Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832.Schwachheit bekennen, lieber Larkens, und Sie mö- "Aufrichtig gesprochen, mein Bester," sagte Lar- "Gewiß, wenn Sie's für nöthig finden." "Nun denn -- aber zuvor wär' ich begierig, wie "Mein Gott, nicht doch! denn (beinahe schäme ich Schwachheit bekennen, lieber Larkens, und Sie mö- „Aufrichtig geſprochen, mein Beſter,“ ſagte Lar- „Gewiß, wenn Sie’s für nöthig finden.“ „Nun denn — aber zuvor wär’ ich begierig, wie „Mein Gott, nicht doch! denn (beinahe ſchäme ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0277" n="269"/> Schwachheit bekennen, lieber <hi rendition="#g">Larkens</hi>, und Sie mö-<lb/> gen mich immerhin darüber ausſchelten, aber wer in<lb/> aller Welt iſt ganz vor’m Aberglauben ſicher, ſonder-<lb/> lich unter ſolchen Umſtänden? Kaum war mir vorgeſtern<lb/> geſagt worden, <hi rendition="#g">Theobald</hi> habe ſich gefährlich krank<lb/> gelegt, ſo deutete ich mein Begegniß mit der geſpenſti-<lb/> gen Orgelſpielerin urplötzlich als ein Omen aus, denn<lb/> mir fiel ein, was man von Trauerfällen ſagt, welche<lb/> auf ähnliche Weiſe angekündigt worden. Und dieſer<lb/> dummen Furcht bin ich noch heute nicht ganz los, ob-<lb/> wohl ich recht gut weiß, daß die Erſcheinung keine<lb/> Viſion, noch Geſpenſt oder dergleichen, ſondern ein or-<lb/> dentliches Menſchenkind geweſen.“</p><lb/> <p>„Aufrichtig geſprochen, mein Beſter,“ ſagte <hi rendition="#g">Lar-<lb/> kens</hi>, „ich zweifle an dieſer Apparition ſo gar nicht<lb/> im Mindeſten, daß ich Ihnen vielleicht ſelber den<lb/> Schlüſſel zu dem Räthſel geben kann. Doch, ſchwei-<lb/> gen Sie darüber gegen unſern Freund, verſprechen Sie<lb/> mir reinen Mund zu halten.“</p><lb/> <p>„Gewiß, wenn Sie’s für nöthig finden.“</p><lb/> <p>„Nun denn — aber zuvor wär’ ich begierig, wie<lb/> Ihr Abenteuer abgelaufen. Sie ſprachen die Perſon?“</p><lb/> <p>„Mein Gott, nicht doch! denn (beinahe ſchäme ich<lb/> mich, es zu bekennen) die Erſcheinung beſtürzte mich<lb/> dergeſtalt, daß ich mich wohl drei- viermal im Ring<lb/> herum wirbelte, und während ich nach meinem zurück-<lb/> gebliebenen Begleiter umſah, war das Nachtbild ſchon<lb/> verſchwunden, auch mit aller Mühe nicht mehr aufzu-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [269/0277]
Schwachheit bekennen, lieber Larkens, und Sie mö-
gen mich immerhin darüber ausſchelten, aber wer in
aller Welt iſt ganz vor’m Aberglauben ſicher, ſonder-
lich unter ſolchen Umſtänden? Kaum war mir vorgeſtern
geſagt worden, Theobald habe ſich gefährlich krank
gelegt, ſo deutete ich mein Begegniß mit der geſpenſti-
gen Orgelſpielerin urplötzlich als ein Omen aus, denn
mir fiel ein, was man von Trauerfällen ſagt, welche
auf ähnliche Weiſe angekündigt worden. Und dieſer
dummen Furcht bin ich noch heute nicht ganz los, ob-
wohl ich recht gut weiß, daß die Erſcheinung keine
Viſion, noch Geſpenſt oder dergleichen, ſondern ein or-
dentliches Menſchenkind geweſen.“
„Aufrichtig geſprochen, mein Beſter,“ ſagte Lar-
kens, „ich zweifle an dieſer Apparition ſo gar nicht
im Mindeſten, daß ich Ihnen vielleicht ſelber den
Schlüſſel zu dem Räthſel geben kann. Doch, ſchwei-
gen Sie darüber gegen unſern Freund, verſprechen Sie
mir reinen Mund zu halten.“
„Gewiß, wenn Sie’s für nöthig finden.“
„Nun denn — aber zuvor wär’ ich begierig, wie
Ihr Abenteuer abgelaufen. Sie ſprachen die Perſon?“
„Mein Gott, nicht doch! denn (beinahe ſchäme ich
mich, es zu bekennen) die Erſcheinung beſtürzte mich
dergeſtalt, daß ich mich wohl drei- viermal im Ring
herum wirbelte, und während ich nach meinem zurück-
gebliebenen Begleiter umſah, war das Nachtbild ſchon
verſchwunden, auch mit aller Mühe nicht mehr aufzu-
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