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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776.

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als die überh. Aush. der Bauerhöfe.
Daß man das Recht niemals mit der Schnur ausmessen
könnte, sondern vieles dem Ermessen ehrlicher Männer
überlassen müsse.

Nach diesem Grundsatze gieng ihre einzige Vorsorge auf
die Ausfindung ehrlicher Leute, welchen das Ermessen
anvertrauet werden könnte, und in deren Ermangelung
lieber auf ein paar Würfel oder auf ein ander Gottes
Urtheil als auf alles was Menschenköpfe von Rechtswe-
gen
aussprechen wollen und was niemals einen ehrlichen
Kerl so gut beruhigen wird, als ein unglücklicher
Wurf.

Anstatt daß wir immer an den Gesetzen flicken und solche zu
einer Vollkommenheit bringen wollen, wozu uns in der
Sprache der Ausdruck, und im Kopfe diejenige Weisheit
mangelt, welche alle mögliche Fälle übersehen kan.

Ein ander Pedant, denn einen Pedanten konnte man
diesen Philosophen doch wohl nennen, fiel ihm hier in die
Rede, und behauptete, die ganze Schuld der Veränderung
läge allein in der entdeckten neuen Welt. Vorher, sagte er,
und ehe diese uns zu unserm Unglück Geld und Silber in zu
großer Menge geschickt hat, war es dem Landbesitzern nicht
leicht möglich mehr als eine Erndte in einem Jahre zu ver-
zehren. Seine Geschwister steurete er etwa mit einem
Füllen, einem Rinde und einem Bunde Flachs aus; dem
Staate diente er mit der Faust, und dem Gutsherrn gab er
was der Boden und die Haushaltung vermogte. Schulden
konnte er so viel nicht machen, und so blieb Ausgabe und
Einnahme sich so ziemlich gleich. Wer einen Hof hatte,
der blieb also darauf, und man wuste nichts von Geldheuren,
sondern nur von Kornpächten und andern Nationalliefe-
rungen, die der Herr, wenn sie nicht entrichtet wurden, vom

Felde

als die uͤberh. Aush. der Bauerhoͤfe.
Daß man das Recht niemals mit der Schnur ausmeſſen
koͤnnte, ſondern vieles dem Ermeſſen ehrlicher Maͤnner
uͤberlaſſen muͤſſe.

Nach dieſem Grundſatze gieng ihre einzige Vorſorge auf
die Ausfindung ehrlicher Leute, welchen das Ermeſſen
anvertrauet werden koͤnnte, und in deren Ermangelung
lieber auf ein paar Wuͤrfel oder auf ein ander Gottes
Urtheil als auf alles was Menſchenkoͤpfe von Rechtswe-
gen
ausſprechen wollen und was niemals einen ehrlichen
Kerl ſo gut beruhigen wird, als ein ungluͤcklicher
Wurf.

Anſtatt daß wir immer an den Geſetzen flicken und ſolche zu
einer Vollkommenheit bringen wollen, wozu uns in der
Sprache der Ausdruck, und im Kopfe diejenige Weisheit
mangelt, welche alle moͤgliche Faͤlle uͤberſehen kan.

Ein ander Pedant, denn einen Pedanten konnte man
dieſen Philoſophen doch wohl nennen, fiel ihm hier in die
Rede, und behauptete, die ganze Schuld der Veraͤnderung
laͤge allein in der entdeckten neuen Welt. Vorher, ſagte er,
und ehe dieſe uns zu unſerm Ungluͤck Geld und Silber in zu
großer Menge geſchickt hat, war es dem Landbeſitzern nicht
leicht moͤglich mehr als eine Erndte in einem Jahre zu ver-
zehren. Seine Geſchwiſter ſteurete er etwa mit einem
Fuͤllen, einem Rinde und einem Bunde Flachs aus; dem
Staate diente er mit der Fauſt, und dem Gutsherrn gab er
was der Boden und die Haushaltung vermogte. Schulden
konnte er ſo viel nicht machen, und ſo blieb Ausgabe und
Einnahme ſich ſo ziemlich gleich. Wer einen Hof hatte,
der blieb alſo darauf, und man wuſte nichts von Geldheuren,
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[123/0141] als die uͤberh. Aush. der Bauerhoͤfe. Daß man das Recht niemals mit der Schnur ausmeſſen koͤnnte, ſondern vieles dem Ermeſſen ehrlicher Maͤnner uͤberlaſſen muͤſſe. Nach dieſem Grundſatze gieng ihre einzige Vorſorge auf die Ausfindung ehrlicher Leute, welchen das Ermeſſen anvertrauet werden koͤnnte, und in deren Ermangelung lieber auf ein paar Wuͤrfel oder auf ein ander Gottes Urtheil als auf alles was Menſchenkoͤpfe von Rechtswe- gen ausſprechen wollen und was niemals einen ehrlichen Kerl ſo gut beruhigen wird, als ein ungluͤcklicher Wurf. Anſtatt daß wir immer an den Geſetzen flicken und ſolche zu einer Vollkommenheit bringen wollen, wozu uns in der Sprache der Ausdruck, und im Kopfe diejenige Weisheit mangelt, welche alle moͤgliche Faͤlle uͤberſehen kan. Ein ander Pedant, denn einen Pedanten konnte man dieſen Philoſophen doch wohl nennen, fiel ihm hier in die Rede, und behauptete, die ganze Schuld der Veraͤnderung laͤge allein in der entdeckten neuen Welt. Vorher, ſagte er, und ehe dieſe uns zu unſerm Ungluͤck Geld und Silber in zu großer Menge geſchickt hat, war es dem Landbeſitzern nicht leicht moͤglich mehr als eine Erndte in einem Jahre zu ver- zehren. Seine Geſchwiſter ſteurete er etwa mit einem Fuͤllen, einem Rinde und einem Bunde Flachs aus; dem Staate diente er mit der Fauſt, und dem Gutsherrn gab er was der Boden und die Haushaltung vermogte. Schulden konnte er ſo viel nicht machen, und ſo blieb Ausgabe und Einnahme ſich ſo ziemlich gleich. Wer einen Hof hatte, der blieb alſo darauf, und man wuſte nichts von Geldheuren, ſondern nur von Kornpaͤchten und andern Nationalliefe- rungen, die der Herr, wenn ſie nicht entrichtet wurden, vom Felde

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 2. Berlin, 1776, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien02_1776/141>, abgerufen am 25.11.2024.