der Liebe durch ein ganz ähnliches an ihm bestraft, und wir wollen erwarten, ob diese harte Züchtigung mehr zu seinem Unglück oder zu seinem Heile aus- schlagen soll.
Die auf Befehl des Herzogs geschehene Konfis- kation des verdächtigen Spielkästchens war den Freun- den schon kein gutes Zeichen. Larkens gerieth in Wuth über diesen abgeschmackten Gewaltstreich, wie er's nannte. Mögen sie sich doch, rief er dem Ma- ler zu, die Zähne ausbeißen an diesen armseligen ver- klexten Gläsern! und dem ersten Schöpsen, der die Nase in mein argloses Machwerk stecken wird, schlage der Geist des alten Nikolaus nur tüchtig hinter's Ohr, zur Erleichterung des kritischen Verständnisses!
Theobald wollte den Herzog selbst belehren, der Schauspieler gab es nicht zu, indem er behauptete, man müsse dem Pack den Gefallen nicht thun, man müsse abwarten, bis die Maus selbst aus dem unheil- schwangern Berg hervorspringe und die Dummheit sich prostituire. Da demungeachtet der Maler in sei- ner gütlichen Absicht den fürstlichen Gönner aufsuchte, ward er zu seiner größten Bestürzung und Verdruß nicht vorgelassen. Ganz trostlos aber machte es ihn, als er sich seine lezte Zuflucht zu Zarlin's auf glei- che unerhörte Weise abgeschnitten sah. Er wußte sich nicht zu helfen, nicht zu rathen, er hätte mit Freu- den den Haß des ganzen Hofes auf sich geladen, wenn er nur über Constanze hätte ruhig seyn können.
der Liebe durch ein ganz ähnliches an ihm beſtraft, und wir wollen erwarten, ob dieſe harte Züchtigung mehr zu ſeinem Unglück oder zu ſeinem Heile aus- ſchlagen ſoll.
Die auf Befehl des Herzogs geſchehene Konfis- kation des verdächtigen Spielkäſtchens war den Freun- den ſchon kein gutes Zeichen. Larkens gerieth in Wuth über dieſen abgeſchmackten Gewaltſtreich, wie er’s nannte. Mögen ſie ſich doch, rief er dem Ma- ler zu, die Zähne ausbeißen an dieſen armſeligen ver- klexten Gläſern! und dem erſten Schöpſen, der die Naſe in mein argloſes Machwerk ſtecken wird, ſchlage der Geiſt des alten Nikolaus nur tüchtig hinter’s Ohr, zur Erleichterung des kritiſchen Verſtändniſſes!
Theobald wollte den Herzog ſelbſt belehren, der Schauſpieler gab es nicht zu, indem er behauptete, man müſſe dem Pack den Gefallen nicht thun, man müſſe abwarten, bis die Maus ſelbſt aus dem unheil- ſchwangern Berg hervorſpringe und die Dummheit ſich proſtituire. Da demungeachtet der Maler in ſei- ner gütlichen Abſicht den fürſtlichen Gönner aufſuchte, ward er zu ſeiner größten Beſtürzung und Verdruß nicht vorgelaſſen. Ganz troſtlos aber machte es ihn, als er ſich ſeine lezte Zuflucht zu Zarlin’s auf glei- che unerhörte Weiſe abgeſchnitten ſah. Er wußte ſich nicht zu helfen, nicht zu rathen, er hätte mit Freu- den den Haß des ganzen Hofes auf ſich geladen, wenn er nur über Conſtanze hätte ruhig ſeyn können.
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der Liebe durch ein ganz ähnliches an ihm beſtraft,
und wir wollen erwarten, ob dieſe harte Züchtigung
mehr zu ſeinem Unglück oder zu ſeinem Heile aus-
ſchlagen ſoll.
Die auf Befehl des Herzogs geſchehene Konfis-
kation des verdächtigen Spielkäſtchens war den Freun-
den ſchon kein gutes Zeichen. Larkens gerieth in
Wuth über dieſen abgeſchmackten Gewaltſtreich, wie
er’s nannte. Mögen ſie ſich doch, rief er dem Ma-
ler zu, die Zähne ausbeißen an dieſen armſeligen ver-
klexten Gläſern! und dem erſten Schöpſen, der die
Naſe in mein argloſes Machwerk ſtecken wird, ſchlage
der Geiſt des alten Nikolaus nur tüchtig hinter’s
Ohr, zur Erleichterung des kritiſchen Verſtändniſſes!
Theobald wollte den Herzog ſelbſt belehren,
der Schauſpieler gab es nicht zu, indem er behauptete,
man müſſe dem Pack den Gefallen nicht thun, man
müſſe abwarten, bis die Maus ſelbſt aus dem unheil-
ſchwangern Berg hervorſpringe und die Dummheit
ſich proſtituire. Da demungeachtet der Maler in ſei-
ner gütlichen Abſicht den fürſtlichen Gönner aufſuchte,
ward er zu ſeiner größten Beſtürzung und Verdruß
nicht vorgelaſſen. Ganz troſtlos aber machte es ihn,
als er ſich ſeine lezte Zuflucht zu Zarlin’s auf glei-
che unerhörte Weiſe abgeſchnitten ſah. Er wußte ſich
nicht zu helfen, nicht zu rathen, er hätte mit Freu-
den den Haß des ganzen Hofes auf ſich geladen, wenn
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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten01_1832/256>, abgerufen am 22.11.2024.
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