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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

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Nichts ist schädlicher
Felde und vom Boden mit kurzer Hand ermächtigen konnte.
Allein durch die spätere Einführung des Geldes ist dieser
gute Plan ganz verändert. Durch Hülfe des Geldes kan
ein Landmann in einem Jahre die Erndte von zwanzigen
verzehren. Er nimmt tausend Thaler auf, und verspricht
solche nach einer halbjährigen Löse zu bezahlen, ein Ver-
sprechen, daß er der Natur nach nicht anders halten kan,
als unter der mißlichen Bedingung, wenn ein andrer so
thöricht ist, ihm solche wieder vorzustrecken. Der Richter,
welcher die Unmöglichkeit und Eitelkeit dieses Versprechens
einsehen sollte, treibet ihn dem ungeachtet zur Bezahlung,
und man nennet dieses eine gesetzmäßige Gerechtigkeit, ohne
auch nur einmal eine Ahndung zu haben, daß es eine offen-
bare Grausamkeit sey; und daß man Unmöglichkeiten fordere,
wenn man von einem Landbesitzer mehr erwartet als was er
am Ende des Jahrs überschüßig hat. Kan nun der
Schuldner nicht bezahlen, so pfändet ihn der Richter auf
die tausend Thaler, so lange er ein Pfand im Hause hat;
und dabey soll der Mann dem Staate von seinem Hofe
dienen, und -- vermuthlich mit seinen Nägeln -- den Acker
bestellen. Wenn die Sache irgend wieder in eine gute Gleise
gebracht werden soll: so muß entweder das Geld ganz ver-
bannet, oder der Ueberschuß eines verschuldeten Hofes ein
vor allemal festgestellet, und keine Pfändung weiter als auf
den Ueberschuß geduldet werden.

Ich mag das Gewäsche nicht länger hören, rief hier der
Officier. Kurz, der ganze Fehler liegt an dem Mangel der
Kriegeszucht. Anstatt Vieh und Pferde zu pfänden, sollte
man die schlechten Haushalter besonders aber die Säufer und
Zänker fleißig durch die Gassen laufen lassen. Bey meiner
Ehre, sie sollten mir anders werden, oder vom Hofe herunter.

Ich

Nichts iſt ſchaͤdlicher
Felde und vom Boden mit kurzer Hand ermaͤchtigen konnte.
Allein durch die ſpaͤtere Einfuͤhrung des Geldes iſt dieſer
gute Plan ganz veraͤndert. Durch Huͤlfe des Geldes kan
ein Landmann in einem Jahre die Erndte von zwanzigen
verzehren. Er nimmt tauſend Thaler auf, und verſpricht
ſolche nach einer halbjaͤhrigen Loͤſe zu bezahlen, ein Ver-
ſprechen, daß er der Natur nach nicht anders halten kan,
als unter der mißlichen Bedingung, wenn ein andrer ſo
thoͤricht iſt, ihm ſolche wieder vorzuſtrecken. Der Richter,
welcher die Unmoͤglichkeit und Eitelkeit dieſes Verſprechens
einſehen ſollte, treibet ihn dem ungeachtet zur Bezahlung,
und man nennet dieſes eine geſetzmaͤßige Gerechtigkeit, ohne
auch nur einmal eine Ahndung zu haben, daß es eine offen-
bare Grauſamkeit ſey; und daß man Unmoͤglichkeiten fordere,
wenn man von einem Landbeſitzer mehr erwartet als was er
am Ende des Jahrs uͤberſchuͤßig hat. Kan nun der
Schuldner nicht bezahlen, ſo pfaͤndet ihn der Richter auf
die tauſend Thaler, ſo lange er ein Pfand im Hauſe hat;
und dabey ſoll der Mann dem Staate von ſeinem Hofe
dienen, und -- vermuthlich mit ſeinen Naͤgeln -- den Acker
beſtellen. Wenn die Sache irgend wieder in eine gute Gleiſe
gebracht werden ſoll: ſo muß entweder das Geld ganz ver-
bannet, oder der Ueberſchuß eines verſchuldeten Hofes ein
vor allemal feſtgeſtellet, und keine Pfaͤndung weiter als auf
den Ueberſchuß geduldet werden.

Ich mag das Gewaͤſche nicht laͤnger hoͤren, rief hier der
Officier. Kurz, der ganze Fehler liegt an dem Mangel der
Kriegeszucht. Anſtatt Vieh und Pferde zu pfaͤnden, ſollte
man die ſchlechten Haushalter beſonders aber die Saͤufer und
Zaͤnker fleißig durch die Gaſſen laufen laſſen. Bey meiner
Ehre, ſie ſollten mir anders werden, oder vom Hofe herunter.

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[124/0142] Nichts iſt ſchaͤdlicher Felde und vom Boden mit kurzer Hand ermaͤchtigen konnte. Allein durch die ſpaͤtere Einfuͤhrung des Geldes iſt dieſer gute Plan ganz veraͤndert. Durch Huͤlfe des Geldes kan ein Landmann in einem Jahre die Erndte von zwanzigen verzehren. Er nimmt tauſend Thaler auf, und verſpricht ſolche nach einer halbjaͤhrigen Loͤſe zu bezahlen, ein Ver- ſprechen, daß er der Natur nach nicht anders halten kan, als unter der mißlichen Bedingung, wenn ein andrer ſo thoͤricht iſt, ihm ſolche wieder vorzuſtrecken. Der Richter, welcher die Unmoͤglichkeit und Eitelkeit dieſes Verſprechens einſehen ſollte, treibet ihn dem ungeachtet zur Bezahlung, und man nennet dieſes eine geſetzmaͤßige Gerechtigkeit, ohne auch nur einmal eine Ahndung zu haben, daß es eine offen- bare Grauſamkeit ſey; und daß man Unmoͤglichkeiten fordere, wenn man von einem Landbeſitzer mehr erwartet als was er am Ende des Jahrs uͤberſchuͤßig hat. Kan nun der Schuldner nicht bezahlen, ſo pfaͤndet ihn der Richter auf die tauſend Thaler, ſo lange er ein Pfand im Hauſe hat; und dabey ſoll der Mann dem Staate von ſeinem Hofe dienen, und -- vermuthlich mit ſeinen Naͤgeln -- den Acker beſtellen. Wenn die Sache irgend wieder in eine gute Gleiſe gebracht werden ſoll: ſo muß entweder das Geld ganz ver- bannet, oder der Ueberſchuß eines verſchuldeten Hofes ein vor allemal feſtgeſtellet, und keine Pfaͤndung weiter als auf den Ueberſchuß geduldet werden. Ich mag das Gewaͤſche nicht laͤnger hoͤren, rief hier der Officier. Kurz, der ganze Fehler liegt an dem Mangel der Kriegeszucht. Anſtatt Vieh und Pferde zu pfaͤnden, ſollte man die ſchlechten Haushalter beſonders aber die Saͤufer und Zaͤnker fleißig durch die Gaſſen laufen laſſen. Bey meiner Ehre, ſie ſollten mir anders werden, oder vom Hofe herunter. Ich

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/142>, abgerufen am 22.11.2024.