Modestinus, Theophilus: Freymüthige Doch Bescheidene Unterredungen Von Kirchen- Religions- Politischen- und Natur-Sachen. Frankfurt (Main) u. a., 1737.Man kan ja nicht immer an himmlische Dinge gedencken: man muß ja auch seine Beruffs-Ge- schäffte beobachten und nicht hindan setzen; son- sten würde es in unsern Haußhaltungen öffters wunderlich aussehen. Modestin. Mein lieber Herr Alamodan! das ist auch unsere Meinung gar nicht: daß man alle äusserliche Beruffs-Geschäffte hindan setze und ver- wahrlose. Nur ist sich dabey wohl zu prüfen: wohin das Hertz sich am meisten lencke. Denn wo unser Schatz ist, was wir hoch schätzen und lieben: da ist unser Hertz, unser Tichten, Trachten und Verlangen. Unser eigen Gewissen gibt es uns leicht zu erkennen: ob Ehre, Reichthum, zeitlich Wolleben und dergleichen; oder ob das Reich GOttes der Haupt-Magnet sey, der uns ziehet. Ueberdis ist auch wohl zu erwegen: ob das, was wir die Geschäffte unseres Beruffs nennen, ein solches Geschäffte sey, dadurch wir auch unsern Nächsten in Göttlichem Gehorsam und Liebe wahr- hafftig dienen. Welchergestalt auch die äusser- liche Beruffs-Geschäffte eine Gottesdienstliche oder Gottgefällige Arbeit und Bemühung genannt wer- den können, und in der That sind. Nicander. welcher bishero zugehöret hatte, fin- ge nach seiner Weise an, seine Dubia vorzubrin- gen, sagende: Was ich hier vergnügendes genies- se; in Essen, Trincken, Spielen, Erwerb- und Er- haltung
Man kan ja nicht immer an himmliſche Dinge gedencken: man muß ja auch ſeine Beruffs-Ge- ſchaͤffte beobachten und nicht hindan ſetzen; ſon- ſten wuͤrde es in unſern Haußhaltungen oͤffters wunderlich ausſehen. Modeſtin. Mein lieber Herr Alamodan! das iſt auch unſere Meinung gar nicht: daß man alle aͤuſſerliche Beruffs-Geſchaͤffte hindan ſetze und ver- wahrloſe. Nur iſt ſich dabey wohl zu pruͤfen: wohin das Hertz ſich am meiſten lencke. Denn wo unſer Schatz iſt, was wir hoch ſchaͤtzen und lieben: da iſt unſer Hertz, unſer Tichten, Trachten und Verlangen. Unſer eigen Gewiſſen gibt es uns leicht zu erkennen: ob Ehre, Reichthum, zeitlich Wolleben und dergleichen; oder ob das Reich GOttes der Haupt-Magnet ſey, der uns ziehet. Ueberdis iſt auch wohl zu erwegen: ob das, was wir die Geſchaͤffte unſeres Beruffs nennen, ein ſolches Geſchaͤffte ſey, dadurch wir auch unſern Naͤchſten in Goͤttlichem Gehorſam und Liebe wahr- hafftig dienen. Welchergeſtalt auch die aͤuſſer- liche Beruffs-Geſchaͤffte eine Gottesdienſtliche oder Gottgefaͤllige Arbeit und Bemuͤhung genannt wer- den koͤnnen, und in der That ſind. Nicander. welcher bishero zugehoͤret hatte, fin- ge nach ſeiner Weiſe an, ſeine Dubia vorzubrin- gen, ſagende: Was ich hier vergnuͤgendes genieſ- ſe; in Eſſen, Trincken, Spielen, Erwerb- und Er- haltung
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Man kan ja nicht immer an himmliſche Dinge
gedencken: man muß ja auch ſeine Beruffs-Ge-
ſchaͤffte beobachten und nicht hindan ſetzen; ſon-
ſten wuͤrde es in unſern Haußhaltungen oͤffters
wunderlich ausſehen.
Modeſtin. Mein lieber Herr Alamodan! das iſt
auch unſere Meinung gar nicht: daß man alle
aͤuſſerliche Beruffs-Geſchaͤffte hindan ſetze und ver-
wahrloſe. Nur iſt ſich dabey wohl zu pruͤfen:
wohin das Hertz ſich am meiſten lencke. Denn
wo unſer Schatz iſt, was wir hoch ſchaͤtzen und
lieben: da iſt unſer Hertz, unſer Tichten, Trachten
und Verlangen. Unſer eigen Gewiſſen gibt es uns
leicht zu erkennen: ob Ehre, Reichthum, zeitlich
Wolleben und dergleichen; oder ob das Reich
GOttes der Haupt-Magnet ſey, der uns ziehet.
Ueberdis iſt auch wohl zu erwegen: ob das, was
wir die Geſchaͤffte unſeres Beruffs nennen, ein
ſolches Geſchaͤffte ſey, dadurch wir auch unſern
Naͤchſten in Goͤttlichem Gehorſam und Liebe wahr-
hafftig dienen. Welchergeſtalt auch die aͤuſſer-
liche Beruffs-Geſchaͤffte eine Gottesdienſtliche oder
Gottgefaͤllige Arbeit und Bemuͤhung genannt wer-
den koͤnnen, und in der That ſind.
Nicander. welcher bishero zugehoͤret hatte, fin-
ge nach ſeiner Weiſe an, ſeine Dubia vorzubrin-
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ſe; in Eſſen, Trincken, Spielen, Erwerb- und Er-
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