Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

Bild:
<< vorherige Seite

Das verlohrne Paradies.

Riesen von mächtger Gestalt, und voll verwegner Entwürfe.
Einige schwingen die glänzenden Waffen; die anderen tummeln
680Das wildschäumende Roß, theils einzeln, oder in Schaaren:

Keine müßige Musterung wars. Ein muthiger Haufen
Streifte durchs Feld, und trieb aus fetten Wiesen und Gründen
Eine Heerde von Rindern, und schönen Ochsen und Kühen,
Oder auch wolletragendes Vieh, die schüchternen Schafe
685Mit den ängstlich blöckenden Lämmern, itzt ihnen zur Beute,

Ueber die Ebenen weg. Und kaum entrinnen die Hirten
Mit dem Leben; sie rufen um Hülfe; vom blutigen Streite
Wird die Gegend erfüllt; es ziehn im wilden Turniere
Die Geschwader gegen einander; die sichern Gefilde,
690Wo noch so kürzlich das Vieh in reichen Heerden geweidet,

Liegen nun weit umher mit Leicher und Waffen bestreuet,
Blutig, entstellt, verlassen und öde. Noch andere hielten
Eine befestigte Stadt mit ihrem Lager umschlossen.
Muthige Schaaren stürmen auf sie mit Leitern und Wurfzeug
695Jn den eröffneten Gräben; sie aber vertheidgen vom Walle

Sich mit Pfeilen und Spießen, mit Steinen und schweflichtem Feuer.
Ein entsetzliches Metzeln, und riesenmäßige Thaten
Werden an beyden Seiten verübt. An anderen Orten
Rufen Gesandte des Friedens mit ihren geheiligten Stäben
700Unter die Thore der Stadt den Rath der Bürger zusammen.

Ernste geprüfte Männer, mit grauen Haaren bedecket,
Treten, mit jungen Kriegern vermischt, zusammen. Man höret

Mächtige

Das verlohrne Paradies.

Rieſen von maͤchtger Geſtalt, und voll verwegner Entwuͤrfe.
Einige ſchwingen die glaͤnzenden Waffen; die anderen tummeln
680Das wildſchaͤumende Roß, theils einzeln, oder in Schaaren:

Keine muͤßige Muſterung wars. Ein muthiger Haufen
Streifte durchs Feld, und trieb aus fetten Wieſen und Gruͤnden
Eine Heerde von Rindern, und ſchoͤnen Ochſen und Kuͤhen,
Oder auch wolletragendes Vieh, die ſchuͤchternen Schafe
685Mit den aͤngſtlich bloͤckenden Laͤmmern, itzt ihnen zur Beute,

Ueber die Ebenen weg. Und kaum entrinnen die Hirten
Mit dem Leben; ſie rufen um Huͤlfe; vom blutigen Streite
Wird die Gegend erfuͤllt; es ziehn im wilden Turniere
Die Geſchwader gegen einander; die ſichern Gefilde,
690Wo noch ſo kuͤrzlich das Vieh in reichen Heerden geweidet,

Liegen nun weit umher mit Leicher und Waffen beſtreuet,
Blutig, entſtellt, verlaſſen und oͤde. Noch andere hielten
Eine befeſtigte Stadt mit ihrem Lager umſchloſſen.
Muthige Schaaren ſtuͤrmen auf ſie mit Leitern und Wurfzeug
695Jn den eroͤffneten Graͤben; ſie aber vertheidgen vom Walle

Sich mit Pfeilen und Spießen, mit Steinen und ſchweflichtem Feuer.
Ein entſetzliches Metzeln, und rieſenmaͤßige Thaten
Werden an beyden Seiten veruͤbt. An anderen Orten
Rufen Geſandte des Friedens mit ihren geheiligten Staͤben
700Unter die Thore der Stadt den Rath der Buͤrger zuſammen.

Ernſte gepruͤfte Maͤnner, mit grauen Haaren bedecket,
Treten, mit jungen Kriegern vermiſcht, zuſammen. Man hoͤret

