Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.Wagen zu steigen. Inzwischen hatte Veit, wie ge¬ Wagen zu ſteigen. Inzwiſchen hatte Veit, wie ge¬ <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0113" n="101"/> Wagen zu ſteigen. Inzwiſchen hatte Veit, wie ge¬<lb/> wöhnlich, die Lichter auf dem Schreibtiſch angezündet,<lb/> ich zog mechaniſch den Schlafrock an, und fiel mir<lb/> ein, geſchwind mein letztes Penſum noch einmal an¬<lb/> zuſehen. Allein, o Mißgeſchick! verwünſchte, ganz<lb/> unzeitige Geſchäftigkeit der Weiber! du hatteſt auf¬<lb/> geräumt, die Noten eingepackt — die mußten näm¬<lb/> lich mit: der Fürſt verlangte eine Probe von dem<lb/> Opus; — ich ſuchte, brummte, ſchalt, umſonſt!<lb/> Darüber fällt mein Blick auf ein verſiegeltes Couvert:<lb/> vom Abbate, den gräulichen Haken nach auf der<lb/> Adreſſe — ja wahrlich! und ſchickt mir den umge¬<lb/> arbeiteten Reſt ſeines Texis, den ich vor Monats¬<lb/> friſt noch nicht zu ſehen hoffte. Sogleich ſitz' ich be¬<lb/> gierig hin und leſe und bin entzückt, wie gut der<lb/> Kauz verſtand, was ich wollte. Es war alles weit<lb/> ſimpler, gedrängter und reicher zugleich. Sowohl die<lb/> Kirchhofsſcene, wie das Finale, bis zum Untergang<lb/> des Helden, hat in jedem Betracht ſehr gewonnen.<lb/> (Du ſollſt mir aber auch, dacht' ich, vortrefflicher Poet,<lb/> Himmel und Hölle nicht unbedankt zum zweitenmal<lb/> beſchworen haben!) Nun iſt es ſonſt meine Ge¬<lb/> wohnheit nicht, in der Compoſition etwas vorauszu¬<lb/> nehmen, und wenn es noch ſo lockend wäre; das<lb/></p> </body> </text> </TEI> [101/0113]
Wagen zu ſteigen. Inzwiſchen hatte Veit, wie ge¬
wöhnlich, die Lichter auf dem Schreibtiſch angezündet,
ich zog mechaniſch den Schlafrock an, und fiel mir
ein, geſchwind mein letztes Penſum noch einmal an¬
zuſehen. Allein, o Mißgeſchick! verwünſchte, ganz
unzeitige Geſchäftigkeit der Weiber! du hatteſt auf¬
geräumt, die Noten eingepackt — die mußten näm¬
lich mit: der Fürſt verlangte eine Probe von dem
Opus; — ich ſuchte, brummte, ſchalt, umſonſt!
Darüber fällt mein Blick auf ein verſiegeltes Couvert:
vom Abbate, den gräulichen Haken nach auf der
Adreſſe — ja wahrlich! und ſchickt mir den umge¬
arbeiteten Reſt ſeines Texis, den ich vor Monats¬
friſt noch nicht zu ſehen hoffte. Sogleich ſitz' ich be¬
gierig hin und leſe und bin entzückt, wie gut der
Kauz verſtand, was ich wollte. Es war alles weit
ſimpler, gedrängter und reicher zugleich. Sowohl die
Kirchhofsſcene, wie das Finale, bis zum Untergang
des Helden, hat in jedem Betracht ſehr gewonnen.
(Du ſollſt mir aber auch, dacht' ich, vortrefflicher Poet,
Himmel und Hölle nicht unbedankt zum zweitenmal
beſchworen haben!) Nun iſt es ſonſt meine Ge¬
wohnheit nicht, in der Compoſition etwas vorauszu¬
nehmen, und wenn es noch ſo lockend wäre; das
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