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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832.

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zen weggenommen. Der feine Greis mochte übrigens
Recht haben, jene verdeckte Zwiesprache der Gedan-
ken sogleich abzuschneiden, indem er in allgemeinen
heitern Umrissen von Theobalds Glück, wie es von
unten herauf mit ihm verfahren, eine Darstellung
machte, und man so auf die Jugendzeit Theobalds
zu sprechen kam. Agnes inzwischen hatte sich in Ge-
schäften entfernt.

"Man sagt mir noch auf den heutigen Tag in's
Gesicht," begann der Maler, "und selbst mein wer-
thester Herr Papa gibt zuweilen zu verstehen, ich sey
länger als billig ein Knabe geblieben. Zu läugnen
ist nun nicht, meine Streiche als Bursche von sechzehn
Jahren sind um kein Haar besser gewesen, als eines
Eilfjährigen, ja meine Liebhabereien sahen vielleicht
bornirter aus, wenigstens hatten sie die praktische Be-
deutung nicht, um derentwillen man diesem Alter
manche Spiele, wären sie auch leidenschaftlich und zeit-
vergeudend, noch allenfalls verzeihen kann. Bei mei-
ner Art sich zu unterhalten, wurde der Körper wenig
geübt; Klettern, Springen, Voltigiren, Reiten und
Schwimmen reizte mich kaum; meine Neigung ging
auf die stilleren Beschäftigungen, öfters auf gewisse
Kuriositäten und Sonderbarkeiten. Ich gab mich an
irgend einem beschränkten Winkel, wo ich gewiß seyn
konnte, von Niemanden gefunden zu werden, an der
Kirchhofmauer, oder auf dem obersten Boden des Hau-
ses zwischen aufgeschütteten Saatfrüchten, oder im

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zen weggenommen. Der feine Greis mochte übrigens
Recht haben, jene verdeckte Zwieſprache der Gedan-
ken ſogleich abzuſchneiden, indem er in allgemeinen
heitern Umriſſen von Theobalds Glück, wie es von
unten herauf mit ihm verfahren, eine Darſtellung
machte, und man ſo auf die Jugendzeit Theobalds
zu ſprechen kam. Agnes inzwiſchen hatte ſich in Ge-
ſchäften entfernt.

„Man ſagt mir noch auf den heutigen Tag in’s
Geſicht,“ begann der Maler, „und ſelbſt mein wer-
theſter Herr Papa gibt zuweilen zu verſtehen, ich ſey
länger als billig ein Knabe geblieben. Zu läugnen
iſt nun nicht, meine Streiche als Burſche von ſechzehn
Jahren ſind um kein Haar beſſer geweſen, als eines
Eilfjährigen, ja meine Liebhabereien ſahen vielleicht
bornirter aus, wenigſtens hatten ſie die praktiſche Be-
deutung nicht, um derentwillen man dieſem Alter
manche Spiele, wären ſie auch leidenſchaftlich und zeit-
vergeudend, noch allenfalls verzeihen kann. Bei mei-
ner Art ſich zu unterhalten, wurde der Körper wenig
geübt; Klettern, Springen, Voltigiren, Reiten und
Schwimmen reizte mich kaum; meine Neigung ging
auf die ſtilleren Beſchäftigungen, öfters auf gewiſſe
Kurioſitäten und Sonderbarkeiten. Ich gab mich an
irgend einem beſchränkten Winkel, wo ich gewiß ſeyn
konnte, von Niemanden gefunden zu werden, an der
Kirchhofmauer, oder auf dem oberſten Boden des Hau-
ſes zwiſchen aufgeſchütteten Saatfrüchten, oder im

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[417/0103] zen weggenommen. Der feine Greis mochte übrigens Recht haben, jene verdeckte Zwieſprache der Gedan- ken ſogleich abzuſchneiden, indem er in allgemeinen heitern Umriſſen von Theobalds Glück, wie es von unten herauf mit ihm verfahren, eine Darſtellung machte, und man ſo auf die Jugendzeit Theobalds zu ſprechen kam. Agnes inzwiſchen hatte ſich in Ge- ſchäften entfernt. „Man ſagt mir noch auf den heutigen Tag in’s Geſicht,“ begann der Maler, „und ſelbſt mein wer- theſter Herr Papa gibt zuweilen zu verſtehen, ich ſey länger als billig ein Knabe geblieben. Zu läugnen iſt nun nicht, meine Streiche als Burſche von ſechzehn Jahren ſind um kein Haar beſſer geweſen, als eines Eilfjährigen, ja meine Liebhabereien ſahen vielleicht bornirter aus, wenigſtens hatten ſie die praktiſche Be- deutung nicht, um derentwillen man dieſem Alter manche Spiele, wären ſie auch leidenſchaftlich und zeit- vergeudend, noch allenfalls verzeihen kann. Bei mei- ner Art ſich zu unterhalten, wurde der Körper wenig geübt; Klettern, Springen, Voltigiren, Reiten und Schwimmen reizte mich kaum; meine Neigung ging auf die ſtilleren Beſchäftigungen, öfters auf gewiſſe Kurioſitäten und Sonderbarkeiten. Ich gab mich an irgend einem beſchränkten Winkel, wo ich gewiß ſeyn konnte, von Niemanden gefunden zu werden, an der Kirchhofmauer, oder auf dem oberſten Boden des Hau- ſes zwiſchen aufgeſchütteten Saatfrüchten, oder im 27

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 2 Stuttgart, 1832, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten02_1832/103>, abgerufen am 23.11.2024.