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Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856.

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und ohne Jemandes Anklagen solle ausgerichtet wer¬
den, so äußerte sie sich gleichwohl mit so viel Be¬
scheidenheit, Vorsicht und Schonung, daß sie alle
Anwesenden völlig gewann und man sie endlich mit
den besten Versprechungen entließ."

"Den Leuten muß geholfen werden!" sagte der
Hauptmann. "Die Innungskniffe sind das Wenigste
dabei; hier weiß ich Einen, der das bald in Ord¬
nung bringen wird. Es handelt sich um einen Bei¬
trag für das Haus, Einrichtungskosten und dergleichen.
Wie, wenn wir ein Concert für Freunde im Tratt¬
nerischen Saal mit Entree ad libitum ankündigten?"
-- Der Gedanke fand lebhaften Anklang. Einer der
Herrn ergriff das Salzfaß und sagte: "Es müßte
jemand zur Einleitung einen hübschen historischen
Vortrag thun, Herrn Mozarts Einkauf schildern,
seine menschenfreundliche Absicht erklären, und hier
das Prachtgefäß stellt man auf einem Tisch als Opfer¬
büchse auf, die beiden Rechen als Decoration rechts
und links dahinter gekreuzt."

Dieß nun geschah zwar nicht, hingegen das
Concert kam zu Stande; es warf ein Erkleckliches ab,
verschiedene Beiträge folgten nach, daß das beglückte
Paar noch Ueberschuß hatte, und auch die andern

und ohne Jemandes Anklagen ſolle ausgerichtet wer¬
den, ſo äußerte ſie ſich gleichwohl mit ſo viel Be¬
ſcheidenheit, Vorſicht und Schonung, daß ſie alle
Anweſenden völlig gewann und man ſie endlich mit
den beſten Verſprechungen entließ.“

„Den Leuten muß geholfen werden!“ ſagte der
Hauptmann. „Die Innungskniffe ſind das Wenigſte
dabei; hier weiß ich Einen, der das bald in Ord¬
nung bringen wird. Es handelt ſich um einen Bei¬
trag für das Haus, Einrichtungskoſten und dergleichen.
Wie, wenn wir ein Concert für Freunde im Tratt¬
neriſchen Saal mit Entrée ad libitum ankündigten?“
— Der Gedanke fand lebhaften Anklang. Einer der
Herrn ergriff das Salzfaß und ſagte: „Es müßte
jemand zur Einleitung einen hübſchen hiſtoriſchen
Vortrag thun, Herrn Mozarts Einkauf ſchildern,
ſeine menſchenfreundliche Abſicht erklären, und hier
das Prachtgefäß ſtellt man auf einem Tiſch als Opfer¬
büchſe auf, die beiden Rechen als Decoration rechts
und links dahinter gekreuzt.“

Dieß nun geſchah zwar nicht, hingegen das
Concert kam zu Stande; es warf ein Erkleckliches ab,
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[94/0106] und ohne Jemandes Anklagen ſolle ausgerichtet wer¬ den, ſo äußerte ſie ſich gleichwohl mit ſo viel Be¬ ſcheidenheit, Vorſicht und Schonung, daß ſie alle Anweſenden völlig gewann und man ſie endlich mit den beſten Verſprechungen entließ.“ „Den Leuten muß geholfen werden!“ ſagte der Hauptmann. „Die Innungskniffe ſind das Wenigſte dabei; hier weiß ich Einen, der das bald in Ord¬ nung bringen wird. Es handelt ſich um einen Bei¬ trag für das Haus, Einrichtungskoſten und dergleichen. Wie, wenn wir ein Concert für Freunde im Tratt¬ neriſchen Saal mit Entrée ad libitum ankündigten?“ — Der Gedanke fand lebhaften Anklang. Einer der Herrn ergriff das Salzfaß und ſagte: „Es müßte jemand zur Einleitung einen hübſchen hiſtoriſchen Vortrag thun, Herrn Mozarts Einkauf ſchildern, ſeine menſchenfreundliche Abſicht erklären, und hier das Prachtgefäß ſtellt man auf einem Tiſch als Opfer¬ büchſe auf, die beiden Rechen als Decoration rechts und links dahinter gekreuzt.“ Dieß nun geſchah zwar nicht, hingegen das Concert kam zu Stande; es warf ein Erkleckliches ab, verſchiedene Beiträge folgten nach, daß das beglückte Paar noch Ueberſchuß hatte, und auch die andern

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Zitationshilfe: Mörike, Eduard: Mozart auf der Reise nach Prag. Stuttgart u. a., 1856, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moerike_mozart_1856/106>, abgerufen am 27.11.2024.