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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

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Das verlohrne Paradies.
Michael, meinen Befehl wirst du verrichten. Nimm zu dir
105Einige von der Cherubim Schaar, den tapfersten Ausbund

Flammender Krieger, damit nicht der Feind, zum Besten des Menschen,
Oder sich selbst im Besitz des erledigten Platzes zu sehen,
Neue Verwirrungen stifte. Begieb dich mit eilenden Schwingen
Zu der Erde hinab; treib aus dem Paradies Gottes
110Sonder Erbarmen dieß sündige Paar! vom heiligen Boden

Treib die Unheiligen aus, und ihnen, und ihrem Geschlechte
Kündge die ewge Verbannung an aus Edens Gefilden!
Aber damit sie vor Furcht nicht unter dem Urtheil erliegen,
Wenn zu scharf es sie träfe; denn ihre gebeugeten Herzen
115Seh ich erweicht; sie schmelzen in Thränen über den Fehltritt,

Den sie gethan: so verhülle vor ihnen die Schrecknisse Gottes;
Und woferne sie deinem Befehl geduldig gehorchen,
Sollst du sie, nicht ungetröstet, aus Eden erlassen.
Offenbare dem Ersten der Menschen, was künftig geschehn wird,
120So wie besonders dazu dich meine Gnade begeistert;

Und so erlaß ihn von dir, zwar traurig, aber in Frieden.
An der östlichen Seite des Gartens, an welcher am leichtsten
Sich der Weg hinauf zu Edens Hügel erstrecket,
Setze die Wache der Cherubim hin, und die schimmernde Flamme
125Meines weitwallenden Schwerdts, um was sich ihm nahet, zu schrecken,

Und den Weg zum Baume des Lebens dadurch zu verwehren;
Daß nicht Eden zuletzt unreine Geister bewohnen,
Und sie sich aller der Bäume, die ich gepflanzet, bemächtgen,
Mit der gestohlnen Frucht die Menschen noch mehr zu betrügen.
Dieses
Das verlohrne Paradies.
Michael, meinen Befehl wirſt du verrichten. Nimm zu dir
105Einige von der Cherubim Schaar, den tapferſten Ausbund

Flammender Krieger, damit nicht der Feind, zum Beſten des Menſchen,
Oder ſich ſelbſt im Beſitz des erledigten Platzes zu ſehen,
Neue Verwirrungen ſtifte. Begieb dich mit eilenden Schwingen
Zu der Erde hinab; treib aus dem Paradies Gottes
110Sonder Erbarmen dieß ſuͤndige Paar! vom heiligen Boden

Treib die Unheiligen aus, und ihnen, und ihrem Geſchlechte
Kuͤndge die ewge Verbannung an aus Edens Gefilden!
Aber damit ſie vor Furcht nicht unter dem Urtheil erliegen,
Wenn zu ſcharf es ſie traͤfe; denn ihre gebeugeten Herzen
115Seh ich erweicht; ſie ſchmelzen in Thraͤnen uͤber den Fehltritt,

Den ſie gethan: ſo verhuͤlle vor ihnen die Schreckniſſe Gottes;
Und woferne ſie deinem Befehl geduldig gehorchen,
Sollſt du ſie, nicht ungetroͤſtet, aus Eden erlaſſen.
Offenbare dem Erſten der Menſchen, was kuͤnftig geſchehn wird,
120So wie beſonders dazu dich meine Gnade begeiſtert;

Und ſo erlaß ihn von dir, zwar traurig, aber in Frieden.
An der oͤſtlichen Seite des Gartens, an welcher am leichtſten
Sich der Weg hinauf zu Edens Huͤgel erſtrecket,
Setze die Wache der Cherubim hin, und die ſchimmernde Flamme
125Meines weitwallenden Schwerdts, um was ſich ihm nahet, zu ſchrecken,

Und den Weg zum Baume des Lebens dadurch zu verwehren;
Daß nicht Eden zuletzt unreine Geiſter bewohnen,
Und ſie ſich aller der Baͤume, die ich gepflanzet, bemaͤchtgen,
Mit der geſtohlnen Frucht die Menſchen noch mehr zu betruͤgen.
Dieſes
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[178/0202] Das verlohrne Paradies. Michael, meinen Befehl wirſt du verrichten. Nimm zu dir Einige von der Cherubim Schaar, den tapferſten Ausbund Flammender Krieger, damit nicht der Feind, zum Beſten des Menſchen, Oder ſich ſelbſt im Beſitz des erledigten Platzes zu ſehen, Neue Verwirrungen ſtifte. Begieb dich mit eilenden Schwingen Zu der Erde hinab; treib aus dem Paradies Gottes Sonder Erbarmen dieß ſuͤndige Paar! vom heiligen Boden Treib die Unheiligen aus, und ihnen, und ihrem Geſchlechte Kuͤndge die ewge Verbannung an aus Edens Gefilden! Aber damit ſie vor Furcht nicht unter dem Urtheil erliegen, Wenn zu ſcharf es ſie traͤfe; denn ihre gebeugeten Herzen Seh ich erweicht; ſie ſchmelzen in Thraͤnen uͤber den Fehltritt, Den ſie gethan: ſo verhuͤlle vor ihnen die Schreckniſſe Gottes; Und woferne ſie deinem Befehl geduldig gehorchen, Sollſt du ſie, nicht ungetroͤſtet, aus Eden erlaſſen. Offenbare dem Erſten der Menſchen, was kuͤnftig geſchehn wird, So wie beſonders dazu dich meine Gnade begeiſtert; Und ſo erlaß ihn von dir, zwar traurig, aber in Frieden. An der oͤſtlichen Seite des Gartens, an welcher am leichtſten Sich der Weg hinauf zu Edens Huͤgel erſtrecket, Setze die Wache der Cherubim hin, und die ſchimmernde Flamme Meines weitwallenden Schwerdts, um was ſich ihm nahet, zu ſchrecken, Und den Weg zum Baume des Lebens dadurch zu verwehren; Daß nicht Eden zuletzt unreine Geiſter bewohnen, Und ſie ſich aller der Baͤume, die ich gepflanzet, bemaͤchtgen, Mit der geſtohlnen Frucht die Menſchen noch mehr zu betruͤgen. Dieſes

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/202>, abgerufen am 03.05.2024.