nichts, als allein bleiben zu dürfen. Da man ihr dieß nicht weigern durfte, so ward eine Person in's Nebenzimmer gesezt, von welcher sie auf der Stelle gehört und allenfalls beobachtet werden konnte.
Noltens Unruhe und Verzagtheit, so lange man in Agnesens Zustand noch nicht klar sehen konnte, ist nicht auszusprechen. Es trieb ihn im Schlosse, es trieb ihn im Freien umher, nicht anders als einen Menschen, der jeden Augenblick sein Todes- urtheil kommen sieht. Dabei sagt er sich wohl, daß vor Allem der Präsident eine befriedigende Erklärung des Vorfalls erwarten könne, daß er diese sich selbst und seiner eigenen Ehre schuldig sey. Jedoch mit der edelsten Schonung verweist ihn Jener auf einen ruhigeren Zeitpunkt und gönnt ihm gerne die Wohl- that, sich in der Einsamkeit erst selbst zurechte zu finden.
Ach, aber leider überall erstarren ihm Sinn und Gedanke; wo und wie er auch immer das fürchter- liche Angstbild in sich zu drehen und zu wenden ver- sucht, er sieht nicht Grund noch Boden dieser Ver- wirrungen ab; auf sich selbst wälzt er die ganze Schuld, auf jenen Abend, da er die arme Seele so tödtlich er- schüttert und für die wahnsinnigen Angriffe des Weibs erst empfänglich gemacht.
Unglücklicherweise kam Nachmittags Besuch von der Stadt, Herren vom Kollegium des Präsidenten mit Frauen und Kindern. Der Maler ließ sich verläugnen;
nichts, als allein bleiben zu dürfen. Da man ihr dieß nicht weigern durfte, ſo ward eine Perſon in’s Nebenzimmer geſezt, von welcher ſie auf der Stelle gehört und allenfalls beobachtet werden konnte.
Noltens Unruhe und Verzagtheit, ſo lange man in Agneſens Zuſtand noch nicht klar ſehen konnte, iſt nicht auszuſprechen. Es trieb ihn im Schloſſe, es trieb ihn im Freien umher, nicht anders als einen Menſchen, der jeden Augenblick ſein Todes- urtheil kommen ſieht. Dabei ſagt er ſich wohl, daß vor Allem der Präſident eine befriedigende Erklärung des Vorfalls erwarten könne, daß er dieſe ſich ſelbſt und ſeiner eigenen Ehre ſchuldig ſey. Jedoch mit der edelſten Schonung verweist ihn Jener auf einen ruhigeren Zeitpunkt und gönnt ihm gerne die Wohl- that, ſich in der Einſamkeit erſt ſelbſt zurechte zu finden.
Ach, aber leider überall erſtarren ihm Sinn und Gedanke; wo und wie er auch immer das fürchter- liche Angſtbild in ſich zu drehen und zu wenden ver- ſucht, er ſieht nicht Grund noch Boden dieſer Ver- wirrungen ab; auf ſich ſelbſt wälzt er die ganze Schuld, auf jenen Abend, da er die arme Seele ſo tödtlich er- ſchüttert und für die wahnſinnigen Angriffe des Weibs erſt empfänglich gemacht.
Unglücklicherweiſe kam Nachmittags Beſuch von der Stadt, Herren vom Kollegium des Präſidenten mit Frauen und Kindern. Der Maler ließ ſich verläugnen;
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nichts, als allein bleiben zu dürfen. Da man ihr
dieß nicht weigern durfte, ſo ward eine Perſon in’s
Nebenzimmer geſezt, von welcher ſie auf der Stelle
gehört und allenfalls beobachtet werden konnte.
Noltens Unruhe und Verzagtheit, ſo lange
man in Agneſens Zuſtand noch nicht klar ſehen
konnte, iſt nicht auszuſprechen. Es trieb ihn im
Schloſſe, es trieb ihn im Freien umher, nicht anders
als einen Menſchen, der jeden Augenblick ſein Todes-
urtheil kommen ſieht. Dabei ſagt er ſich wohl, daß
vor Allem der Präſident eine befriedigende Erklärung
des Vorfalls erwarten könne, daß er dieſe ſich ſelbſt
und ſeiner eigenen Ehre ſchuldig ſey. Jedoch mit
der edelſten Schonung verweist ihn Jener auf einen
ruhigeren Zeitpunkt und gönnt ihm gerne die Wohl-
that, ſich in der Einſamkeit erſt ſelbſt zurechte zu finden.
Ach, aber leider überall erſtarren ihm Sinn und
Gedanke; wo und wie er auch immer das fürchter-
liche Angſtbild in ſich zu drehen und zu wenden ver-
ſucht, er ſieht nicht Grund noch Boden dieſer Ver-
wirrungen ab; auf ſich ſelbſt wälzt er die ganze Schuld,
auf jenen Abend, da er die arme Seele ſo tödtlich er-
ſchüttert und für die wahnſinnigen Angriffe des Weibs
erſt empfänglich gemacht.
Unglücklicherweiſe kam Nachmittags Beſuch von
der Stadt, Herren vom Kollegium des Präſidenten mit
Frauen und Kindern. Der Maler ließ ſich verläugnen;
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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/266>, abgerufen am 24.11.2024.
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