Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.

Bild:
<< vorherige Seite


haltung zeitlicher Güter und allerley Ehrbezeigun-
gen, das weiß ich. Was sie mir aber vom Reich
GOttes inwendig, oder von einer solchen Freude
sagen, welche auf keine sinnliche Objecta gerichtet
ist, sondern aus der Liebe GOttes urständen soll;
davon habe ich noch keinen Begriff; kan auch da-
von nichts sagen, sondern halte es sano sensu mit
Epicuro nach der Art, wie selbigen Gassendus und
S. Evremont unter andern vertheidiget haben: Das
höchste Gut des Menschen beruhe in voluptate ac
tranquillitate Animi.
Das ist auf gut Teutsch:
in der Wollust der Ergötzlichkeit des Gemüths.
Es werde nun dieses Vergnügen in mäßigen Essen,
Trincken, honeten Vermögen, Ehre, Spielen,
Jagen, honeter Conservation, oder dergleichen
Divertissements genossen, und in einer feinen Ab-
wechselung erhalten.
Theogenes. Der Herr Nicandar wird gar viele,
ja wohl die meiste unserer heutigen Christen finden,
welche mit ihme in der That vollkommen einig
seyn werden: wo sie schon mit Worten ein anderes
Bekänntniß ablegen. Wir wollen aber mit seiner
gütigen Erlaubniß seine Sätze zergliedern, und et-
was genauer beym Tage besehen.
Nicander. Der HErr beliebe seine Meinung nur
offenhertzig zu sagen, ich werde es bescheidentlich
und gerne hören.
Theo-


