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Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.

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Phöbus überzählt die Stücke,
Weidet selbsten sich daran,
Ja, es fängt im Augenblicke
Ihm der Mund zu wässern an;
Lächelnd nimmt der Gott der Töne
Von der saftigsten Besitz:
Laß uns theilen, holde Schöne,
Und für Amorn -- diesen Schnitz!

Der Dichter erntete rauschenden Beifall, und gern
verzieh man die barocke Wendung, durch welche der
Eindruck des wirklich gefühlvollen Ganzen so völlig
aufgehoben wurde.

Franziska, deren froher Mutterwitz schon zu ver¬
schiedenen malen bald durch den Hauswirth, bald
durch Mozart in Bewegung gesetzt worden war, lief
jetzt geschwinde, wie von ungefähr an etwas erinnert,
hinweg, und kam zurück mit einem braunen englischen
Kupferstich größten Formats, welcher wenig beachtet
in einem ganz entfernten Cabinet unter Glas und
Rahmen hing.

"Es muß doch wahr seyn, was ich immer hörte,"
rief sie aus, indem sie das Bild am Ende der Tafel
aufstellte, "daß sich unter der Sonne nichts Neues

Phöbus überzählt die Stücke,
Weidet ſelbſten ſich daran,
Ja, es fängt im Augenblicke
Ihm der Mund zu wäſſern an;
Lächelnd nimmt der Gott der Töne
Von der ſaftigſten Beſitz:
Laß uns theilen, holde Schöne,
Und für Amorn — dieſen Schnitz!

Der Dichter erntete rauſchenden Beifall, und gern
verzieh man die barocke Wendung, durch welche der
Eindruck des wirklich gefühlvollen Ganzen ſo völlig
aufgehoben wurde.

Franziska, deren froher Mutterwitz ſchon zu ver¬
ſchiedenen malen bald durch den Hauswirth, bald
durch Mozart in Bewegung geſetzt worden war, lief
jetzt geſchwinde, wie von ungefähr an etwas erinnert,
hinweg, und kam zurück mit einem braunen engliſchen
Kupferſtich größten Formats, welcher wenig beachtet
in einem ganz entfernten Cabinet unter Glas und
Rahmen hing.

„Es muß doch wahr ſeyn, was ich immer hörte,“
rief ſie aus, indem ſie das Bild am Ende der Tafel
aufſtellte, „daß ſich unter der Sonne nichts Neues

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[66/0078] Phöbus überzählt die Stücke, Weidet ſelbſten ſich daran, Ja, es fängt im Augenblicke Ihm der Mund zu wäſſern an; Lächelnd nimmt der Gott der Töne Von der ſaftigſten Beſitz: Laß uns theilen, holde Schöne, Und für Amorn — dieſen Schnitz! Der Dichter erntete rauſchenden Beifall, und gern verzieh man die barocke Wendung, durch welche der Eindruck des wirklich gefühlvollen Ganzen ſo völlig aufgehoben wurde. Franziska, deren froher Mutterwitz ſchon zu ver¬ ſchiedenen malen bald durch den Hauswirth, bald durch Mozart in Bewegung geſetzt worden war, lief jetzt geſchwinde, wie von ungefähr an etwas erinnert, hinweg, und kam zurück mit einem braunen engliſchen Kupferſtich größten Formats, welcher wenig beachtet in einem ganz entfernten Cabinet unter Glas und Rahmen hing. „Es muß doch wahr ſeyn, was ich immer hörte,“ rief ſie aus, indem ſie das Bild am Ende der Tafel aufſtellte, „daß ſich unter der Sonne nichts Neues

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/78>, abgerufen am 27.11.2024.