich seine Kirchen besuchte: so muste ihm jedes Kirchspiel hundert Müdde (modios) Haber, sechzig Bund Stroh, hundert und zwanzig Brodte, vier Schwei- ne, drey Spanferken, acht Hammel, vier Gänse, acht Hüh- ner, zwanzig Eymer (situlas) Meth; zwanzig Eymer Ho- nigbier, und eben so viel ander Vier darbringen, und der Kayser selbst zog immer aus einer Provinz in die andere, um einer einzigen mit seinem Aufenthalte nicht zu schwer zu fallen. Denn auch ihm muste, wenn er es verlangte, aus der Provinz die Tafel gehalten werden. Dieses vor- ausgesetzt, konnten schwerlich auf die damalige Sprengels- kasse andere öffentliche Ausgaben als diejenigen fallen, wel- che hier oben namentlich ausgedruckt worden.
Das Viertel was der Bischof erhielt, gehörte unstrei- tig in die idealische Hauptkasse, wenn er es auch gleich un- mittelbar einzog, welches jedoch, wie ich gleich zeigen werde, unmöglich war. Also erhielt der Bischof damals
seinen
G 2
Die erſte Landeskaſſe.
zwey Drittel aller Fruͤchte. Es gab groſſe Hoͤfe, die den Heerwagen zur Fortbringung der Artillerie ſtellen muſten; und es gab andre, die zuſammen einen geharniſchten ſtelle- ten; mithin hatte man nicht noͤthig, auf Lehnung und Com- miſſariat etwas zu verwenden.
Zum Unterhalt der Veſtungen, Landwehren, Heerwe- ge, Bruͤcken und dergleichen, ſteurete jeder mit der Hand; und die Reichsbeamte, als der Graf und Hauptmann hat- ten ihre beſondre ihnen in den Graf- und Hauptmannſchaf- ten angewieſenen Gefaͤlle, wovon noch die Gowgrafendien- ſte, das Gowgrafenkorn, und beſonders verſchiedene Bruch- faͤlle uͤbrig geblieben ſind. Reiſete einer von ihnen, oder ein kayſerlicher Geſandte: ſo wurde er uͤberall frey gehal- ten, und der Kayſer hatte jeden die ihm gebuͤhrende Ver- pflegung bis auf Huͤhner und Eyer vorgeſchrieben. Wenn der Biſchof jaͤhrlich ſeine Kirchen beſuchte: ſo muſte ihm jedes Kirchſpiel hundert Muͤdde (modios) Haber, ſechzig Bund Stroh, hundert und zwanzig Brodte, vier Schwei- ne, drey Spanferken, acht Hammel, vier Gaͤnſe, acht Huͤh- ner, zwanzig Eymer (ſitulas) Meth; zwanzig Eymer Ho- nigbier, und eben ſo viel ander Vier darbringen, und der Kayſer ſelbſt zog immer aus einer Provinz in die andere, um einer einzigen mit ſeinem Aufenthalte nicht zu ſchwer zu fallen. Denn auch ihm muſte, wenn er es verlangte, aus der Provinz die Tafel gehalten werden. Dieſes vor- ausgeſetzt, konnten ſchwerlich auf die damalige Sprengels- kaſſe andere oͤffentliche Ausgaben als diejenigen fallen, wel- che hier oben namentlich ausgedruckt worden.
Das Viertel was der Biſchof erhielt, gehoͤrte unſtrei- tig in die idealiſche Hauptkaſſe, wenn er es auch gleich un- mittelbar einzog, welches jedoch, wie ich gleich zeigen werde, unmoͤglich war. Alſo erhielt der Biſchof damals
ſeinen
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Die erſte Landeskaſſe.
zwey Drittel aller Fruͤchte. Es gab groſſe Hoͤfe, die den
Heerwagen zur Fortbringung der Artillerie ſtellen muſten;
und es gab andre, die zuſammen einen geharniſchten ſtelle-
ten; mithin hatte man nicht noͤthig, auf Lehnung und Com-
miſſariat etwas zu verwenden.
Zum Unterhalt der Veſtungen, Landwehren, Heerwe-
ge, Bruͤcken und dergleichen, ſteurete jeder mit der Hand;
und die Reichsbeamte, als der Graf und Hauptmann hat-
ten ihre beſondre ihnen in den Graf- und Hauptmannſchaf-
ten angewieſenen Gefaͤlle, wovon noch die Gowgrafendien-
ſte, das Gowgrafenkorn, und beſonders verſchiedene Bruch-
faͤlle uͤbrig geblieben ſind. Reiſete einer von ihnen, oder
ein kayſerlicher Geſandte: ſo wurde er uͤberall frey gehal-
ten, und der Kayſer hatte jeden die ihm gebuͤhrende Ver-
pflegung bis auf Huͤhner und Eyer vorgeſchrieben. Wenn
der Biſchof jaͤhrlich ſeine Kirchen beſuchte: ſo muſte ihm
jedes Kirchſpiel hundert Muͤdde (modios) Haber, ſechzig
Bund Stroh, hundert und zwanzig Brodte, vier Schwei-
ne, drey Spanferken, acht Hammel, vier Gaͤnſe, acht Huͤh-
ner, zwanzig Eymer (ſitulas) Meth; zwanzig Eymer Ho-
nigbier, und eben ſo viel ander Vier darbringen, und der
Kayſer ſelbſt zog immer aus einer Provinz in die andere,
um einer einzigen mit ſeinem Aufenthalte nicht zu ſchwer
zu fallen. Denn auch ihm muſte, wenn er es verlangte,
aus der Provinz die Tafel gehalten werden. Dieſes vor-
ausgeſetzt, konnten ſchwerlich auf die damalige Sprengels-
kaſſe andere oͤffentliche Ausgaben als diejenigen fallen, wel-
che hier oben namentlich ausgedruckt worden.
Das Viertel was der Biſchof erhielt, gehoͤrte unſtrei-
tig in die idealiſche Hauptkaſſe, wenn er es auch gleich un-
mittelbar einzog, welches jedoch, wie ich gleich zeigen
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und verme… [mehr]
Für das DTA wurde die „Neue verbesserte und vermehrte Auflage“ des 3. Teils von Justus Mösers „Patriotischen Phantasien“ zur Digitalisierung ausgewählt. Sie erschien 1778, also im selben Jahr wie die Erstauflage dieses Bandes, und ist bis S. 260 seitenidentisch mit dieser. Die Abschnitte LX („Gedanken über den westphälischen Leibeigenthum“) bis LXVIII („Gedanken über den Stillestand der Leibeignen“) sind Ergänzungen gegenüber der ersten Auflage.
Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien03_1778/113>, abgerufen am 16.02.2025.
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