Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.ihrer Landesh. wiederum zur Handl. vereinigen? zu gleicher Zeit aufs höchste gebracht hatten. Man würdejezt Mühe haben einen einzigen solchen Meister in Ebenholz, Elfenbein und Silber wieder aufzubringen, dergleichen vor dreyhundert Jahren in allen Städten angetroffen wurden. Fast alle deutsche Arbeit hat zu unser Zeit etwas unvollendetes, dergleichen wir an keinem alten Kunststück und gegenwärtig an keinem rechten engelländischen Stücke antreffen. So sehr ist das Handwerk zugleich mit der Handlung gesunken. Die einzige Aufmunterung der Handwerke kommt jezt noch von Höfen, und was sollen einige wenige mit Besoldungen ange- lockte Hofarbeiter gegen Handwerker, die während des Han- seatischen Bundes für die ganze Welt in die Wette arbeiteten? Das Exempel der Städte in Frankreich, wovon die Beym R 3
ihrer Landesh. wiederum zur Handl. vereinigen? zu gleicher Zeit aufs hoͤchſte gebracht hatten. Man wuͤrdejezt Muͤhe haben einen einzigen ſolchen Meiſter in Ebenholz, Elfenbein und Silber wieder aufzubringen, dergleichen vor dreyhundert Jahren in allen Staͤdten angetroffen wurden. Faſt alle deutſche Arbeit hat zu unſer Zeit etwas unvollendetes, dergleichen wir an keinem alten Kunſtſtuͤck und gegenwaͤrtig an keinem rechten engellaͤndiſchen Stuͤcke antreffen. So ſehr iſt das Handwerk zugleich mit der Handlung geſunken. Die einzige Aufmunterung der Handwerke kommt jezt noch von Hoͤfen, und was ſollen einige wenige mit Beſoldungen ange- lockte Hofarbeiter gegen Handwerker, die waͤhrend des Han- ſeatiſchen Bundes fuͤr die ganze Welt in die Wette arbeiteten? Das Exempel der Staͤdte in Frankreich, wovon die Beym R 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0279" n="261"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">ihrer Landesh. wiederum zur Handl. vereinigen?</hi></fw><lb/> zu gleicher Zeit aufs hoͤchſte gebracht hatten. Man wuͤrde<lb/> jezt Muͤhe haben einen einzigen ſolchen Meiſter in Ebenholz,<lb/> Elfenbein und Silber wieder aufzubringen, dergleichen vor<lb/> dreyhundert Jahren in allen Staͤdten angetroffen wurden.<lb/> Faſt alle deutſche Arbeit hat zu unſer Zeit etwas unvollendetes,<lb/> dergleichen wir an keinem alten Kunſtſtuͤck und gegenwaͤrtig<lb/> an keinem rechten engellaͤndiſchen Stuͤcke antreffen. So ſehr<lb/> iſt das Handwerk zugleich mit der Handlung geſunken. Die<lb/> einzige Aufmunterung der Handwerke kommt jezt noch von<lb/> Hoͤfen, und was ſollen einige wenige mit Beſoldungen ange-<lb/> lockte Hofarbeiter gegen Handwerker, die waͤhrend des Han-<lb/> ſeatiſchen Bundes fuͤr die ganze Welt in die Wette arbeiteten?</p><lb/> <p>Das Exempel der Staͤdte in Frankreich, wovon die<lb/> vornehmſten im vorigen Kriege dem Koͤnige ein Schif baueten;<lb/> der aͤhnliche Entſchluß des Theaters zu Paris, und der große<lb/> Anſchein, daß jede große Stadt und Herrſchaft in Deutſch-<lb/> land, wenn der Landesherr wollte, ein Schif zur See haben<lb/> koͤnnte, moͤgte zwar manchen auf den Einfall bringen, daß<lb/> man endlich auch wohl eine deutſche Flotte in See ſetzen und<lb/> ſich damit eben die Vortheile wieder erwerben koͤnnte, welche<lb/> unſre Vorfahren beſaſſen, und andre Seemaͤchte beſitzen, die<lb/> ihre Commerzientractaten mit der Kriegesmacht unterſtuͤtzen.