Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775.

Bild:
<< vorherige Seite
ihrer Landesh. wiederum zur Handl. vereinigen?

Bey solchen Umständen sollte man gedenken, es wür-
den einige hundert Bremer oder Hamburger Kaufleute dort
ihre Waarenlager haben, und für die Hausirer alles was in
Niedersachsen und Westphalen nur verfertiget werden könnte,
in Bereitschaft halten; besonders da die dortigen Sensali oder
Mäkeler die Hausirer genau kennen, und gegen eine billige
Provision den ganzen Handel führen. Allein die genaueste
Erkundigung zeigt, daß kein Bremisches oder Hamburgisches
Comptoir in der ganzen Levante sey. Man läßt diese Vor-
theile den Franzosen, Engländern und Holländern über, die
natürlicher Weise dasjenige zu Hause verfertigen lassen, was
sie dort abzusetzen gedenken. Wie wichtig ist aber nicht die-
ser Handel? und zu welchem Reichthume erhob sich nicht da-
mit der Herr Fremaux in Smyrna? der in einer Theurung
für hundert tausend Gulden Korn unentgeltlich austheilen,
und dennoch Millionen nach Amsterdam zurückbringen konnte?

Sollte es denn aber nicht möglich seyn, daß einige Land-
städte nur ein oder anders gemeinschaftliches Packhaus in den
Levantischen Häfen errichteten, und dort einen gemeinschaft-
lichen Bedienten hielten? welchem sie ihre Waaren in Com-
mißion zuschicken könnten? Sollten alle Cämmereyen der
Westphälischen Städte, wenn die Unternehmung für einen
einzelnen Kaufmann im Anfange zu groß ist, nicht im Stande
seyn, eine so leichte Sache zum Vortheil ihrer Bürger und
Handwerker auszuführen? Sie brauchen dazu weder Schiffe
noch Flotten. Der Holländer ist alle Stunde bereit, unsre
Produkten dahin zu führen. Er bittet darum, und frägt
nur an wen die Ablieferung geschehen solle. Und dieses An
wen
? ist es was wir nicht beantworten können: so lange wir
in den Landstädten so einfältig sind zu glauben, daß die See-
städte auf ihre Gefahr und Rechnung unsre Waaren dort ab-
setzen, ausborgen, und verhandeln werden. Wir haben die

glück-
R 4
ihrer Landesh. wiederum zur Handl. vereinigen?

Bey ſolchen Umſtaͤnden ſollte man gedenken, es wuͤr-
den einige hundert Bremer oder Hamburger Kaufleute dort
ihre Waarenlager haben, und fuͤr die Hauſirer alles was in
Niederſachſen und Weſtphalen nur verfertiget werden koͤnnte,
in Bereitſchaft halten; beſonders da die dortigen Senſali oder
Maͤkeler die Hauſirer genau kennen, und gegen eine billige
Proviſion den ganzen Handel fuͤhren. Allein die genaueſte
Erkundigung zeigt, daß kein Bremiſches oder Hamburgiſches
Comptoir in der ganzen Levante ſey. Man laͤßt dieſe Vor-
theile den Franzoſen, Englaͤndern und Hollaͤndern uͤber, die
natuͤrlicher Weiſe dasjenige zu Hauſe verfertigen laſſen, was
ſie dort abzuſetzen gedenken. Wie wichtig iſt aber nicht die-
ſer Handel? und zu welchem Reichthume erhob ſich nicht da-
mit der Herr Fremaux in Smyrna? der in einer Theurung
fuͤr hundert tauſend Gulden Korn unentgeltlich austheilen,
und dennoch Millionen nach Amſterdam zuruͤckbringen konnte?

