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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832.

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und so der Thür zu wollten, da bogen sie wie eine
Rauchsäule leicht um den hölzernen Pfeiler, der in der
Mitte der Kammer steht."

"Arm in Arm sagst du?"

"Dicht, dicht an einander geschlossen; sie machte
den Anfang, er that's ihr nur wie gezwungen nach
und traurig. Hierauf -- aber o allmächtiger Gott! wie
soll ich, wie kann ich aussprechen, was keine Zunge
vermag, was doch Niemand glaubt und Niemand glau-
ben kann, am wenigsten mir, mir armen Jungen!"
Er schöpfte tief Athem und fuhr sodann fort: "Sie
schlüpften unhörbar über die Schwelle, er glitt über
sein Ebenbild hin, gleichgültig, als kennt' er es nicht
mehr. Da wirft er auf Einmal sein Auge auf mich,
o ein Auge voll Elend! und doch so ein scharfer,
durchbohrender Blick! und zögert im Gehn, schaut
immer auf mich und bewegt die Lippen, wie kraftlos
zur Rede -- da hielt ich's nimmer aus und weiß
auch von hier an nichts weiter zu sagen."

Der Präsident verschonte den jungen Menschen
mit jeder weitern Frage, beruhigte ihn und empfahl
endlich Vater und Sohn, die Sache bei sich zu behal-
ten, indem er zu verstehen gab, daß er nichts weiter
als eine ungeheure Selbsttäuschung darunter denke.
Der alte Gärtner aber schien sehr ernst und maß
selbst seinem Herrn im Innern eine andre Meinung
bei, als ihm nun eben zu äußern beliebe.


und ſo der Thür zu wollten, da bogen ſie wie eine
Rauchſäule leicht um den hölzernen Pfeiler, der in der
Mitte der Kammer ſteht.“

„Arm in Arm ſagſt du?“

„Dicht, dicht an einander geſchloſſen; ſie machte
den Anfang, er that’s ihr nur wie gezwungen nach
und traurig. Hierauf — aber o allmächtiger Gott! wie
ſoll ich, wie kann ich ausſprechen, was keine Zunge
vermag, was doch Niemand glaubt und Niemand glau-
ben kann, am wenigſten mir, mir armen Jungen!“
Er ſchöpfte tief Athem und fuhr ſodann fort: „Sie
ſchlüpften unhörbar über die Schwelle, er glitt über
ſein Ebenbild hin, gleichgültig, als kennt’ er es nicht
mehr. Da wirft er auf Einmal ſein Auge auf mich,
o ein Auge voll Elend! und doch ſo ein ſcharfer,
durchbohrender Blick! und zögert im Gehn, ſchaut
immer auf mich und bewegt die Lippen, wie kraftlos
zur Rede — da hielt ich’s nimmer aus und weiß
auch von hier an nichts weiter zu ſagen.“

Der Präſident verſchonte den jungen Menſchen
mit jeder weitern Frage, beruhigte ihn und empfahl
endlich Vater und Sohn, die Sache bei ſich zu behal-
ten, indem er zu verſtehen gab, daß er nichts weiter
als eine ungeheure Selbſttäuſchung darunter denke.
Der alte Gärtner aber ſchien ſehr ernſt und maß
ſelbſt ſeinem Herrn im Innern eine andre Meinung
bei, als ihm nun eben zu äußern beliebe.


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[635/0321] und ſo der Thür zu wollten, da bogen ſie wie eine Rauchſäule leicht um den hölzernen Pfeiler, der in der Mitte der Kammer ſteht.“ „Arm in Arm ſagſt du?“ „Dicht, dicht an einander geſchloſſen; ſie machte den Anfang, er that’s ihr nur wie gezwungen nach und traurig. Hierauf — aber o allmächtiger Gott! wie ſoll ich, wie kann ich ausſprechen, was keine Zunge vermag, was doch Niemand glaubt und Niemand glau- ben kann, am wenigſten mir, mir armen Jungen!“ Er ſchöpfte tief Athem und fuhr ſodann fort: „Sie ſchlüpften unhörbar über die Schwelle, er glitt über ſein Ebenbild hin, gleichgültig, als kennt’ er es nicht mehr. Da wirft er auf Einmal ſein Auge auf mich, o ein Auge voll Elend! und doch ſo ein ſcharfer, durchbohrender Blick! und zögert im Gehn, ſchaut immer auf mich und bewegt die Lippen, wie kraftlos zur Rede — da hielt ich’s nimmer aus und weiß auch von hier an nichts weiter zu ſagen.“ Der Präſident verſchonte den jungen Menſchen mit jeder weitern Frage, beruhigte ihn und empfahl endlich Vater und Sohn, die Sache bei ſich zu behal- ten, indem er zu verſtehen gab, daß er nichts weiter als eine ungeheure Selbſttäuſchung darunter denke. Der alte Gärtner aber ſchien ſehr ernſt und maß ſelbſt ſeinem Herrn im Innern eine andre Meinung bei, als ihm nun eben zu äußern beliebe.

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 635. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/321>, abgerufen am 25.11.2024.