Beystehn können. Doch wenn dich vielleicht die ermüdende Wollust Dieses beständigen Umgangs sättigt, so sey dir, o Eva, Eine kurze Scheidung erlaubt; die beste Gesellschaft Jst die Einsamkeit oft; nach einer kurzen Entfernung 265Wünscht man noch mehr, sich wieder zu sehn. Doch faßt mich indessen Noch ein andres Bedenken; dir möcht ein Unglück begegnen, Wenn du entfernt bist von mir. Du weißt es, wie sehr wir gewarnt sind; Was für ein grimmiger Feind, der unser Glücke beneidet, Und an seinem eignen verzagt, mit heimlichen Listen 270Uns in Unglück und Schande zu stürzen bemüht ist. Er lauret Ohne Zweifel hier um uns herum, in schmeichelnder Hoffnung, Uns von einander getrennt zu finden; sein größester Vortheil, Und sein einziger Wunsch. Denn sind wir beysammen, so darf er Sich, uns zu betriegen, nicht schmeicheln, indem wir vereinet, 275Uns, wenns nöthig ist, schleunig einander zu helfen, geschickt sind. Und sein erster Entwurf sey nun, die Pflicht zu entkräften, Die wir dem Schöpfer gelobt; wo nicht, doch neidisch die Freuden Unsrer ehlichen Liebe zu stören, da keines von unserm Jrdischen Glücke vielleicht ihn mehr zum Neide beweget; -- 280Kurz, dieß sey es, oder was ärgers, so weiche du niemals Von der getreuen Seite, woraus du dein Wesen empfangen, Welche dich immer bedeckt und beschirmt. Wenn Schand und Gefahren Einer Frau drohn, bleibt sie am besten, am sichersten immer Bey dem Maune, welcher voll Muth und Treue sie schützet; 285Oder auch stets, das schlimmste mit ihr zu erfahren, bereit ist.
Die
Das verlohrne Paradies.
Beyſtehn koͤnnen. Doch wenn dich vielleicht die ermuͤdende Wolluſt Dieſes beſtaͤndigen Umgangs ſaͤttigt, ſo ſey dir, o Eva, Eine kurze Scheidung erlaubt; die beſte Geſellſchaft Jſt die Einſamkeit oft; nach einer kurzen Entfernung 265Wuͤnſcht man noch mehr, ſich wieder zu ſehn. Doch faßt mich indeſſen Noch ein andres Bedenken; dir moͤcht ein Ungluͤck begegnen, Wenn du entfernt biſt von mir. Du weißt es, wie ſehr wir gewarnt ſind; Was fuͤr ein grimmiger Feind, der unſer Gluͤcke beneidet, Und an ſeinem eignen verzagt, mit heimlichen Liſten 270Uns in Ungluͤck und Schande zu ſtuͤrzen bemuͤht iſt. Er lauret Ohne Zweifel hier um uns herum, in ſchmeichelnder Hoffnung, Uns von einander getrennt zu finden; ſein groͤßeſter Vortheil, Und ſein einziger Wunſch. Denn ſind wir beyſammen, ſo darf er Sich, uns zu betriegen, nicht ſchmeicheln, indem wir vereinet, 275Uns, wenns noͤthig iſt, ſchleunig einander zu helfen, geſchickt ſind. Und ſein erſter Entwurf ſey nun, die Pflicht zu entkraͤften, Die wir dem Schoͤpfer gelobt; wo nicht, doch neidiſch die Freuden Unſrer ehlichen Liebe zu ſtoͤren, da keines von unſerm Jrdiſchen Gluͤcke vielleicht ihn mehr zum Neide beweget; — 280Kurz, dieß ſey es, oder was aͤrgers, ſo weiche du niemals Von der getreuen Seite, woraus du dein Weſen empfangen, Welche dich immer bedeckt und beſchirmt. Wenn Schand und Gefahren Einer Frau drohn, bleibt ſie am beſten, am ſicherſten immer Bey dem Maune, welcher voll Muth und Treue ſie ſchuͤtzet; 285Oder auch ſtets, das ſchlimmſte mit ihr zu erfahren, bereit iſt.
Die
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Das verlohrne Paradies.
Beyſtehn koͤnnen. Doch wenn dich vielleicht die ermuͤdende Wolluſt
Dieſes beſtaͤndigen Umgangs ſaͤttigt, ſo ſey dir, o Eva,
Eine kurze Scheidung erlaubt; die beſte Geſellſchaft
Jſt die Einſamkeit oft; nach einer kurzen Entfernung
Wuͤnſcht man noch mehr, ſich wieder zu ſehn. Doch faßt mich indeſſen
Noch ein andres Bedenken; dir moͤcht ein Ungluͤck begegnen,
Wenn du entfernt biſt von mir. Du weißt es, wie ſehr wir gewarnt ſind;
Was fuͤr ein grimmiger Feind, der unſer Gluͤcke beneidet,
Und an ſeinem eignen verzagt, mit heimlichen Liſten
Uns in Ungluͤck und Schande zu ſtuͤrzen bemuͤht iſt. Er lauret
Ohne Zweifel hier um uns herum, in ſchmeichelnder Hoffnung,
Uns von einander getrennt zu finden; ſein groͤßeſter Vortheil,
Und ſein einziger Wunſch. Denn ſind wir beyſammen, ſo darf er
Sich, uns zu betriegen, nicht ſchmeicheln, indem wir vereinet,
Uns, wenns noͤthig iſt, ſchleunig einander zu helfen, geſchickt ſind.
Und ſein erſter Entwurf ſey nun, die Pflicht zu entkraͤften,
Die wir dem Schoͤpfer gelobt; wo nicht, doch neidiſch die Freuden
Unſrer ehlichen Liebe zu ſtoͤren, da keines von unſerm
Jrdiſchen Gluͤcke vielleicht ihn mehr zum Neide beweget; —
Kurz, dieß ſey es, oder was aͤrgers, ſo weiche du niemals
Von der getreuen Seite, woraus du dein Weſen empfangen,
Welche dich immer bedeckt und beſchirmt. Wenn Schand und Gefahren
Einer Frau drohn, bleibt ſie am beſten, am ſicherſten immer
Bey dem Maune, welcher voll Muth und Treue ſie ſchuͤtzet;
Oder auch ſtets, das ſchlimmſte mit ihr zu erfahren, bereit iſt.
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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/98>, abgerufen am 25.07.2024.
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