Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.alle Religionen haltende, er einen mercklichen Un- terscheid gewahr und überzeuget werden; daß solche Lehre aus GOtt sey. Dabey er sich an keine Exempel (sie seyn böse oder schwachgläubige) zu kehren; als welche nicht der Religion, sondern de- rer Menschen verkehrten Hertzen zuzumessen sind. Will er aber Exempel ansehen: so betrachte er sol- che, die da redliches und aufrichtigen Hertzens sind. Da ihn die Erfahrung und genaues Aufmercken wohl lehren wird, was vor ein Unterscheid unter Gnade und Natur seye. Zumahl wo er auf die We- ge der Göttlichen Haußhaltung mercken und acht haben will. Wie nemlich die Göttliche Weißheit diejenige, welche sie in ihre Zucht nimmt, nicht ohne mancherley Züchtigungen (sonderlich inwendig) zu dero eigenen besten seyn lässet. Worinnen zwar die Göttliche Führungen sehr mannigfaltig und un- terschieden sind: Da aber endlich das Reich GOt- tes mit solcher Krafft in Gerechtigkeit, Friede und Freude in dem Heiligen Geiste sich erweiset; daß es auch die Pforten der Höllen nicht überwältigen mögen. Nicander. Wenn ich die Geschichte derer alten Weisen, als Confutii, Epicteti, Socratis, Epami- nondae, Agesilai, Aristidis, u. d. g. derselben Tha- ten und tugendhafftes Leben betrachte; definde ich, daß das gute Temperament, Education und ange- wandter Fleiß zwischen solchen und dem gemeinen Hauffen einen mächtigen Unterscheid gemachet. Also laß ich es auch gelten: daß wo Menschen der Christlichen Morale folgen, solche sich vor andern distin-
alle Religionen haltende, er einen mercklichen Un- terſcheid gewahr und uͤberzeuget werden; daß ſolche Lehre aus GOtt ſey. Dabey er ſich an keine Exempel (ſie ſeyn boͤſe oder ſchwachglaͤubige) zu kehren; als welche nicht der Religion, ſondern de- rer Menſchen verkehrten Hertzen zuzumeſſen ſind. Will er aber Exempel anſehen: ſo betrachte er ſol- che, die da redliches und aufrichtigen Hertzens ſind. Da ihn die Erfahrung und genaues Aufmercken wohl lehren wird, was vor ein Unterſcheid unter Gnade und Natur ſeye. Zumahl wo er auf die We- ge der Goͤttlichen Haußhaltung mercken und acht haben will. Wie nemlich die Goͤttliche Weißheit diejenige, welche ſie in ihre Zucht nimmt, nicht ohne mancherley Zuͤchtigungen (ſonderlich inwendig) zu dero eigenen beſten ſeyn laͤſſet. Worinnen zwar die Goͤttliche Fuͤhrungen ſehr mannigfaltig und un- terſchieden ſind: Da aber endlich das Reich GOt- tes mit ſolcher Krafft in Gerechtigkeit, Friede und Freude in dem Heiligen Geiſte ſich erweiſet; daß es auch die Pforten der Hoͤllen nicht uͤberwaͤltigen moͤgen. Nicander. Wenn ich die Geſchichte derer alten Weiſen, als Confutii, Epicteti, Socratis, Epami- nondæ, Ageſilai, Ariſtidis, u. d. g. derſelben Tha- ten und tugendhafftes Leben betrachte; definde ich, daß das gute Temperament, Education und ange- wandter Fleiß zwiſchen ſolchen und dem gemeinen Hauffen einen maͤchtigen Unterſcheid gemachet. Alſo laß ich es auch gelten: daß wo Menſchen der Chriſtlichen Morale folgen, ſolche ſich vor andern diſtin-
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alle Religionen haltende, er einen mercklichen Un-
terſcheid gewahr und uͤberzeuget werden; daß ſolche
Lehre aus GOtt ſey. Dabey er ſich an keine
Exempel (ſie ſeyn boͤſe oder ſchwachglaͤubige) zu
kehren; als welche nicht der Religion, ſondern de-
rer Menſchen verkehrten Hertzen zuzumeſſen ſind.
Will er aber Exempel anſehen: ſo betrachte er ſol-
che, die da redliches und aufrichtigen Hertzens ſind.
Da ihn die Erfahrung und genaues Aufmercken
wohl lehren wird, was vor ein Unterſcheid unter
Gnade und Natur ſeye. Zumahl wo er auf die We-
ge der Goͤttlichen Haußhaltung mercken und acht
haben will. Wie nemlich die Goͤttliche Weißheit
diejenige, welche ſie in ihre Zucht nimmt, nicht ohne
mancherley Zuͤchtigungen (ſonderlich inwendig) zu
dero eigenen beſten ſeyn laͤſſet. Worinnen zwar
die Goͤttliche Fuͤhrungen ſehr mannigfaltig und un-
terſchieden ſind: Da aber endlich das Reich GOt-
tes mit ſolcher Krafft in Gerechtigkeit, Friede und
Freude in dem Heiligen Geiſte ſich erweiſet; daß
es auch die Pforten der Hoͤllen nicht uͤberwaͤltigen
moͤgen.
Nicander. Wenn ich die Geſchichte derer alten
Weiſen, als Confutii, Epicteti, Socratis, Epami-
nondæ, Ageſilai, Ariſtidis, u. d. g. derſelben Tha-
ten und tugendhafftes Leben betrachte; definde ich,
daß das gute Temperament, Education und ange-
wandter Fleiß zwiſchen ſolchen und dem gemeinen
Hauffen einen maͤchtigen Unterſcheid gemachet.
Alſo laß ich es auch gelten: daß wo Menſchen der
Chriſtlichen Morale folgen, ſolche ſich vor andern
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