Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 3. 2. Aufl. Berlin, 1778.Die erste Landeskasse. die einzelnen Kassen werden solchergestalt immer nur eineeinzige idealische Hauptkasse ausmachen. Hier ist aber wohl zu merken: Man sagte damals: gebt mir eine An- weisung auf die oder die Kirche; in demselben Verstande, worinn wir jetzt sagen würden, gebt mir eine Anweisung auf diesen oder jenen Steuereinnehmer. Denn wofern man diesen Stil nicht kennet; so versteht man hundert Ver- ordnungen nicht, worinn die Kirchen gegen die Plünderun- gen der Fürsten, Grafen und Ritter sicher gestellet werden sollen. Diese Herrn gedachten so wenig den armen Pfar- rer als den Küster zu plündern; sondern sie fielen, nach unsrer Art zu reden, auf die Landeskasse; und der Kayser machte es oft nicht besser. Unsre heutigen Kirchen würden keinen Husaren, vielweniger einen grossen Partisan zur Sünde reizen. Es ist weiter zu merken, daß Carl der Grosse die Jetzt will ich Ihnen nun zeigen, daß damals gar kei- zwey
Die erſte Landeskaſſe. die einzelnen Kaſſen werden ſolchergeſtalt immer nur eineeinzige idealiſche Hauptkaſſe ausmachen. Hier iſt aber wohl zu merken: Man ſagte damals: gebt mir eine An- weiſung auf die oder die Kirche; in demſelben Verſtande, worinn wir jetzt ſagen wuͤrden, gebt mir eine Anweiſung auf dieſen oder jenen Steuereinnehmer. Denn wofern man dieſen Stil nicht kennet; ſo verſteht man hundert Ver- ordnungen nicht, worinn die Kirchen gegen die Pluͤnderun- gen der Fuͤrſten, Grafen und Ritter ſicher geſtellet werden ſollen. Dieſe Herrn gedachten ſo wenig den armen Pfar- rer als den Kuͤſter zu pluͤndern; ſondern ſie fielen, nach unſrer Art zu reden, auf die Landeskaſſe; und der Kayſer machte es oft nicht beſſer. Unſre heutigen Kirchen wuͤrden keinen Huſaren, vielweniger einen groſſen Partiſan zur Suͤnde reizen. Es iſt weiter zu merken, daß Carl der Groſſe die Jetzt will ich Ihnen nun zeigen, daß damals gar kei- zwey
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Die erſte Landeskaſſe.
die einzelnen Kaſſen werden ſolchergeſtalt immer nur eine
einzige idealiſche Hauptkaſſe ausmachen. Hier iſt aber
wohl zu merken: Man ſagte damals: gebt mir eine An-
weiſung auf die oder die Kirche; in demſelben Verſtande,
worinn wir jetzt ſagen wuͤrden, gebt mir eine Anweiſung
auf dieſen oder jenen Steuereinnehmer. Denn wofern
man dieſen Stil nicht kennet; ſo verſteht man hundert Ver-
ordnungen nicht, worinn die Kirchen gegen die Pluͤnderun-
gen der Fuͤrſten, Grafen und Ritter ſicher geſtellet werden
ſollen. Dieſe Herrn gedachten ſo wenig den armen Pfar-
rer als den Kuͤſter zu pluͤndern; ſondern ſie fielen, nach
unſrer Art zu reden, auf die Landeskaſſe; und der Kayſer
machte es oft nicht beſſer. Unſre heutigen Kirchen wuͤrden
keinen Huſaren, vielweniger einen groſſen Partiſan zur
Suͤnde reizen.
Es iſt weiter zu merken, daß Carl der Groſſe die
Landmacht den Grafen, und die damalige Landſteuer der
Geiſtlichkeit vertrauet habe: weil es ihm nicht ſicher ſchien,
beydes in einer Hand zu laſſen. Wie aber ſolchergeſtalt
die Steuer in der ſchwaͤchſten Hand war; ſo war kein an-
drer Rath uͤbrig, als ſie ſo viel mehr zu heiligen; und wohl
dem Lande, worinn die Steuer heilig, und die Religion
ſtark genug iſt, den Kaſten ſicher zu bewahren.
Jetzt will ich Ihnen nun zeigen, daß damals gar kei-
ne andere oͤffentliche Beduͤrfniſſe vorhanden waren, als
diejenigen, welche aus jener Kaſſe beſtritten wurden. Zur
Landesvertheidigung war zu der Zeit, ſo wie jetzt noch in man-
chen Laͤndern, jeder hofgeſeſſener Unterthan verbunden.
Dieſe muſten ſich ſelbſt voͤllig ausruͤſten, und ihren Unter-
halt bis zu der Mahlſtatt mit ſich fuͤhren. Wenn ſie hier
waren, ſo wurde eine Lieferung in dem Lande, wo das
Heer ſtand, ausgeſchrieben, und dieſe gieng oft bis auf
zwey
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