Sollte es denn aber nicht moͤglich ſeyn, daß einige Land-
ſtaͤdte nur ein oder anders gemeinſchaftliches Packhaus in den
Levantiſchen Haͤfen errichteten, und dort einen gemeinſchaft-
lichen Bedienten hielten? welchem ſie ihre Waaren in Com-
mißion zuſchicken koͤnnten? Sollten alle Caͤmmereyen der
Weſtphaͤliſchen Staͤdte, wenn die Unternehmung fuͤr einen
einzelnen Kaufmann im Anfange zu groß iſt, nicht im Stande
ſeyn, eine ſo leichte Sache zum Vortheil ihrer Buͤrger und
Handwerker auszufuͤhren? Sie brauchen dazu weder Schiffe
noch Flotten. Der Hollaͤnder iſt alle Stunde bereit, unſre
Produkten dahin zu fuͤhren. Er bittet darum, und fraͤgt
nur an wen die Ablieferung geſchehen ſolle. Und dieſes An
wen
? iſt es was wir nicht beantworten koͤnnen: ſo lange wir
in den Landſtaͤdten ſo einfaͤltig ſind zu glauben, daß die See-
ſtaͤdte auf ihre Gefahr und Rechnung unſre Waaren dort ab-
ſetzen, ausborgen, und verhandeln werden. Wir haben die

