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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

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Achter Gesang.

Wahre Liebe besteht nicht hierinn; den thierschen Gedanken
Reinigt die Lieb', und erweitert das Herz zum Edlen; sie wohnet
595Jn der Vernunft, und urtheilt; sie ist die Leiter, auf der du

Zu der himmlischen Liebe hinaufzusteigen gelehrt wirst.
Aber du sollst nicht in fleischlicher Lust versinken; denn darum
Wurde keine Gattinn für dich bey den Thieren gefunden.

Halbbeschämt, erwiedert ihm drauf der Erste der Menschen.
600Weder ihr Aeußeres, welches so schön ist, noch irgend was sinnlichs,

Jn der Liebe Genuß, das auch den Thieren gemein ist,
(Ob vom Ehebett' gleich mit größerer Achtung ich denke,

Und mit geheimnißvoller Verehrung;) gewährt mir die Freuden,
Die mir ihr edler Anstand ertheilt, und alle die Reize,
605Welche jegliches Wort, und jegliche Handlung begleiten,

Mit der gefälligsten Liebe vermischt, die ohne Verstellung
Zeiget, daß uns Ein Herz und Eine Seele vereinet.
Solche beglückte harmonische Liebe Verlobter zu sehen,
Jst noch lieblicher, als dem Gehör melodische Töne.
610Doch dieß alles verblendet mich nicht. Das, was ich empfinde,

Hab' ich vertraut dir entdeckt, doch werd ich dadurch nicht beherrschet.
Mancherley Dinge stoßen mir auf, die alle verschieden
Meine Sinnen mir zeigen; doch wähl' ich von ihnen mit Freyheit
Jmmer das Best' allein, und thu nur, was ich gebilligt.
615Daß ich liebe, tadelst du nicht; du sagst mir, die Liebe

Leite zum Himmel, und sey dazu der Weg und der Führer;
Sage
H 3

Achter Geſang.

Wahre Liebe beſteht nicht hierinn; den thierſchen Gedanken
Reinigt die Lieb’, und erweitert das Herz zum Edlen; ſie wohnet
595Jn der Vernunft, und urtheilt; ſie iſt die Leiter, auf der du

Zu der himmliſchen Liebe hinaufzuſteigen gelehrt wirſt.
Aber du ſollſt nicht in fleiſchlicher Luſt verſinken; denn darum
Wurde keine Gattinn fuͤr dich bey den Thieren gefunden.

Halbbeſchaͤmt, erwiedert ihm drauf der Erſte der Menſchen.
600Weder ihr Aeußeres, welches ſo ſchoͤn iſt, noch irgend was ſinnlichs,

Jn der Liebe Genuß, das auch den Thieren gemein iſt,
(Ob vom Ehebett’ gleich mit groͤßerer Achtung ich denke,

Und mit geheimnißvoller Verehrung;) gewaͤhrt mir die Freuden,
Die mir ihr edler Anſtand ertheilt, und alle die Reize,
605Welche jegliches Wort, und jegliche Handlung begleiten,

Mit der gefaͤlligſten Liebe vermiſcht, die ohne Verſtellung
Zeiget, daß uns Ein Herz und Eine Seele vereinet.
Solche begluͤckte harmoniſche Liebe Verlobter zu ſehen,
Jſt noch lieblicher, als dem Gehoͤr melodiſche Toͤne.
610Doch dieß alles verblendet mich nicht. Das, was ich empfinde,

Hab’ ich vertraut dir entdeckt, doch werd ich dadurch nicht beherrſchet.
Mancherley Dinge ſtoßen mir auf, die alle verſchieden
Meine Sinnen mir zeigen; doch waͤhl’ ich von ihnen mit Freyheit
Jmmer das Beſt’ allein, und thu nur, was ich gebilligt.
615Daß ich liebe, tadelſt du nicht; du ſagſt mir, die Liebe

Leite zum Himmel, und ſey dazu der Weg und der Fuͤhrer;
Sage
H 3
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[61/0079] Achter Geſang. Wahre Liebe beſteht nicht hierinn; den thierſchen Gedanken Reinigt die Lieb’, und erweitert das Herz zum Edlen; ſie wohnet Jn der Vernunft, und urtheilt; ſie iſt die Leiter, auf der du Zu der himmliſchen Liebe hinaufzuſteigen gelehrt wirſt. Aber du ſollſt nicht in fleiſchlicher Luſt verſinken; denn darum Wurde keine Gattinn fuͤr dich bey den Thieren gefunden. Halbbeſchaͤmt, erwiedert ihm drauf der Erſte der Menſchen. Weder ihr Aeußeres, welches ſo ſchoͤn iſt, noch irgend was ſinnlichs, Jn der Liebe Genuß, das auch den Thieren gemein iſt, (Ob vom Ehebett’ gleich mit groͤßerer Achtung ich denke, Und mit geheimnißvoller Verehrung;) gewaͤhrt mir die Freuden, Die mir ihr edler Anſtand ertheilt, und alle die Reize, Welche jegliches Wort, und jegliche Handlung begleiten, Mit der gefaͤlligſten Liebe vermiſcht, die ohne Verſtellung Zeiget, daß uns Ein Herz und Eine Seele vereinet. Solche begluͤckte harmoniſche Liebe Verlobter zu ſehen, Jſt noch lieblicher, als dem Gehoͤr melodiſche Toͤne. Doch dieß alles verblendet mich nicht. Das, was ich empfinde, Hab’ ich vertraut dir entdeckt, doch werd ich dadurch nicht beherrſchet. Mancherley Dinge ſtoßen mir auf, die alle verſchieden Meine Sinnen mir zeigen; doch waͤhl’ ich von ihnen mit Freyheit Jmmer das Beſt’ allein, und thu nur, was ich gebilligt. Daß ich liebe, tadelſt du nicht; du ſagſt mir, die Liebe Leite zum Himmel, und ſey dazu der Weg und der Fuͤhrer; Sage H 3

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/79>, abgerufen am 30.11.2024.