haltung zeitlicher Guͤter und allerley Ehrbezeigun-
gen, das weiß ich. Was ſie mir aber vom Reich
GOttes inwendig, oder von einer ſolchen Freude
ſagen, welche auf keine ſinnliche Objecta gerichtet
iſt, ſondern aus der Liebe GOttes urſtaͤnden ſoll;
davon habe ich noch keinen Begriff; kan auch da-
von nichts ſagen, ſondern halte es ſano ſenſu mit
Epicuro nach der Art, wie ſelbigen Gaſſendus und
S. Evremont unter andern vertheidiget haben: Das
hoͤchſte Gut des Menſchen beruhe in voluptate ac
tranquillitate Animi.
Das iſt auf gut Teutſch:
in der Wolluſt der Ergoͤtzlichkeit des Gemuͤths.
Es werde nun dieſes Vergnuͤgen in maͤßigen Eſſen,
Trincken, honeten Vermoͤgen, Ehre, Spielen,
Jagen, honeter Conſervation, oder dergleichen
Divertiſſements genoſſen, und in einer feinen Ab-
wechſelung erhalten.
Theogenes. Der Herr Nicandar wird gar viele,
ja wohl die meiſte unſerer heutigen Chriſten finden,
welche mit ihme in der That vollkommen einig
ſeyn werden: wo ſie ſchon mit Worten ein anderes
Bekaͤnntniß ablegen. Wir wollen aber mit ſeiner
guͤtigen Erlaubniß ſeine Saͤtze zergliedern, und et-
was genauer beym Tage beſehen.
Nicander. Der HErr beliebe ſeine Meinung nur
offenhertzig zu ſagen, ich werde es beſcheidentlich
und gerne hoͤren.
Theo-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <sp>
          <p><pb facs="#f0134" n="128"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
haltung zeitlicher Gu&#x0364;ter und allerley Ehrbezeigun-<lb/>
gen, das weiß ich. Was &#x017F;ie mir aber vom Reich<lb/>
GOttes inwendig, oder von einer &#x017F;olchen Freude<lb/>
&#x017F;agen, welche auf keine &#x017F;innliche <hi rendition="#aq">Objecta</hi> gerichtet<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;ondern aus der Liebe GOttes ur&#x017F;ta&#x0364;nden &#x017F;oll;<lb/>
davon habe ich noch keinen Begriff; kan auch da-<lb/>
von nichts &#x017F;agen, &#x017F;ondern halte es <hi rendition="#aq">&#x017F;ano &#x017F;en&#x017F;u</hi> mit<lb/><hi rendition="#aq">Epicuro</hi> nach der Art, wie &#x017F;elbigen <hi rendition="#aq">Ga&#x017F;&#x017F;endus</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">S. Evremont</hi> unter andern vertheidiget haben: Das<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;te Gut des Men&#x017F;chen beruhe <hi rendition="#aq">in voluptate ac<lb/>
tranquillitate Animi.</hi> Das i&#x017F;t auf gut Teut&#x017F;ch:<lb/>
in der Wollu&#x017F;t der Ergo&#x0364;tzlichkeit des Gemu&#x0364;ths.<lb/>
Es werde nun die&#x017F;es Vergnu&#x0364;gen in ma&#x0364;ßigen E&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
Trincken, <hi rendition="#aq">honeten</hi> Vermo&#x0364;gen, Ehre, Spielen,<lb/>
Jagen, <hi rendition="#aq">honeter Con&#x017F;ervation,</hi> oder dergleichen<lb/><hi rendition="#aq">Diverti&#x017F;&#x017F;ements</hi> geno&#x017F;&#x017F;en, und in einer feinen Ab-<lb/>
wech&#x017F;elung erhalten.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Theogenes.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Der Herr <hi rendition="#aq">Nicandar</hi> wird gar viele,<lb/>
ja wohl die mei&#x017F;te un&#x017F;erer heutigen Chri&#x017F;ten finden,<lb/>
welche mit ihme in der That vollkommen einig<lb/>
&#x017F;eyn werden: wo &#x017F;ie &#x017F;chon mit Worten ein anderes<lb/>
Beka&#x0364;nntniß ablegen. Wir wollen aber mit &#x017F;einer<lb/>
gu&#x0364;tigen Erlaubniß &#x017F;eine Sa&#x0364;tze zergliedern, und et-<lb/>
was genauer beym Tage be&#x017F;ehen.</p>
        </sp><lb/>
        <sp>
          <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Nicander.</hi> </hi> </speaker>
          <p>Der HErr beliebe &#x017F;eine Meinung nur<lb/>
offenhertzig zu &#x017F;agen, ich werde es be&#x017F;cheidentlich<lb/>
und gerne ho&#x0364;ren.</p>
        </sp><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Theo-</hi> </hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[128/0134] haltung zeitlicher Guͤter und allerley Ehrbezeigun- gen, das weiß ich. Was ſie mir aber vom Reich GOttes inwendig, oder von einer ſolchen Freude ſagen, welche auf keine ſinnliche Objecta gerichtet iſt, ſondern aus der Liebe GOttes urſtaͤnden ſoll; davon habe ich noch keinen Begriff; kan auch da- von nichts ſagen, ſondern halte es ſano ſenſu mit Epicuro nach der Art, wie ſelbigen Gaſſendus und S. Evremont unter andern vertheidiget haben: Das hoͤchſte Gut des Menſchen beruhe in voluptate ac tranquillitate Animi. Das iſt auf gut Teutſch: in der Wolluſt der Ergoͤtzlichkeit des Gemuͤths. Es werde nun dieſes Vergnuͤgen in maͤßigen Eſſen, Trincken, honeten Vermoͤgen, Ehre, Spielen, Jagen, honeter Conſervation, oder dergleichen Divertiſſements genoſſen, und in einer feinen Ab- wechſelung erhalten. Theogenes. Der Herr Nicandar wird gar viele, ja wohl die meiſte unſerer heutigen Chriſten finden, welche mit ihme in der That vollkommen einig ſeyn werden: wo ſie ſchon mit Worten ein anderes Bekaͤnntniß ablegen. Wir wollen aber mit ſeiner guͤtigen Erlaubniß ſeine Saͤtze zergliedern, und et- was genauer beym Tage beſehen. Nicander. Der HErr beliebe ſeine Meinung nur offenhertzig zu ſagen, ich werde es beſcheidentlich und gerne hoͤren. Theo-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737/134
Zitationshilfe: Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737. , S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/modestinus_unterredungen_1737/134>, abgerufen am 05.12.2024.