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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832.

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Rehstocks, damit du künftig daran denken magst, wenn
du hinaufsiehst."

"Gut!" erwiderte die Schwester, "ich freue mich,
und für jezt kein Wörtchen weiter davon!"

Unter hundert Wendungen des Gesprächs war
man in weniger als zwei Stunden unvermerkt dem
erwünschten Ziele ziemlich nahe gekommen. Deutlich
und deutlicher traten die Umrisse der hohen Trümmer
hervor; in kurzer Zeit stand man am Fuße des wenig
bewachsenen Bergs, an dessen Rückseite sich jedoch die
lange Fortsetzung eines waldreichen Gebirgs anschloß.
Hier ward gerastet und die fast vergessene Proviant-
tasche mit weniger Gleichgültigkeit geöffnet, als man
sie am Morgen hatte füllen sehen. Dann ging es
langsam die Krümmung des Weges hinan, nachdem
das Pferd an Johann abgegeben war, um es in einem
nahe gelegenen Meierhof unterzubringen und zur be-
stimmten Zeit wieder hier mit ihm einzutreffen. Auf
der Höhe angelangt schweiften die Glücklichen zuerst
Hand in Hand, dann zerstreut durch die weitläuftigen
Räume über Wälle und Graben, durch zerfallene Ge-
mächer, feuchte Gänge, verworrenes Gesträuch. Man
verlor sich freiwillig und traf sich wieder unvermuthet
an verschiedenen Seiten. So geschah es, daß Adel-
heid
eben allein mit der Entzifferung einer unver-
ständlichen Inschrift beschäftigt war, als auf Einmal
sich die verlorenen Töne eines, wie es schien, weibli-
chen Gesanges vernehmen ließen. Das Mädchen er-

Rehſtocks, damit du künftig daran denken magſt, wenn
du hinaufſiehſt.“

„Gut!“ erwiderte die Schweſter, „ich freue mich,
und für jezt kein Wörtchen weiter davon!“

Unter hundert Wendungen des Geſprächs war
man in weniger als zwei Stunden unvermerkt dem
erwünſchten Ziele ziemlich nahe gekommen. Deutlich
und deutlicher traten die Umriſſe der hohen Trümmer
hervor; in kurzer Zeit ſtand man am Fuße des wenig
bewachſenen Bergs, an deſſen Rückſeite ſich jedoch die
lange Fortſetzung eines waldreichen Gebirgs anſchloß.
Hier ward geraſtet und die faſt vergeſſene Proviant-
taſche mit weniger Gleichgültigkeit geöffnet, als man
ſie am Morgen hatte füllen ſehen. Dann ging es
langſam die Krümmung des Weges hinan, nachdem
das Pferd an Johann abgegeben war, um es in einem
nahe gelegenen Meierhof unterzubringen und zur be-
ſtimmten Zeit wieder hier mit ihm einzutreffen. Auf
der Höhe angelangt ſchweiften die Glücklichen zuerſt
Hand in Hand, dann zerſtreut durch die weitläuftigen
Räume über Wälle und Graben, durch zerfallene Ge-
mächer, feuchte Gänge, verworrenes Geſträuch. Man
verlor ſich freiwillig und traf ſich wieder unvermuthet
an verſchiedenen Seiten. So geſchah es, daß Adel-
heid
eben allein mit der Entzifferung einer unver-
ſtändlichen Inſchrift beſchäftigt war, als auf Einmal
ſich die verlorenen Töne eines, wie es ſchien, weibli-
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[282/0290] Rehſtocks, damit du künftig daran denken magſt, wenn du hinaufſiehſt.“ „Gut!“ erwiderte die Schweſter, „ich freue mich, und für jezt kein Wörtchen weiter davon!“ Unter hundert Wendungen des Geſprächs war man in weniger als zwei Stunden unvermerkt dem erwünſchten Ziele ziemlich nahe gekommen. Deutlich und deutlicher traten die Umriſſe der hohen Trümmer hervor; in kurzer Zeit ſtand man am Fuße des wenig bewachſenen Bergs, an deſſen Rückſeite ſich jedoch die lange Fortſetzung eines waldreichen Gebirgs anſchloß. Hier ward geraſtet und die faſt vergeſſene Proviant- taſche mit weniger Gleichgültigkeit geöffnet, als man ſie am Morgen hatte füllen ſehen. Dann ging es langſam die Krümmung des Weges hinan, nachdem das Pferd an Johann abgegeben war, um es in einem nahe gelegenen Meierhof unterzubringen und zur be- ſtimmten Zeit wieder hier mit ihm einzutreffen. Auf der Höhe angelangt ſchweiften die Glücklichen zuerſt Hand in Hand, dann zerſtreut durch die weitläuftigen Räume über Wälle und Graben, durch zerfallene Ge- mächer, feuchte Gänge, verworrenes Geſträuch. Man verlor ſich freiwillig und traf ſich wieder unvermuthet an verſchiedenen Seiten. So geſchah es, daß Adel- heid eben allein mit der Entzifferung einer unver- ſtändlichen Inſchrift beſchäftigt war, als auf Einmal ſich die verlorenen Töne eines, wie es ſchien, weibli- chen Geſanges vernehmen ließen. Das Mädchen er-

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten01_1832/290>, abgerufen am 24.11.2024.