Welche die Frucht dir gar bald mit größeren Freuden belohnet. 1120Mich auch verfehlte der Fluch, und traf am meisten das Erdreich; Denn ich soll mein Brodt mit Arbeit erwerben. Jst dieses, Unglück? Müßiggang wäre gewiß noch ärger gewesen! Arbeit wird mich erhalten; und daß nicht Kälte, noch Hitze, Uns beleidigen könne; hat seine göttliche Sorge, 1125Ungebethen von uns, mit seinen eigenen Händen Uns Unwürdge bekleidet voll Mitleid im währenden Richten. Wie vielmehr wird, wenn wir ihn bitten, sein Ohr sich eröffnen, Und sein Herz zum Mitleid sich neigen; er wird uns auch ferner Mittel lehren, wie wir uns vor der Witterung schützen, 1130Und vor Regen und Hagel und Schnee, so wie sie die Luft schon Jn verschiedner Gestalt auf nahen Gebirgen uns zeiget. Denn schon blasen die Winde mit feuchtem brausenden Hauche Schärfer herab, und zerreißen die lieblichgekrauseten Locken Dieser schönen blühenden Bäume; dieß lehret uns, künftig 1135Einen besseren Schirm und mehrere Wärme zu suchen, Unsre starrenden Glieder damit zu erhalten, noch ehe Dieses Gestirn des Tags uns Nacht voll Kälte zurückläßt. Also wollen wir suchen die rückwärtsschlagenden Stralen Zu versammeln, und sie durch truckne Materien flammend 1140Zu erhalten; oder wenn sich zwey Körper berühren, Aus der erschütterten Luft das innere Feuer zu locken; So wie jüngst aus streitenden Wolken, von stürmenden Winden Aneinander getrieben, der schlängelnde Blitz sich entflammte. Schief vom Himmel herab fiel er auf harzichte Rinden
Wal-
II.Theil. Y
Zehnter Geſang.
Welche die Frucht dir gar bald mit groͤßeren Freuden belohnet. 1120Mich auch verfehlte der Fluch, und traf am meiſten das Erdreich; Denn ich ſoll mein Brodt mit Arbeit erwerben. Jſt dieſes, Ungluͤck? Muͤßiggang waͤre gewiß noch aͤrger geweſen! Arbeit wird mich erhalten; und daß nicht Kaͤlte, noch Hitze, Uns beleidigen koͤnne; hat ſeine goͤttliche Sorge, 1125Ungebethen von uns, mit ſeinen eigenen Haͤnden Uns Unwuͤrdge bekleidet voll Mitleid im waͤhrenden Richten. Wie vielmehr wird, wenn wir ihn bitten, ſein Ohr ſich eroͤffnen, Und ſein Herz zum Mitleid ſich neigen; er wird uns auch ferner Mittel lehren, wie wir uns vor der Witterung ſchuͤtzen, 1130Und vor Regen und Hagel und Schnee, ſo wie ſie die Luft ſchon Jn verſchiedner Geſtalt auf nahen Gebirgen uns zeiget. Denn ſchon blaſen die Winde mit feuchtem brauſenden Hauche Schaͤrfer herab, und zerreißen die lieblichgekrauſeten Locken Dieſer ſchoͤnen bluͤhenden Baͤume; dieß lehret uns, kuͤnftig 1135Einen beſſeren Schirm und mehrere Waͤrme zu ſuchen, Unſre ſtarrenden Glieder damit zu erhalten, noch ehe Dieſes Geſtirn des Tags uns Nacht voll Kaͤlte zuruͤcklaͤßt. Alſo wollen wir ſuchen die ruͤckwaͤrtsſchlagenden Stralen Zu verſammeln, und ſie durch truckne Materien flammend 1140Zu erhalten; oder wenn ſich zwey Koͤrper beruͤhren, Aus der erſchuͤtterten Luft das innere Feuer zu locken; So wie juͤngſt aus ſtreitenden Wolken, von ſtuͤrmenden Winden Aneinander getrieben, der ſchlaͤngelnde Blitz ſich entflammte. Schief vom Himmel herab fiel er auf harzichte Rinden
Wal-
II.Theil. Y
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Zehnter Geſang.
Welche die Frucht dir gar bald mit groͤßeren Freuden belohnet.
Mich auch verfehlte der Fluch, und traf am meiſten das Erdreich;
Denn ich ſoll mein Brodt mit Arbeit erwerben. Jſt dieſes,
Ungluͤck? Muͤßiggang waͤre gewiß noch aͤrger geweſen!
Arbeit wird mich erhalten; und daß nicht Kaͤlte, noch Hitze,
Uns beleidigen koͤnne; hat ſeine goͤttliche Sorge,
Ungebethen von uns, mit ſeinen eigenen Haͤnden
Uns Unwuͤrdge bekleidet voll Mitleid im waͤhrenden Richten.
Wie vielmehr wird, wenn wir ihn bitten, ſein Ohr ſich eroͤffnen,
Und ſein Herz zum Mitleid ſich neigen; er wird uns auch ferner
Mittel lehren, wie wir uns vor der Witterung ſchuͤtzen,
Und vor Regen und Hagel und Schnee, ſo wie ſie die Luft ſchon
Jn verſchiedner Geſtalt auf nahen Gebirgen uns zeiget.
Denn ſchon blaſen die Winde mit feuchtem brauſenden Hauche
Schaͤrfer herab, und zerreißen die lieblichgekrauſeten Locken
Dieſer ſchoͤnen bluͤhenden Baͤume; dieß lehret uns, kuͤnftig
Einen beſſeren Schirm und mehrere Waͤrme zu ſuchen,
Unſre ſtarrenden Glieder damit zu erhalten, noch ehe
Dieſes Geſtirn des Tags uns Nacht voll Kaͤlte zuruͤcklaͤßt.
Alſo wollen wir ſuchen die ruͤckwaͤrtsſchlagenden Stralen
Zu verſammeln, und ſie durch truckne Materien flammend
Zu erhalten; oder wenn ſich zwey Koͤrper beruͤhren,
Aus der erſchuͤtterten Luft das innere Feuer zu locken;
So wie juͤngſt aus ſtreitenden Wolken, von ſtuͤrmenden Winden
Aneinander getrieben, der ſchlaͤngelnde Blitz ſich entflammte.
Schief vom Himmel herab fiel er auf harzichte Rinden
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II. Theil. Y
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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/191>, abgerufen am 17.07.2024.
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