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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

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Achter Gesang.

Still nachsinnend vertieste. Da Eva dieses bemerkte [Spaltenumbruch] b),
40Stand sie von ihrem Sitz, worauf sie etwas entfernter

Jhm im Gesicht saß, auf, mit majestätischer Demuth,
Und mit solcher Schönheit geschmückt, daß, wer sie nur sahe,
Bey sich den Wunsch that, daß sie zu bleiben würdigen möchte.
Reizend wandelt sie fort zu ihren Früchten und Blumen,
45Jhrem süßen Geschäffte, zu sehn, wie Knospen und Blüthen

Vorgesproßt; freudiger lachten bey ihrer Ankunft die Blumen,
Und entfalteten sich durch ihre Berührung geschwinder.
Doch entfernte sie darum sich nicht, als ob sie an solchen
Ernsten erhabnen Reden sich nicht zu ergötzen vermöchte,
50Oder als wären sie für sie zu hoch; nein, dieses Vergnügen

Sparte sie sich auf künftige Zeit, wenn sie es alleine
Hören würde von Adam; sie zog die Erzählung des Mannes
Eines Engels Erzählung vor, und wollte viel lieber
Adam drum fragen. Jhr war schon bekannt, mit welcher Verändr[u]ng
55Er die süßen Gespräche mit ihr zu erheitern gewohnt war,

Und mit welchem gefälligen Scherz er, was ihr zu hoch schien,
Jhr erklärte. Von seinen Lippen gefielen ihr Worte
Nicht ganz allein. O! wenn kömmt itzt, voll Freundschaft und Liebe,
So ein glücklich vereinigtes Paar, wie dieses, zusammen?
60Und nun gieng sie, wie eine Göttinn, mit hohem Betragen,

Und nicht ohne Begleitung, fort; von einem Gefolge

Siegen-
b) Was für ein anmuthiges Gemälde
entwirft uns hier der Dichter von der
Eva! Sie bleibt nur so lange, als der
Engel und ihr Gemahl von Dingen re-
[Spaltenumbruch] den, die ihr nützlich seyn konnten: so bald
sie aber sich in tiefsinnige verwickelte Ma-
terien einlassen, entfernt sie sich voller
Wohlanständigkeit. N.
E 3

Achter Geſang.

Still nachſinnend vertieſte. Da Eva dieſes bemerkte [Spaltenumbruch] b),
40Stand ſie von ihrem Sitz, worauf ſie etwas entfernter

Jhm im Geſicht ſaß, auf, mit majeſtaͤtiſcher Demuth,
Und mit ſolcher Schoͤnheit geſchmuͤckt, daß, wer ſie nur ſahe,
Bey ſich den Wunſch that, daß ſie zu bleiben wuͤrdigen moͤchte.
Reizend wandelt ſie fort zu ihren Fruͤchten und Blumen,
45Jhrem ſuͤßen Geſchaͤffte, zu ſehn, wie Knoſpen und Bluͤthen

Vorgeſproßt; freudiger lachten bey ihrer Ankunft die Blumen,
Und entfalteten ſich durch ihre Beruͤhrung geſchwinder.
Doch entfernte ſie darum ſich nicht, als ob ſie an ſolchen
Ernſten erhabnen Reden ſich nicht zu ergoͤtzen vermoͤchte,
50Oder als waͤren ſie fuͤr ſie zu hoch; nein, dieſes Vergnuͤgen

Sparte ſie ſich auf kuͤnftige Zeit, wenn ſie es alleine
Hoͤren wuͤrde von Adam; ſie zog die Erzaͤhlung des Mannes
Eines Engels Erzaͤhlung vor, und wollte viel lieber
Adam drum fragen. Jhr war ſchon bekannt, mit welcher Veraͤndr[u]ng
55Er die ſuͤßen Geſpraͤche mit ihr zu erheitern gewohnt war,

Und mit welchem gefaͤlligen Scherz er, was ihr zu hoch ſchien,
Jhr erklaͤrte. Von ſeinen Lippen gefielen ihr Worte
Nicht ganz allein. O! wenn koͤmmt itzt, voll Freundſchaft und Liebe,
So ein gluͤcklich vereinigtes Paar, wie dieſes, zuſammen?
60Und nun gieng ſie, wie eine Goͤttinn, mit hohem Betragen,

Und nicht ohne Begleitung, fort; von einem Gefolge

Siegen-
b) Was fuͤr ein anmuthiges Gemaͤlde
entwirft uns hier der Dichter von der
Eva! Sie bleibt nur ſo lange, als der
Engel und ihr Gemahl von Dingen re-
[Spaltenumbruch] den, die ihr nuͤtzlich ſeyn konnten: ſo bald
ſie aber ſich in tiefſinnige verwickelte Ma-
terien einlaſſen, entfernt ſie ſich voller
Wohlanſtaͤndigkeit. N.
E 3
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[37/0055] Achter Geſang. Still nachſinnend vertieſte. Da Eva dieſes bemerkte b), Stand ſie von ihrem Sitz, worauf ſie etwas entfernter Jhm im Geſicht ſaß, auf, mit majeſtaͤtiſcher Demuth, Und mit ſolcher Schoͤnheit geſchmuͤckt, daß, wer ſie nur ſahe, Bey ſich den Wunſch that, daß ſie zu bleiben wuͤrdigen moͤchte. Reizend wandelt ſie fort zu ihren Fruͤchten und Blumen, Jhrem ſuͤßen Geſchaͤffte, zu ſehn, wie Knoſpen und Bluͤthen Vorgeſproßt; freudiger lachten bey ihrer Ankunft die Blumen, Und entfalteten ſich durch ihre Beruͤhrung geſchwinder. Doch entfernte ſie darum ſich nicht, als ob ſie an ſolchen Ernſten erhabnen Reden ſich nicht zu ergoͤtzen vermoͤchte, Oder als waͤren ſie fuͤr ſie zu hoch; nein, dieſes Vergnuͤgen Sparte ſie ſich auf kuͤnftige Zeit, wenn ſie es alleine Hoͤren wuͤrde von Adam; ſie zog die Erzaͤhlung des Mannes Eines Engels Erzaͤhlung vor, und wollte viel lieber Adam drum fragen. Jhr war ſchon bekannt, mit welcher Veraͤndrung Er die ſuͤßen Geſpraͤche mit ihr zu erheitern gewohnt war, Und mit welchem gefaͤlligen Scherz er, was ihr zu hoch ſchien, Jhr erklaͤrte. Von ſeinen Lippen gefielen ihr Worte Nicht ganz allein. O! wenn koͤmmt itzt, voll Freundſchaft und Liebe, So ein gluͤcklich vereinigtes Paar, wie dieſes, zuſammen? Und nun gieng ſie, wie eine Goͤttinn, mit hohem Betragen, Und nicht ohne Begleitung, fort; von einem Gefolge Siegen- b) Was fuͤr ein anmuthiges Gemaͤlde entwirft uns hier der Dichter von der Eva! Sie bleibt nur ſo lange, als der Engel und ihr Gemahl von Dingen re- den, die ihr nuͤtzlich ſeyn konnten: ſo bald ſie aber ſich in tiefſinnige verwickelte Ma- terien einlaſſen, entfernt ſie ſich voller Wohlanſtaͤndigkeit. N. E 3

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/55>, abgerufen am 04.05.2024.