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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832.

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seine Schwester half Margoten treulich die Haus-
ehre retten.

Gegen Abend fand sich eine günstige Stunde, dem
Präsidenten die gedachte Aufklärung zu geben. An
ihrem Vater bemerkte Margot, als er und der Ma-
ler, nach einer langen Unterredung im Garten, endlich
in's Zimmer traten, eine auffallende Bewegung; er
mochte nicht reden, man sezte sich schweigend zu Tische
und doch wollte man sich nachher nicht sogleich tren-
nen; es war, als bedürften sie Alle einander, obgleich
Keins dem Andern etwas zu sagen oder abzufragen
Miene machte. Die Mädchen griffen in der Noth zu
einer gleichgültigen Arbeit. Der Präsident sah ein
großes Paket Kupferstiche, noch uneröffnet, an der
Seite liegen; es war das prächtige Denon'sche Werk
zu der französischen Expedition nach Egypten (er hatte
es Nolten zu Liebe von der Stadt bringen lassen),
es wurde ausgepackt, doch Niemand hielt sich lange
dabei auf.

Noch lasten auf Jedem die Schrecken des gestri-
gen Abends; bald muß man mitleidig die flüchtige
Gestalt Elisabeths auf finsteren Pfaden verfolgen,
bald stehen die Gedanken wieder vor dem einsamen
Bette Agnesens still, welche durch eine wun-
derbare Scheidewand auf immer von der Gesellschaft
abgeschnitten scheint.

Der Präsident kann sich so wenig als der Maler
es verbergen, daß das Mädchen auf dem geraden Wege

ſeine Schweſter half Margoten treulich die Haus-
ehre retten.

Gegen Abend fand ſich eine günſtige Stunde, dem
Präſidenten die gedachte Aufklärung zu geben. An
ihrem Vater bemerkte Margot, als er und der Ma-
ler, nach einer langen Unterredung im Garten, endlich
in’s Zimmer traten, eine auffallende Bewegung; er
mochte nicht reden, man ſezte ſich ſchweigend zu Tiſche
und doch wollte man ſich nachher nicht ſogleich tren-
nen; es war, als bedürften ſie Alle einander, obgleich
Keins dem Andern etwas zu ſagen oder abzufragen
Miene machte. Die Mädchen griffen in der Noth zu
einer gleichgültigen Arbeit. Der Präſident ſah ein
großes Paket Kupferſtiche, noch uneröffnet, an der
Seite liegen; es war das prächtige Denon’ſche Werk
zu der franzöſiſchen Expedition nach Egypten (er hatte
es Nolten zu Liebe von der Stadt bringen laſſen),
es wurde ausgepackt, doch Niemand hielt ſich lange
dabei auf.

Noch laſten auf Jedem die Schrecken des geſtri-
gen Abends; bald muß man mitleidig die flüchtige
Geſtalt Eliſabeths auf finſteren Pfaden verfolgen,
bald ſtehen die Gedanken wieder vor dem einſamen
Bette Agneſens ſtill, welche durch eine wun-
derbare Scheidewand auf immer von der Geſellſchaft
abgeſchnitten ſcheint.

Der Präſident kann ſich ſo wenig als der Maler
es verbergen, daß das Mädchen auf dem geraden Wege

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[581/0267] ſeine Schweſter half Margoten treulich die Haus- ehre retten. Gegen Abend fand ſich eine günſtige Stunde, dem Präſidenten die gedachte Aufklärung zu geben. An ihrem Vater bemerkte Margot, als er und der Ma- ler, nach einer langen Unterredung im Garten, endlich in’s Zimmer traten, eine auffallende Bewegung; er mochte nicht reden, man ſezte ſich ſchweigend zu Tiſche und doch wollte man ſich nachher nicht ſogleich tren- nen; es war, als bedürften ſie Alle einander, obgleich Keins dem Andern etwas zu ſagen oder abzufragen Miene machte. Die Mädchen griffen in der Noth zu einer gleichgültigen Arbeit. Der Präſident ſah ein großes Paket Kupferſtiche, noch uneröffnet, an der Seite liegen; es war das prächtige Denon’ſche Werk zu der franzöſiſchen Expedition nach Egypten (er hatte es Nolten zu Liebe von der Stadt bringen laſſen), es wurde ausgepackt, doch Niemand hielt ſich lange dabei auf. Noch laſten auf Jedem die Schrecken des geſtri- gen Abends; bald muß man mitleidig die flüchtige Geſtalt Eliſabeths auf finſteren Pfaden verfolgen, bald ſtehen die Gedanken wieder vor dem einſamen Bette Agneſens ſtill, welche durch eine wun- derbare Scheidewand auf immer von der Geſellſchaft abgeſchnitten ſcheint. Der Präſident kann ſich ſo wenig als der Maler es verbergen, daß das Mädchen auf dem geraden Wege

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 581. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/267>, abgerufen am 24.11.2024.