<lb/> Man koͤnnte wenigſtens hoffen, die Handlung damit offen,<lb/> und die Seemaͤchte abzuhalten, ſich in jedem Reiche Monopo-<lb/> lien zu bedingen. Denn was ſind die heutigen Commerzien-<lb/> tractaten anders als Monopolien? Und ermaͤchtiget ſich nicht<lb/> beynahe jeder Herr die Handlung ſeines Reichs den meiſtbie-<lb/> tenden Seemaͤchten zu verpachten? Allein dergleichen ſuͤſſe<lb/> Traͤume, ohne deren Erfuͤllung Deutſchland gleichwohl niemals<lb/> einen einzigen Commerzientractat mit den nordiſchen Reichen<lb/> zu Stande bringen wird, verbietet uns die Reichsverfaſſung<lb/> und auf ſichere Weiſe ſelbſt die Kayſerliche Capitulation.<lb/> <fw place="bottom" type="sig">R 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Beym</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [261/0279]
ihrer Landesh. wiederum zur Handl. vereinigen?
zu gleicher Zeit aufs hoͤchſte gebracht hatten. Man wuͤrde
jezt Muͤhe haben einen einzigen ſolchen Meiſter in Ebenholz,
Elfenbein und Silber wieder aufzubringen, dergleichen vor
dreyhundert Jahren in allen Staͤdten angetroffen wurden.
Faſt alle deutſche Arbeit hat zu unſer Zeit etwas unvollendetes,
dergleichen wir an keinem alten Kunſtſtuͤck und gegenwaͤrtig
an keinem rechten engellaͤndiſchen Stuͤcke antreffen. So ſehr
iſt das Handwerk zugleich mit der Handlung geſunken. Die
einzige Aufmunterung der Handwerke kommt jezt noch von
Hoͤfen, und was ſollen einige wenige mit Beſoldungen ange-
lockte Hofarbeiter gegen Handwerker, die waͤhrend des Han-
ſeatiſchen Bundes fuͤr die ganze Welt in die Wette arbeiteten?
Das Exempel der Staͤdte in Frankreich, wovon die
vornehmſten im vorigen Kriege dem Koͤnige ein Schif baueten;
der aͤhnliche Entſchluß des Theaters zu Paris, und der große
Anſchein, daß jede große Stadt und Herrſchaft in Deutſch-
land, wenn der Landesherr wollte, ein Schif zur See haben
koͤnnte, moͤgte zwar manchen auf den Einfall bringen, daß
man endlich auch wohl eine deutſche Flotte in See ſetzen und
ſich damit eben die Vortheile wieder erwerben koͤnnte, welche
unſre Vorfahren beſaſſen, und andre Seemaͤchte beſitzen, die
ihre Commerzientractaten mit der Kriegesmacht unterſtuͤtzen.
Man koͤnnte wenigſtens hoffen, die Handlung damit offen,
und die Seemaͤchte abzuhalten, ſich in jedem Reiche Monopo-
lien zu bedingen. Denn was ſind die heutigen Commerzien-
tractaten anders als Monopolien? Und ermaͤchtiget ſich nicht
beynahe jeder Herr die Handlung ſeines Reichs den meiſtbie-
tenden Seemaͤchten zu verpachten? Allein dergleichen ſuͤſſe
Traͤume, ohne deren Erfuͤllung Deutſchland gleichwohl niemals
einen einzigen Commerzientractat mit den nordiſchen Reichen
zu Stande bringen wird, verbietet uns die Reichsverfaſſung
und auf ſichere Weiſe ſelbſt die Kayſerliche Capitulation.
Beym
R 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |