Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.
Adam K 2
Adam K 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="4"> <l> <pb facs="#f0095" n="75"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Neunter Geſang.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Und er fand ſie gar bald, feſt eingeſchlafen, in Ringen</l><lb/> <l>Labyrinthiſcher ſchmeidger Gelenke zuſammengerollet;</l><lb/> <l>Jn der Mitten ihr Haupt, zu reich nur mit Liſten verſehen.</l><lb/> <l>Und noch ſchlief ſie, nicht ſo wie itzt, in duͤſteren Hoͤlen,<lb/><note place="left">195</note>Oder ſchrecklichen Schatten; vielmehr unſchaͤdlich, in zarten</l><lb/> <l>Blumichten Kraͤutern; ohne Furcht, von niemand gefuͤrchtet.<lb/><hi rendition="#fr">Satan</hi> ſchluͤpft ihr zum Munde hinein, bemaͤchtigt ſogleich ſich</l><lb/> <l>Jhrer viehiſchen Sinnen; des Herzens und Haupts, und begeiſtert</l><lb/> <l>Mit Verſtandeskraͤften das Thier. Doch wartet er ruhig,<lb/><note place="left">200</note>Ohne ſie in dem Schlafe zu ſtoͤren, der Ankunft des Morgens.</l><lb/> <l>Als das heilige Licht nun uͤber <hi rendition="#fr">Edens</hi> bethauten,</l><lb/> <l>Duftenden Fluren zu tagen begann, die den Weyhrauch des Morgens</l><lb/> <l>Jtzt aushauchten; und alle Dinge, die Wohlgeruch duͤnſten,</l><lb/> <l>Von dem großen Altare der Erd’ ihr ſchweigendes Loblied<lb/><note place="left">205</note>Himmelauf ſandten zum Schoͤpfer, und ſeine Naſe mit ſuͤßen</l><lb/> <l>Lieblichen Duͤften erfuͤllten; da kam das menſchliche Paar auch</l><lb/> <l>Aus der Laube heraus, und fuͤgte die Stimme des Lobes</l><lb/> <l>Zum verehrenden Chor der ſtimmeberaubten Geſchoͤpfe.</l><lb/> <l>Sie genoſſen darauf der Morgenſtunde, wo Luͤfte,<lb/><note place="left">210</note>Und Geruch’ am lieblichſten ſind, und beſprachen ſich, wie ſie</l><lb/> <l>Dieſen Tag auch die Arbeit, die wuchs, am leichtſten vollbraͤchten.</l><lb/> <l>Denn die Arbeit mehrete ſich zu ſtark fuͤr die Haͤnde</l><lb/> <l>Zweyer Perſonen, deren Gebieth ſo weit ſich erſtreckte.<lb/><hi rendition="#fr">Eva</hi> ſagte drauf alſo zuerſt zu ihrem Gemahle.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="sig">K 2</fw> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Adam</hi> </fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [75/0095]
Neunter Geſang.
Und er fand ſie gar bald, feſt eingeſchlafen, in Ringen
Labyrinthiſcher ſchmeidger Gelenke zuſammengerollet;
Jn der Mitten ihr Haupt, zu reich nur mit Liſten verſehen.
Und noch ſchlief ſie, nicht ſo wie itzt, in duͤſteren Hoͤlen,
Oder ſchrecklichen Schatten; vielmehr unſchaͤdlich, in zarten
Blumichten Kraͤutern; ohne Furcht, von niemand gefuͤrchtet.
Satan ſchluͤpft ihr zum Munde hinein, bemaͤchtigt ſogleich ſich
Jhrer viehiſchen Sinnen; des Herzens und Haupts, und begeiſtert
Mit Verſtandeskraͤften das Thier. Doch wartet er ruhig,
Ohne ſie in dem Schlafe zu ſtoͤren, der Ankunft des Morgens.
Als das heilige Licht nun uͤber Edens bethauten,
Duftenden Fluren zu tagen begann, die den Weyhrauch des Morgens
Jtzt aushauchten; und alle Dinge, die Wohlgeruch duͤnſten,
Von dem großen Altare der Erd’ ihr ſchweigendes Loblied
Himmelauf ſandten zum Schoͤpfer, und ſeine Naſe mit ſuͤßen
Lieblichen Duͤften erfuͤllten; da kam das menſchliche Paar auch
Aus der Laube heraus, und fuͤgte die Stimme des Lobes
Zum verehrenden Chor der ſtimmeberaubten Geſchoͤpfe.
Sie genoſſen darauf der Morgenſtunde, wo Luͤfte,
Und Geruch’ am lieblichſten ſind, und beſprachen ſich, wie ſie
Dieſen Tag auch die Arbeit, die wuchs, am leichtſten vollbraͤchten.
Denn die Arbeit mehrete ſich zu ſtark fuͤr die Haͤnde
Zweyer Perſonen, deren Gebieth ſo weit ſich erſtreckte.
Eva ſagte drauf alſo zuerſt zu ihrem Gemahle.
Adam
K 2
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