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Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832.

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gewissermaßen modifiziren mußte. Der Alte ersucht
nämlich seinen Schwiegersohn in einem eben so herz-
lichen als wahrhaftigen Ton, er möchte von gewissen
Gerüchten, welche sich zu Neuburg durch die Zudring-
lichkeit eines eingebildeten jungen Menschen verbreitet
hätten, und die vielleicht auch -- was wohl der
Grund seines langen Stillschweigens sey -- bis zu
ihm gedrungen seyn könnten, auf keine Weise Notiz
nehmen. Der Alte sezt die Verirrung des Mädchens
nach seinen Begriffen auseinander, macht, ohne das
Rechte zu treffen, eine nicht eben unwahrscheinliche
Erklärung davon, wobei Alles am Ende auf eine selt-
same Skrupulosität, melancholische Ueberspannung und
zulezt auf alberne Kinderei reducirt wird. Nolten
möchte der Jugend, der Unerfahrenheit des Mädchens
vergeben; er als Vater betheure, daß der Vorgang
in keinem Sinne störende Folgen nach sich ziehen
werde, Agnes habe sich gefaßt, ihr Herz sey rein
und hänge mit doppelter Innigkeit an ihm. Indessen,
fährt der Vater von sich fort, sey er so unbillig nicht,
es dem Bräutigam zu verdenken, wenn die Sache ihn
erschreckt habe, wenn er der Zeit die Probe überlasse,
ob die Braut seiner nicht unwerth geworden, nur
wäre zu wünschen, daß er sich persönlich überzeugte,
und er sey deßhalb auf's freundlichste nach Neuburg
eingeladen. Uebrigens möchte er, wenn er Agnesen
schreibe, ihr tief gebeugtes Gemüth so viel wie mög-
lich schonen, sie wisse nichts von diesen Mittheilungen

gewiſſermaßen modifiziren mußte. Der Alte erſucht
nämlich ſeinen Schwiegerſohn in einem eben ſo herz-
lichen als wahrhaftigen Ton, er möchte von gewiſſen
Gerüchten, welche ſich zu Neuburg durch die Zudring-
lichkeit eines eingebildeten jungen Menſchen verbreitet
hätten, und die vielleicht auch — was wohl der
Grund ſeines langen Stillſchweigens ſey — bis zu
ihm gedrungen ſeyn könnten, auf keine Weiſe Notiz
nehmen. Der Alte ſezt die Verirrung des Mädchens
nach ſeinen Begriffen auseinander, macht, ohne das
Rechte zu treffen, eine nicht eben unwahrſcheinliche
Erklärung davon, wobei Alles am Ende auf eine ſelt-
ſame Skrupuloſität, melancholiſche Ueberſpannung und
zulezt auf alberne Kinderei reducirt wird. Nolten
möchte der Jugend, der Unerfahrenheit des Mädchens
vergeben; er als Vater betheure, daß der Vorgang
in keinem Sinne ſtörende Folgen nach ſich ziehen
werde, Agnes habe ſich gefaßt, ihr Herz ſey rein
und hänge mit doppelter Innigkeit an ihm. Indeſſen,
fährt der Vater von ſich fort, ſey er ſo unbillig nicht,
es dem Bräutigam zu verdenken, wenn die Sache ihn
erſchreckt habe, wenn er der Zeit die Probe überlaſſe,
ob die Braut ſeiner nicht unwerth geworden, nur
wäre zu wünſchen, daß er ſich perſönlich überzeugte,
und er ſey deßhalb auf’s freundlichſte nach Neuburg
eingeladen. Uebrigens möchte er, wenn er Agneſen
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lich ſchonen, ſie wiſſe nichts von dieſen Mittheilungen

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[93/0101] gewiſſermaßen modifiziren mußte. Der Alte erſucht nämlich ſeinen Schwiegerſohn in einem eben ſo herz- lichen als wahrhaftigen Ton, er möchte von gewiſſen Gerüchten, welche ſich zu Neuburg durch die Zudring- lichkeit eines eingebildeten jungen Menſchen verbreitet hätten, und die vielleicht auch — was wohl der Grund ſeines langen Stillſchweigens ſey — bis zu ihm gedrungen ſeyn könnten, auf keine Weiſe Notiz nehmen. Der Alte ſezt die Verirrung des Mädchens nach ſeinen Begriffen auseinander, macht, ohne das Rechte zu treffen, eine nicht eben unwahrſcheinliche Erklärung davon, wobei Alles am Ende auf eine ſelt- ſame Skrupuloſität, melancholiſche Ueberſpannung und zulezt auf alberne Kinderei reducirt wird. Nolten möchte der Jugend, der Unerfahrenheit des Mädchens vergeben; er als Vater betheure, daß der Vorgang in keinem Sinne ſtörende Folgen nach ſich ziehen werde, Agnes habe ſich gefaßt, ihr Herz ſey rein und hänge mit doppelter Innigkeit an ihm. Indeſſen, fährt der Vater von ſich fort, ſey er ſo unbillig nicht, es dem Bräutigam zu verdenken, wenn die Sache ihn erſchreckt habe, wenn er der Zeit die Probe überlaſſe, ob die Braut ſeiner nicht unwerth geworden, nur wäre zu wünſchen, daß er ſich perſönlich überzeugte, und er ſey deßhalb auf’s freundlichſte nach Neuburg eingeladen. Uebrigens möchte er, wenn er Agneſen ſchreibe, ihr tief gebeugtes Gemüth ſo viel wie mög- lich ſchonen, ſie wiſſe nichts von dieſen Mittheilungen

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Maler Nolten. Bd. 1. Stuttgart, 1832, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_nolten01_1832/101>, abgerufen am 28.11.2024.