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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

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Achter Gesang.

Und bepflanz' es nach deinem Gefallen, und iß von den Früchten,
Jß von allen Bäumen des Gartens, mit fröhlichem Herzen,
Und in voller Freyheit, und fürchte dich hier nicht vor Mangel,
Aber vom Baum, durch den die Erkenntniß des Guten und Bösen
325Jn dir gewirkt wird, und den ich zunächst beym Baume des Lebens,

Als ein Pfand von deinem Glauben, und deinem Gehorsam,
Mitten im Garten gepflanzt, von diesem, (merke die Warnung,
Die ich dir gebe;) von diesem iß nicht, und scheue die Folge,
Scheue die bittere Folge! denn welches Tages du von ihm
330Essen, und dieß mein einzigs Geboth verwirken wirst; sollst du

Unausbleiblich sterben; sollst, von demselbigen Tag an
Sterblich geworden, sogleich dein irdisches Glück hier verlieren,
Ausgetrieben von hier in eine Wohnung des Jammers
Und des Elends! -- Ernstlich sprach Er das strenge Verboth aus:
335Fürchterlich schallt es noch itzt in meinen erschrockenen Ohren,

Ob es in meinem Willen gleich steht, die schreckliche Strafe
Nie zu erfahren. Doch nahm er bald sein freundliches Antlitz
Wiederum an sich, und sprach aufs neu mit gnädigen Worten:
Nicht nur diese herrliche Gegend -- die ganze Erde
340Geb ich dir, und deinem Geschlecht; beherrscht sie, als Herren!

Euer sey alles, was auf ihr lebt, und alles, was lebet
Jn der Luft und im Meer; die Thiere, die Fische, die Vögel.
Und zum Zeichen soll jegliches Thier, soll jeglicher Vogel,
Jedes nach seiner Art, vor dir erscheinen; ich will sie
345Vor dich bringen, auf daß du sie alle mit Namen benennest,

Und sie mit tiefer Verehrung dir ihre Huldigung leisten.

Dieses
II. Theil. G

Achter Geſang.

Und bepflanz’ es nach deinem Gefallen, und iß von den Fruͤchten,
Jß von allen Baͤumen des Gartens, mit froͤhlichem Herzen,
Und in voller Freyheit, und fuͤrchte dich hier nicht vor Mangel,
Aber vom Baum, durch den die Erkenntniß des Guten und Boͤſen
325Jn dir gewirkt wird, und den ich zunaͤchſt beym Baume des Lebens,

Als ein Pfand von deinem Glauben, und deinem Gehorſam,
Mitten im Garten gepflanzt, von dieſem, (merke die Warnung,
Die ich dir gebe;) von dieſem iß nicht, und ſcheue die Folge,
Scheue die bittere Folge! denn welches Tages du von ihm
330Eſſen, und dieß mein einzigs Geboth verwirken wirſt; ſollſt du

Unausbleiblich ſterben; ſollſt, von demſelbigen Tag an
Sterblich geworden, ſogleich dein irdiſches Gluͤck hier verlieren,
Ausgetrieben von hier in eine Wohnung des Jammers
Und des Elends! — Ernſtlich ſprach Er das ſtrenge Verboth aus:
335Fuͤrchterlich ſchallt es noch itzt in meinen erſchrockenen Ohren,

Ob es in meinem Willen gleich ſteht, die ſchreckliche Strafe
Nie zu erfahren. Doch nahm er bald ſein freundliches Antlitz
Wiederum an ſich, und ſprach aufs neu mit gnaͤdigen Worten:
Nicht nur dieſe herrliche Gegend — die ganze Erde
340Geb ich dir, und deinem Geſchlecht; beherrſcht ſie, als Herren!

Euer ſey alles, was auf ihr lebt, und alles, was lebet
Jn der Luft und im Meer; die Thiere, die Fiſche, die Voͤgel.
Und zum Zeichen ſoll jegliches Thier, ſoll jeglicher Vogel,
Jedes nach ſeiner Art, vor dir erſcheinen; ich will ſie
345Vor dich bringen, auf daß du ſie alle mit Namen benenneſt,

Und ſie mit tiefer Verehrung dir ihre Huldigung leiſten.

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II. Theil. G
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[49/0067] Achter Geſang. Und bepflanz’ es nach deinem Gefallen, und iß von den Fruͤchten, Jß von allen Baͤumen des Gartens, mit froͤhlichem Herzen, Und in voller Freyheit, und fuͤrchte dich hier nicht vor Mangel, Aber vom Baum, durch den die Erkenntniß des Guten und Boͤſen Jn dir gewirkt wird, und den ich zunaͤchſt beym Baume des Lebens, Als ein Pfand von deinem Glauben, und deinem Gehorſam, Mitten im Garten gepflanzt, von dieſem, (merke die Warnung, Die ich dir gebe;) von dieſem iß nicht, und ſcheue die Folge, Scheue die bittere Folge! denn welches Tages du von ihm Eſſen, und dieß mein einzigs Geboth verwirken wirſt; ſollſt du Unausbleiblich ſterben; ſollſt, von demſelbigen Tag an Sterblich geworden, ſogleich dein irdiſches Gluͤck hier verlieren, Ausgetrieben von hier in eine Wohnung des Jammers Und des Elends! — Ernſtlich ſprach Er das ſtrenge Verboth aus: Fuͤrchterlich ſchallt es noch itzt in meinen erſchrockenen Ohren, Ob es in meinem Willen gleich ſteht, die ſchreckliche Strafe Nie zu erfahren. Doch nahm er bald ſein freundliches Antlitz Wiederum an ſich, und ſprach aufs neu mit gnaͤdigen Worten: Nicht nur dieſe herrliche Gegend — die ganze Erde Geb ich dir, und deinem Geſchlecht; beherrſcht ſie, als Herren! Euer ſey alles, was auf ihr lebt, und alles, was lebet Jn der Luft und im Meer; die Thiere, die Fiſche, die Voͤgel. Und zum Zeichen ſoll jegliches Thier, ſoll jeglicher Vogel, Jedes nach ſeiner Art, vor dir erſcheinen; ich will ſie Vor dich bringen, auf daß du ſie alle mit Namen benenneſt, Und ſie mit tiefer Verehrung dir ihre Huldigung leiſten. Dieſes II. Theil. G

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/67>, abgerufen am 05.12.2024.