Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.
Weh mir Armen! Wie glücklich war ich! Jst dieses das Ende Dieser neuen herrlichen Welt? mein eigenes Ende, Der ich so kürzlich erst noch von dieser herrlichen Erde Alle Herrlichkeit war? Muß ich, ich vormals so glücklich, 770Jtzo verflucht, mich vor dem Gesicht des Ewgen verbergen, Welches zu schauen, vorher mein höchstes reinestes Glück war? Wohl! wofern sich nur so mein Elend endigen wollte! Jch verdien' es zu sehr, und williglich wollt' ich ertragen; Was ich selber verschuldet! Doch alles dieß wird mir nichts helfen! 775Meine Speise, mein Trank, und was ich künftig erzeuge, [Spaltenumbruch] Alles pränge von Gelehrsamkeit, und ein selt-
sames Gemisch von alten und neuen, la- [Spaltenumbruch] teinischen und italienischen Namen un- tereinander. N.
Weh mir Armen! Wie gluͤcklich war ich! Jſt dieſes das Ende Dieſer neuen herrlichen Welt? mein eigenes Ende, Der ich ſo kuͤrzlich erſt noch von dieſer herrlichen Erde Alle Herrlichkeit war? Muß ich, ich vormals ſo gluͤcklich, 770Jtzo verflucht, mich vor dem Geſicht des Ewgen verbergen, Welches zu ſchauen, vorher mein hoͤchſtes reineſtes Gluͤck war? Wohl! wofern ſich nur ſo mein Elend endigen wollte! Jch verdien’ es zu ſehr, und williglich wollt’ ich ertragen; Was ich ſelber verſchuldet! Doch alles dieß wird mir nichts helfen! 775Meine Speiſe, mein Trank, und was ich kuͤnftig erzeuge, [Spaltenumbruch] Alles praͤnge von Gelehrſamkeit, und ein ſelt-
ſames Gemiſch von alten und neuen, la- [Spaltenumbruch] teiniſchen und italieniſchen Namen un- tereinander. N. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="30"> <l> <pb facs="#f0176" n="154"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Unter den lebloſen Dingen; doch unter den unvernuͤnftgen</l><lb/> <l>Fuͤhrte die Zwietracht zuerſt, die Tochter der Suͤnde, den Tod ein.<lb/><note place="left">755</note>Jtzo kriegten Thiere mit Thieren, die Voͤgel mit Voͤgeln,</l><lb/> <l>Und die Fiſche mit andern Fiſchen. Sie alle verließen</l><lb/> <l>Gras und Kraut, das ſonſt ſie genaͤhrt, und fraßen einander.</l><lb/> <l>Wenig Ehrfurcht bezeigten ſie auch dem Menſchen; ſie flohn ihn,</l><lb/> <l>Oder ſie blickten ihn ſeitwaͤrts an mit grimmigen Minen,<lb/><note place="left">760</note>Wenn er vorbey gieng. Dieß waren bereits die wachſenden Uebel,</l><lb/> <l>Die ſich von außen erhuben; ſie wurden von <hi rendition="#fr">Adam</hi> bemerket,</l><lb/> <l>Ob er vor Kummer ſich gleich im dickeſten Schatten verborgen.</l><lb/> <l>Jn ſich ſelber empfand er indeß noch tieſeres Elend;</l><lb/> <l>Und, in einer ſtuͤrmiſchen See von wilden Affekten<lb/><note place="left">765</note>Ganz verſchlungen, ergoß er ſich ſo in heftige Klagen.</l> </lg><lb/> <lg n="31"> <l>Weh mir Armen! Wie gluͤcklich war ich! Jſt dieſes das Ende</l><lb/> <l>Dieſer neuen herrlichen Welt? mein eigenes Ende,</l><lb/> <l>Der ich ſo kuͤrzlich erſt noch von dieſer herrlichen Erde</l><lb/> <l>Alle Herrlichkeit war? Muß ich, ich vormals ſo gluͤcklich,<lb/><note place="left">770</note>Jtzo verflucht, mich vor dem Geſicht des Ewgen verbergen,</l><lb/> <l>Welches zu ſchauen, vorher mein hoͤchſtes reineſtes Gluͤck war?</l><lb/> <l>Wohl! wofern ſich nur ſo mein Elend endigen wollte!</l><lb/> <l>Jch verdien’ es zu ſehr, und williglich wollt’ ich ertragen;</l><lb/> <l>Was ich ſelber verſchuldet! Doch alles dieß wird mir nichts helfen!<lb/><note place="left">775</note>Meine Speiſe, mein Trank, und was ich kuͤnftig erzeuge,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Alles</fw><lb/><cb/> <note xml:id="f12" prev="#f11" place="foot" n="u)">praͤnge von Gelehrſamkeit, und ein ſelt-<lb/> ſames Gemiſch von alten und neuen, la-<lb/><cb/> teiniſchen und italieniſchen Namen un-<lb/> tereinander. <hi rendition="#fr">N.</hi></note><lb/></l> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [154/0176]
Das verlohrne Paradies.
Unter den lebloſen Dingen; doch unter den unvernuͤnftgen
Fuͤhrte die Zwietracht zuerſt, die Tochter der Suͤnde, den Tod ein.
Jtzo kriegten Thiere mit Thieren, die Voͤgel mit Voͤgeln,
Und die Fiſche mit andern Fiſchen. Sie alle verließen
Gras und Kraut, das ſonſt ſie genaͤhrt, und fraßen einander.
Wenig Ehrfurcht bezeigten ſie auch dem Menſchen; ſie flohn ihn,
Oder ſie blickten ihn ſeitwaͤrts an mit grimmigen Minen,
Wenn er vorbey gieng. Dieß waren bereits die wachſenden Uebel,
Die ſich von außen erhuben; ſie wurden von Adam bemerket,
Ob er vor Kummer ſich gleich im dickeſten Schatten verborgen.
Jn ſich ſelber empfand er indeß noch tieſeres Elend;
Und, in einer ſtuͤrmiſchen See von wilden Affekten
Ganz verſchlungen, ergoß er ſich ſo in heftige Klagen.
Weh mir Armen! Wie gluͤcklich war ich! Jſt dieſes das Ende
Dieſer neuen herrlichen Welt? mein eigenes Ende,
Der ich ſo kuͤrzlich erſt noch von dieſer herrlichen Erde
Alle Herrlichkeit war? Muß ich, ich vormals ſo gluͤcklich,
Jtzo verflucht, mich vor dem Geſicht des Ewgen verbergen,
Welches zu ſchauen, vorher mein hoͤchſtes reineſtes Gluͤck war?
Wohl! wofern ſich nur ſo mein Elend endigen wollte!
Jch verdien’ es zu ſehr, und williglich wollt’ ich ertragen;
Was ich ſelber verſchuldet! Doch alles dieß wird mir nichts helfen!
Meine Speiſe, mein Trank, und was ich kuͤnftig erzeuge,
Alles
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u) praͤnge von Gelehrſamkeit, und ein ſelt-
ſames Gemiſch von alten und neuen, la-
teiniſchen und italieniſchen Namen un-
tereinander. N.
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