gluͤck-
R 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0281" n="263"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">ihrer Landesh. wiederum zur Handl. vereinigen?</hi> </fw><lb/>
        <p>Bey &#x017F;olchen Um&#x017F;ta&#x0364;nden &#x017F;ollte man gedenken, es wu&#x0364;r-<lb/>
den einige hundert Bremer oder Hamburger Kaufleute dort<lb/>
ihre Waarenlager haben, und fu&#x0364;r die Hau&#x017F;irer alles was in<lb/>
Nieder&#x017F;ach&#x017F;en und We&#x017F;tphalen nur verfertiget werden ko&#x0364;nnte,<lb/>
in Bereit&#x017F;chaft halten; be&#x017F;onders da die dortigen <hi rendition="#aq">Sen&#x017F;ali</hi> oder<lb/>
Ma&#x0364;keler die Hau&#x017F;irer genau kennen, und gegen eine billige<lb/>
Provi&#x017F;ion den ganzen Handel fu&#x0364;hren. Allein die genaue&#x017F;te<lb/>
Erkundigung zeigt, daß kein Bremi&#x017F;ches oder Hamburgi&#x017F;ches<lb/>
Comptoir in der ganzen Levante &#x017F;ey. Man la&#x0364;ßt die&#x017F;e Vor-<lb/>
theile den Franzo&#x017F;en, Engla&#x0364;ndern und Holla&#x0364;ndern u&#x0364;ber, die<lb/>
natu&#x0364;rlicher Wei&#x017F;e dasjenige zu Hau&#x017F;e verfertigen la&#x017F;&#x017F;en, was<lb/>
&#x017F;ie dort abzu&#x017F;etzen gedenken. Wie wichtig i&#x017F;t aber nicht die-<lb/>
&#x017F;er Handel? und zu welchem Reichthume erhob &#x017F;ich nicht da-<lb/>
mit der Herr Fremaux in Smyrna? der in einer Theurung<lb/>
fu&#x0364;r hundert tau&#x017F;end Gulden Korn unentgeltlich austheilen,<lb/>
und dennoch Millionen nach Am&#x017F;terdam zuru&#x0364;ckbringen konnte?</p><lb/>
        <p>Sollte es denn aber nicht mo&#x0364;glich &#x017F;eyn, daß einige Land-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;dte nur ein oder anders gemein&#x017F;chaftliches Packhaus in den<lb/>
Levanti&#x017F;chen Ha&#x0364;fen errichteten, und dort einen gemein&#x017F;chaft-<lb/>
lichen Bedienten hielten? welchem &#x017F;ie ihre Waaren in Com-<lb/>
mißion zu&#x017F;chicken ko&#x0364;nnten? Sollten alle Ca&#x0364;mmereyen der<lb/>
We&#x017F;tpha&#x0364;li&#x017F;chen Sta&#x0364;dte, wenn die Unternehmung fu&#x0364;r einen<lb/>
einzelnen Kaufmann im Anfange zu groß i&#x017F;t, nicht im Stande<lb/>
&#x017F;eyn, eine &#x017F;o leichte Sache zum Vortheil ihrer Bu&#x0364;rger und<lb/>
Handwerker auszufu&#x0364;hren? Sie brauchen dazu weder Schiffe<lb/>
noch Flotten. Der Holla&#x0364;nder i&#x017F;t alle Stunde bereit, un&#x017F;re<lb/>
Produkten dahin zu fu&#x0364;hren. Er bittet darum, und fra&#x0364;gt<lb/><hi rendition="#fr">nur an wen</hi> die Ablieferung ge&#x017F;chehen &#x017F;olle. Und die&#x017F;es <hi rendition="#fr">An<lb/>
wen</hi>? i&#x017F;t es was wir nicht beantworten ko&#x0364;nnen: &#x017F;o lange wir<lb/>
in den Land&#x017F;ta&#x0364;dten &#x017F;o einfa&#x0364;ltig &#x017F;ind zu glauben, daß die See-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;dte auf ihre Gefahr und Rechnung un&#x017F;re Waaren dort ab-<lb/>
&#x017F;etzen, ausborgen, und verhandeln werden. Wir haben die<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R 4</fw><fw place="bottom" type="catch">glu&#x0364;ck-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[263/0281] ihrer Landesh. wiederum zur Handl. vereinigen? Bey ſolchen Umſtaͤnden ſollte man gedenken, es wuͤr- den einige hundert Bremer oder Hamburger Kaufleute dort ihre Waarenlager haben, und fuͤr die Hauſirer alles was in Niederſachſen und Weſtphalen nur verfertiget werden koͤnnte, in Bereitſchaft halten; beſonders da die dortigen Senſali oder Maͤkeler die Hauſirer genau kennen, und gegen eine billige Proviſion den ganzen Handel fuͤhren. Allein die genaueſte Erkundigung zeigt, daß kein Bremiſches oder Hamburgiſches Comptoir in der ganzen Levante ſey. Man laͤßt dieſe Vor- theile den Franzoſen, Englaͤndern und Hollaͤndern uͤber, die natuͤrlicher Weiſe dasjenige zu Hauſe verfertigen laſſen, was ſie dort abzuſetzen gedenken. Wie wichtig iſt aber nicht die- ſer Handel? und zu welchem Reichthume erhob ſich nicht da- mit der Herr Fremaux in Smyrna? der in einer Theurung fuͤr hundert tauſend Gulden Korn unentgeltlich austheilen, und dennoch Millionen nach Amſterdam zuruͤckbringen konnte? Sollte es denn aber nicht moͤglich ſeyn, daß einige Land- ſtaͤdte nur ein oder anders gemeinſchaftliches Packhaus in den Levantiſchen Haͤfen errichteten, und dort einen gemeinſchaft- lichen Bedienten hielten? welchem ſie ihre Waaren in Com- mißion zuſchicken koͤnnten? Sollten alle Caͤmmereyen der Weſtphaͤliſchen Staͤdte, wenn die Unternehmung fuͤr einen einzelnen Kaufmann im Anfange zu groß iſt, nicht im Stande ſeyn, eine ſo leichte Sache zum Vortheil ihrer Buͤrger und Handwerker auszufuͤhren? Sie brauchen dazu weder Schiffe noch Flotten. Der Hollaͤnder iſt alle Stunde bereit, unſre Produkten dahin zu fuͤhren. Er bittet darum, und fraͤgt nur an wen die Ablieferung geſchehen ſolle. Und dieſes An wen? iſt es was wir nicht beantworten koͤnnen: ſo lange wir in den Landſtaͤdten ſo einfaͤltig ſind zu glauben, daß die See- ſtaͤdte auf ihre Gefahr und Rechnung unſre Waaren dort ab- ſetzen, ausborgen, und verhandeln werden. Wir haben die gluͤck- R 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/281
Zitationshilfe: Möser, Justus: Patriotische Phantasien. Bd. 1. Berlin, 1775, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_phantasien01_1775/281>, abgerufen am 17.05.2024.