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Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

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Also sollen die deutsch. Städte sich mit Genehm.
Beym Anfang des dreyßigjährigen Krieges legten es die
Schweden dem Kayser sogar zum Uebermuth aus, daß er an
eine Reichsflotte in der Ostsee, welche doch, wenn man sich
nur über den Nahmen versteht, nichts ungewöhnliches war,
gedacht hatte. Wir müssen uns also durch andere Wege
helfen.

Fast alle Reiche haben sich auf sichere Weise gegen uns
geschlossen, seitdem die Flotten der Gewerksleute, welche mit
ihrem Gelde regierten,
wie die Capitulation es zur Ehre der
Nation noch ausdrückt, allerunterthänigst abgeschaft werden
müssen. Den Lübeckern, Bremern und Hamburgern, welche
einzeln zu schwach waren den Unterhandlungen der Seemäch-
te sich mit Nachdruck entgegen zu setzen, ist nichts weiter
übrig geblieben, als dasjenige aus der Fremde abzuholen, was
man daselbst gern los seyn will, und etwas wieder dahin zu
bringen, was man von den Seemächten noch zur Zeit nicht
erhalten kann. Man läßt ihnen blos die Allmosen, welche
jene verachten. Die einzige Handlung in der Levante ist
noch frey, so lange bis es der Seemacht, welche gegenwär-
tig darüber aus ist solche durch einen Commerzientractat zu
pachten, gelingt auch diesen Ausfluß zu sperren.

Wie ist aber die Levantische Handlung beschaffen? Ge-
rade so wie wir solche gebrauchen. Die dortigen Türken,
Griechen, Mohren und Juden sind wie unsre Westphälischen
Packenträger, oder wie die Italiänischen Hechel- und Baro-
meterkrämer, welche so viel Waare borgen als sie tragen kön-
nen, damit tief ins Land hausiren gehn, und wenn sie solche
verkauft haben, das Geborgte bezahlen, und ihren Packen
von neuen füllen. Dies ist die ganze Handlung; und man
trift fast keinen großen türkischen Kaufmann an, welcher ein
Waarenlager für solche Hausirer hielte. Dieses überlassen
sie den Fremden.

Bey

Alſo ſollen die deutſch. Staͤdte ſich mit Genehm.
Beym Anfang des dreyßigjaͤhrigen Krieges legten es die
Schweden dem Kayſer ſogar zum Uebermuth aus, daß er an
eine Reichsflotte in der Oſtſee, welche doch, wenn man ſich
nur uͤber den Nahmen verſteht, nichts ungewoͤhnliches war,
gedacht hatte. Wir muͤſſen uns alſo durch andere Wege
helfen.

Faſt alle Reiche haben ſich auf ſichere Weiſe gegen uns
geſchloſſen, ſeitdem die Flotten der Gewerksleute, welche mit
ihrem Gelde regierten,
wie die Capitulation es zur Ehre der
Nation noch ausdruͤckt, allerunterthaͤnigſt abgeſchaft werden
muͤſſen. Den Luͤbeckern, Bremern und Hamburgern, welche
einzeln zu ſchwach waren den Unterhandlungen der Seemaͤch-
te ſich mit Nachdruck entgegen zu ſetzen, iſt nichts weiter
uͤbrig geblieben, als dasjenige aus der Fremde abzuholen, was
man daſelbſt gern los ſeyn will, und etwas wieder dahin zu
bringen, was man von den Seemaͤchten noch zur Zeit nicht
erhalten kann. Man laͤßt ihnen blos die Allmoſen, welche
jene verachten. Die einzige Handlung in der Levante iſt
noch frey, ſo lange bis es der Seemacht, welche gegenwaͤr-
tig daruͤber aus iſt ſolche durch einen Commerzientractat zu
pachten, gelingt auch dieſen Ausfluß zu ſperren.

Wie iſt aber die Levantiſche Handlung beſchaffen? Ge-
rade ſo wie wir ſolche gebrauchen. Die dortigen Tuͤrken,
Griechen, Mohren und Juden ſind wie unſre Weſtphaͤliſchen
Packentraͤger, oder wie die Italiaͤniſchen Hechel- und Baro-
meterkraͤmer, welche ſo viel Waare borgen als ſie tragen koͤn-
nen, damit tief ins Land hauſiren gehn, und wenn ſie ſolche
verkauft haben, das Geborgte bezahlen, und ihren Packen
von neuen fuͤllen. Dies iſt die ganze Handlung; und man
trift faſt keinen großen tuͤrkiſchen Kaufmann an, welcher ein
Waarenlager fuͤr ſolche Hauſirer hielte. Dieſes uͤberlaſſen
ſie den Fremden.

Bey
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[262/0280] Alſo ſollen die deutſch. Staͤdte ſich mit Genehm. Beym Anfang des dreyßigjaͤhrigen Krieges legten es die Schweden dem Kayſer ſogar zum Uebermuth aus, daß er an eine Reichsflotte in der Oſtſee, welche doch, wenn man ſich nur uͤber den Nahmen verſteht, nichts ungewoͤhnliches war, gedacht hatte. Wir muͤſſen uns alſo durch andere Wege helfen. Faſt alle Reiche haben ſich auf ſichere Weiſe gegen uns geſchloſſen, ſeitdem die Flotten der Gewerksleute, welche mit ihrem Gelde regierten, wie die Capitulation es zur Ehre der Nation noch ausdruͤckt, allerunterthaͤnigſt abgeſchaft werden muͤſſen. Den Luͤbeckern, Bremern und Hamburgern, welche einzeln zu ſchwach waren den Unterhandlungen der Seemaͤch- te ſich mit Nachdruck entgegen zu ſetzen, iſt nichts weiter uͤbrig geblieben, als dasjenige aus der Fremde abzuholen, was man daſelbſt gern los ſeyn will, und etwas wieder dahin zu bringen, was man von den Seemaͤchten noch zur Zeit nicht erhalten kann. Man laͤßt ihnen blos die Allmoſen, welche jene verachten. Die einzige Handlung in der Levante iſt noch frey, ſo lange bis es der Seemacht, welche gegenwaͤr- tig daruͤber aus iſt ſolche durch einen Commerzientractat zu pachten, gelingt auch dieſen Ausfluß zu ſperren. Wie iſt aber die Levantiſche Handlung beſchaffen? Ge- rade ſo wie wir ſolche gebrauchen. Die dortigen Tuͤrken, Griechen, Mohren und Juden ſind wie unſre Weſtphaͤliſchen Packentraͤger, oder wie die Italiaͤniſchen Hechel- und Baro- meterkraͤmer, welche ſo viel Waare borgen als ſie tragen koͤn- nen, damit tief ins Land hauſiren gehn, und wenn ſie ſolche verkauft haben, das Geborgte bezahlen, und ihren Packen von neuen fuͤllen. Dies iſt die ganze Handlung; und man trift faſt keinen großen tuͤrkiſchen Kaufmann an, welcher ein Waarenlager fuͤr ſolche Hauſirer hielte. Dieſes uͤberlaſſen ſie den Fremden. Bey

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/280>, abgerufen am 22.11.2024.