Maͤchtige
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="41">
            <l>
              <pb facs="#f0228" n="204"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi> </fw>
            </l><lb/>
            <l>Rie&#x017F;en von ma&#x0364;chtger Ge&#x017F;talt, und voll verwegner Entwu&#x0364;rfe.</l><lb/>
            <l>Einige &#x017F;chwingen die gla&#x0364;nzenden Waffen; die anderen tummeln<lb/><note place="left">680</note>Das wild&#x017F;cha&#x0364;umende Roß, theils einzeln, oder in Schaaren:</l><lb/>
            <l>Keine mu&#x0364;ßige Mu&#x017F;terung wars. Ein muthiger Haufen</l><lb/>
            <l>Streifte durchs Feld, und trieb aus fetten Wie&#x017F;en und Gru&#x0364;nden</l><lb/>
            <l>Eine Heerde von Rindern, und &#x017F;cho&#x0364;nen Och&#x017F;en und Ku&#x0364;hen,</l><lb/>
            <l>Oder auch wolletragendes Vieh, die &#x017F;chu&#x0364;chternen Schafe<lb/><note place="left">685</note>Mit den a&#x0364;ng&#x017F;tlich blo&#x0364;ckenden La&#x0364;mmern, itzt ihnen zur Beute,</l><lb/>
            <l>Ueber die Ebenen weg. Und kaum entrinnen die Hirten</l><lb/>
            <l>Mit dem Leben; &#x017F;ie rufen um Hu&#x0364;lfe; vom blutigen Streite</l><lb/>
            <l>Wird die Gegend erfu&#x0364;llt; es ziehn im wilden Turniere</l><lb/>
            <l>Die Ge&#x017F;chwader gegen einander; die &#x017F;ichern Gefilde,<lb/><note place="left">690</note>Wo noch &#x017F;o ku&#x0364;rzlich das Vieh in reichen Heerden geweidet,</l><lb/>
            <l>Liegen nun weit umher mit Leicher und Waffen be&#x017F;treuet,</l><lb/>
            <l>Blutig, ent&#x017F;tellt, verla&#x017F;&#x017F;en und o&#x0364;de. Noch andere hielten</l><lb/>
            <l>Eine befe&#x017F;tigte Stadt mit ihrem Lager um&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
            <l>Muthige Schaaren &#x017F;tu&#x0364;rmen auf &#x017F;ie mit Leitern und Wurfzeug<lb/><note place="left">695</note>Jn den ero&#x0364;ffneten Gra&#x0364;ben; &#x017F;ie aber vertheidgen vom Walle</l><lb/>
            <l>Sich mit Pfeilen und Spießen, mit Steinen und &#x017F;chweflichtem Feuer.</l><lb/>
            <l>Ein ent&#x017F;etzliches Metzeln, und rie&#x017F;enma&#x0364;ßige Thaten</l><lb/>
            <l>Werden an beyden Seiten veru&#x0364;bt. An anderen Orten</l><lb/>
            <l>Rufen Ge&#x017F;andte des Friedens mit ihren geheiligten Sta&#x0364;ben<lb/><note place="left">700</note>Unter die Thore der Stadt den Rath der Bu&#x0364;rger zu&#x017F;ammen.</l><lb/>
            <l>Ern&#x017F;te gepru&#x0364;fte Ma&#x0364;nner, mit grauen Haaren bedecket,</l><lb/>
            <l>Treten, mit jungen Kriegern vermi&#x017F;cht, zu&#x017F;ammen. Man ho&#x0364;ret<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ma&#x0364;chtige</fw><lb/></l>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[204/0228] Das verlohrne Paradies. Rieſen von maͤchtger Geſtalt, und voll verwegner Entwuͤrfe. Einige ſchwingen die glaͤnzenden Waffen; die anderen tummeln Das wildſchaͤumende Roß, theils einzeln, oder in Schaaren: Keine muͤßige Muſterung wars. Ein muthiger Haufen Streifte durchs Feld, und trieb aus fetten Wieſen und Gruͤnden Eine Heerde von Rindern, und ſchoͤnen Ochſen und Kuͤhen, Oder auch wolletragendes Vieh, die ſchuͤchternen Schafe Mit den aͤngſtlich bloͤckenden Laͤmmern, itzt ihnen zur Beute, Ueber die Ebenen weg. Und kaum entrinnen die Hirten Mit dem Leben; ſie rufen um Huͤlfe; vom blutigen Streite Wird die Gegend erfuͤllt; es ziehn im wilden Turniere Die Geſchwader gegen einander; die ſichern Gefilde, Wo noch ſo kuͤrzlich das Vieh in reichen Heerden geweidet, Liegen nun weit umher mit Leicher und Waffen beſtreuet, Blutig, entſtellt, verlaſſen und oͤde. Noch andere hielten Eine befeſtigte Stadt mit ihrem Lager umſchloſſen. Muthige Schaaren ſtuͤrmen auf ſie mit Leitern und Wurfzeug Jn den eroͤffneten Graͤben; ſie aber vertheidgen vom Walle Sich mit Pfeilen und Spießen, mit Steinen und ſchweflichtem Feuer. Ein entſetzliches Metzeln, und rieſenmaͤßige Thaten Werden an beyden Seiten veruͤbt. An anderen Orten Rufen Geſandte des Friedens mit ihren geheiligten Staͤben Unter die Thore der Stadt den Rath der Buͤrger zuſammen. Ernſte gepruͤfte Maͤnner, mit grauen Haaren bedecket, Treten, mit jungen Kriegern vermiſcht, zuſammen. Man hoͤret Maͤchtige

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/228
Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/228>, abgerufen am 24.11.2024.