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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832.

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brunst. Da sah man ihn in einer scharlachrothen,
netzartigen Mütze, welche ihm gar wundersam zu sei-
nem todtbleichen Gesichte stand, unruhig am kleinen
Fenster auf und abschreiten, zum sichersten Vorzeichen,
daß das Unglück nahe bevorstehe. Eh noch der erste
Feuerlärm entstand, eh ein Mensch wußte, daß es wo
brenne, kam er auf seinem mageren Klepper unten
aus dem Stalle hervorgesprengt und wie der Satan
davon gejagt, unfehlbar nach dem Orte des Brandes
hin, als hätt' er's im Geist gefühlt. Nun geschah's" --

"Ei, so laß dein langweilig Geschwätz!" fiel dem
Erzähler ein Kamerade in die Rede, "und sing' das
Stückchen lieber in dem Liede, das du davon hast,
laut't ja viel besser so und hat gar eine schöne
schauerliche Weise. Sing', Christoph!"

Der Bursche sah die Gäste verlegen an, und da
sie ihm begierig zusprachen, begann er alsbald mit
einer klangreichen, kraftvollen Stimme:

Sehet ihr am Fensterlein
Dort die rothe Mütze wieder?
Muß nicht ganz geheuer seyn,
Denn er geht schon auf und nieder.
Und was für ein toll Gewühle
Plötzlich auf den Gassen schwillt --
Horch! das Jammerglöcklein grillt:
Hinter'm Berg, hinter'm Berg
Brennt's in einer Mühle!

brunſt. Da ſah man ihn in einer ſcharlachrothen,
netzartigen Mütze, welche ihm gar wunderſam zu ſei-
nem todtbleichen Geſichte ſtand, unruhig am kleinen
Fenſter auf und abſchreiten, zum ſicherſten Vorzeichen,
daß das Unglück nahe bevorſtehe. Eh noch der erſte
Feuerlärm entſtand, eh ein Menſch wußte, daß es wo
brenne, kam er auf ſeinem mageren Klepper unten
aus dem Stalle hervorgeſprengt und wie der Satan
davon gejagt, unfehlbar nach dem Orte des Brandes
hin, als hätt’ er’s im Geiſt gefühlt. Nun geſchah’s“ —

„Ei, ſo laß dein langweilig Geſchwätz!“ fiel dem
Erzähler ein Kamerade in die Rede, „und ſing’ das
Stückchen lieber in dem Liede, das du davon haſt,
laut’t ja viel beſſer ſo und hat gar eine ſchöne
ſchauerliche Weiſe. Sing’, Chriſtoph!“

Der Burſche ſah die Gäſte verlegen an, und da
ſie ihm begierig zuſprachen, begann er alsbald mit
einer klangreichen, kraftvollen Stimme:

Sehet ihr am Fenſterlein
Dort die rothe Mütze wieder?
Muß nicht ganz geheuer ſeyn,
Denn er geht ſchon auf und nieder.
Und was für ein toll Gewühle
Plötzlich auf den Gaſſen ſchwillt —
Horch! das Jammerglöcklein grillt:
Hinter’m Berg, hinter’m Berg
Brennt’s in einer Mühle!
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[45/0053] brunſt. Da ſah man ihn in einer ſcharlachrothen, netzartigen Mütze, welche ihm gar wunderſam zu ſei- nem todtbleichen Geſichte ſtand, unruhig am kleinen Fenſter auf und abſchreiten, zum ſicherſten Vorzeichen, daß das Unglück nahe bevorſtehe. Eh noch der erſte Feuerlärm entſtand, eh ein Menſch wußte, daß es wo brenne, kam er auf ſeinem mageren Klepper unten aus dem Stalle hervorgeſprengt und wie der Satan davon gejagt, unfehlbar nach dem Orte des Brandes hin, als hätt’ er’s im Geiſt gefühlt. Nun geſchah’s“ — „Ei, ſo laß dein langweilig Geſchwätz!“ fiel dem Erzähler ein Kamerade in die Rede, „und ſing’ das Stückchen lieber in dem Liede, das du davon haſt, laut’t ja viel beſſer ſo und hat gar eine ſchöne ſchauerliche Weiſe. Sing’, Chriſtoph!“ Der Burſche ſah die Gäſte verlegen an, und da ſie ihm begierig zuſprachen, begann er alsbald mit einer klangreichen, kraftvollen Stimme: Sehet ihr am Fenſterlein Dort die rothe Mütze wieder? Muß nicht ganz geheuer ſeyn, Denn er geht ſchon auf und nieder. Und was für ein toll Gewühle Plötzlich auf den Gaſſen ſchwillt — Horch! das Jammerglöcklein grillt: Hinter’m Berg, hinter’m Berg Brennt’s in einer Mühle!

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten01_1832/53>, abgerufen am 24.11.2024.