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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

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Das verlohrne Paradies. Zehnter Gesang.
1145Waldichter Fichten und Tannen, und sandt' erquickende Wärme
Fernher zu uns, die Hitze der Sonne dadurch zu ersetzen.
Dieses Feuers Gebrauch, und was in Zukunft uns sonst noch
Unser Unglück versüßt, das unser Verbrechen gezeuget,
Wird er uns lehren, wofern wir darum voll Demuth ihn bitten
1150Und wir dürfen, dieß Leben in Jammer zu enden, nicht fürchten;

Seine Gnade wird uns mit mancherley Stärkung erhalten,
Bis wir im Staube zuletzt, als unsrer Heimath und Ruhe,
Unsere Tage vollbracht. Was können wir sonst noch, als hingehn
Zu dem Orte, wo er uns so voll Gnade gerichtet;
1155Um da niederzufallen, und unser Verbrechen mit Demuth

Zu bekennen; Verzeihung zu bitten; den Boden mit Thränen
Feuriger Reue zu netzen, und aus zerschlagenem Herzen
Seufzer gen Himmel zu senden, zum Zeichen unserer Vuße,
Unserer wahren Betrübniß, und unserer tiefen Erniedrung.
1160Ohne Zweifel wird er von seinem Zorne sich wenden;

Denn was leuchtete sonst aus seinen heiteren Blicken,
Da er am zornigsten schien, als Güte, Versöhnung und Gnade.

Also sagte der erste Vater mit reuigem Herzen:
Eva fühlte, wie er, aufrichtige Reue. Sie giengen
1165Eilend zum Orte, wo er sie so voll Gnade gerichtet;

Fielen da nieder vor ihm [Spaltenumbruch] aa) ; bekannten ihre Verbrechen,
Bathen ihn um Verzeihung, und netzten den Boden mit Thränen
Feuriger Reu, und sandten aus ihrem zerschlagenen Herzen
Heiße Seufzer zum Himmel hinauf, als redende Zeichen
1170Jhrer wahren Betrübniß, und ihrer tiefen Erniedrung.

Das
aa) Diese glücklichen Wieder hohlungen
sind sehr im Geschmacke Homers und
Virgils, und werden jedem Leser, wenn
[Spaltenumbruch] sie gehörig angebracht sind, mehr ver-
gnügen, als wenn es der Dichter mit
andern Worten hätte geben wollen. Z.

Das verlohrne Paradies. Zehnter Geſang.
1145Waldichter Fichten und Tannen, und ſandt’ erquickende Waͤrme
Fernher zu uns, die Hitze der Sonne dadurch zu erſetzen.
Dieſes Feuers Gebrauch, und was in Zukunft uns ſonſt noch
Unſer Ungluͤck verſuͤßt, das unſer Verbrechen gezeuget,
Wird er uns lehren, wofern wir darum voll Demuth ihn bitten
1150Und wir duͤrfen, dieß Leben in Jammer zu enden, nicht fuͤrchten;

Seine Gnade wird uns mit mancherley Staͤrkung erhalten,
Bis wir im Staube zuletzt, als unſrer Heimath und Ruhe,
Unſere Tage vollbracht. Was koͤnnen wir ſonſt noch, als hingehn
Zu dem Orte, wo er uns ſo voll Gnade gerichtet;
1155Um da niederzufallen, und unſer Verbrechen mit Demuth

Zu bekennen; Verzeihung zu bitten; den Boden mit Thraͤnen
Feuriger Reue zu netzen, und aus zerſchlagenem Herzen
Seufzer gen Himmel zu ſenden, zum Zeichen unſerer Vuße,
Unſerer wahren Betruͤbniß, und unſerer tiefen Erniedrung.
1160Ohne Zweifel wird er von ſeinem Zorne ſich wenden;

Denn was leuchtete ſonſt aus ſeinen heiteren Blicken,
Da er am zornigſten ſchien, als Guͤte, Verſoͤhnung und Gnade.

Alſo ſagte der erſte Vater mit reuigem Herzen:
Eva fuͤhlte, wie er, aufrichtige Reue. Sie giengen
1165Eilend zum Orte, wo er ſie ſo voll Gnade gerichtet;

Fielen da nieder vor ihm [Spaltenumbruch] aa) ; bekannten ihre Verbrechen,
Bathen ihn um Verzeihung, und netzten den Boden mit Thraͤnen
Feuriger Reu, und ſandten aus ihrem zerſchlagenen Herzen
Heiße Seufzer zum Himmel hinauf, als redende Zeichen
1170Jhrer wahren Betruͤbniß, und ihrer tiefen Erniedrung.

Das
aa) Dieſe gluͤcklichen Wieder hohlungen
ſind ſehr im Geſchmacke Homers und
Virgils, und werden jedem Leſer, wenn
[Spaltenumbruch] ſie gehoͤrig angebracht ſind, mehr ver-
gnuͤgen, als wenn es der Dichter mit
andern Worten haͤtte geben wollen. Z.
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[170/0192] Das verlohrne Paradies. Zehnter Geſang. Waldichter Fichten und Tannen, und ſandt’ erquickende Waͤrme Fernher zu uns, die Hitze der Sonne dadurch zu erſetzen. Dieſes Feuers Gebrauch, und was in Zukunft uns ſonſt noch Unſer Ungluͤck verſuͤßt, das unſer Verbrechen gezeuget, Wird er uns lehren, wofern wir darum voll Demuth ihn bitten Und wir duͤrfen, dieß Leben in Jammer zu enden, nicht fuͤrchten; Seine Gnade wird uns mit mancherley Staͤrkung erhalten, Bis wir im Staube zuletzt, als unſrer Heimath und Ruhe, Unſere Tage vollbracht. Was koͤnnen wir ſonſt noch, als hingehn Zu dem Orte, wo er uns ſo voll Gnade gerichtet; Um da niederzufallen, und unſer Verbrechen mit Demuth Zu bekennen; Verzeihung zu bitten; den Boden mit Thraͤnen Feuriger Reue zu netzen, und aus zerſchlagenem Herzen Seufzer gen Himmel zu ſenden, zum Zeichen unſerer Vuße, Unſerer wahren Betruͤbniß, und unſerer tiefen Erniedrung. Ohne Zweifel wird er von ſeinem Zorne ſich wenden; Denn was leuchtete ſonſt aus ſeinen heiteren Blicken, Da er am zornigſten ſchien, als Guͤte, Verſoͤhnung und Gnade. Alſo ſagte der erſte Vater mit reuigem Herzen: Eva fuͤhlte, wie er, aufrichtige Reue. Sie giengen Eilend zum Orte, wo er ſie ſo voll Gnade gerichtet; Fielen da nieder vor ihm aa) ; bekannten ihre Verbrechen, Bathen ihn um Verzeihung, und netzten den Boden mit Thraͤnen Feuriger Reu, und ſandten aus ihrem zerſchlagenen Herzen Heiße Seufzer zum Himmel hinauf, als redende Zeichen Jhrer wahren Betruͤbniß, und ihrer tiefen Erniedrung. Das aa) Dieſe gluͤcklichen Wieder hohlungen ſind ſehr im Geſchmacke Homers und Virgils, und werden jedem Leſer, wenn ſie gehoͤrig angebracht ſind, mehr ver- gnuͤgen, als wenn es der Dichter mit andern Worten haͤtte geben wollen. Z.

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/192>, abgerufen am 24.11.2024.