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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

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Zehnter Gesang.

Von dem gefrohrnen Estothiland, und die südlichen Länder
730Hinter der Magellanischen Straße vor Kälte gesichert.

Nach dem Essen der Frucht wandt von dem verordneten Laufe
Sich die Sonne zurück, wie bey dem Gastmahl Thyestens.
Denn wie hätte sonst anders die Welt, wofern auch die Sünde
Nicht sie befleckt, und wofern sie auch unbewohnet geblieben,
735Leichter, als itzt, der sengenden Kälte, der brennenden Hitze,

Auszuweichen vermocht. Die große Verändrung am Himmel
Zog auf dem Meere sowohl, als auf dem verschiedenen Lande,
Ob zwar langsam und still, doch gleiche Veränderung nach sich.
Jn der Luft entzündeten sich die schießenden Dünste;
740Dampf und Nebel stieg auf; und schwüle, dicke, verfaulte,

Pestilenzische Dämpfe. Nun brechen von Norumbega
Und vom Samojedischen Ufer, aus ihrem gefrohrnen
Ehernen Kerker, mit Eise bewaffnet, im prasselnden Hagel,
Und mit Schnee und stürmischen Güssen, und Schloßen und Regen,
745Boreas sich, und Cäcias los; und mit lautem Gebrülle
Thrascias und Argest; sie zerreißen die Wälder, und rühren

Heulend den Ocean auf. Von Süden, ihnen entgegen,
Stürmen Notus und Afrikus, schwarz von Sena Liona,
Mit lautdonnernden Wolken; die ost- und westlichen Winde
750Rauschen mit wildem Geräusch zu beyden Seiten darunter;
Eurus und Zephir mit ihnen Sirocco, Libechio, pfeifend

Ueber die stürmische Fluth u). Dieß war der Anfang des Krieges

Unter
u) Jn diesem weitläuftigen Verzeichnisse der Winde ist ein unnöthiges Ge-
pränge
II. Theil. U

Zehnter Geſang.

Von dem gefrohrnen Eſtothiland, und die ſuͤdlichen Laͤnder
730Hinter der Magellaniſchen Straße vor Kaͤlte geſichert.

Nach dem Eſſen der Frucht wandt von dem verordneten Laufe
Sich die Sonne zuruͤck, wie bey dem Gaſtmahl Thyeſtens.
Denn wie haͤtte ſonſt anders die Welt, wofern auch die Suͤnde
Nicht ſie befleckt, und wofern ſie auch unbewohnet geblieben,
735Leichter, als itzt, der ſengenden Kaͤlte, der brennenden Hitze,

Auszuweichen vermocht. Die große Veraͤndrung am Himmel
Zog auf dem Meere ſowohl, als auf dem verſchiedenen Lande,
Ob zwar langſam und ſtill, doch gleiche Veraͤnderung nach ſich.
Jn der Luft entzuͤndeten ſich die ſchießenden Duͤnſte;
740Dampf und Nebel ſtieg auf; und ſchwuͤle, dicke, verfaulte,

Peſtilenziſche Daͤmpfe. Nun brechen von Norumbega
Und vom Samojediſchen Ufer, aus ihrem gefrohrnen
Ehernen Kerker, mit Eiſe bewaffnet, im praſſelnden Hagel,
Und mit Schnee und ſtuͤrmiſchen Guͤſſen, und Schloßen und Regen,
745Boreas ſich, und Caͤcias los; und mit lautem Gebruͤlle
Thraſcias und Argeſt; ſie zerreißen die Waͤlder, und ruͤhren

Heulend den Ocean auf. Von Suͤden, ihnen entgegen,
Stuͤrmen Notus und Afrikus, ſchwarz von Sena Liona,
Mit lautdonnernden Wolken; die oſt- und weſtlichen Winde
750Rauſchen mit wildem Geraͤuſch zu beyden Seiten darunter;
Eurus und Zephir mit ihnen Sirocco, Libechio, pfeifend

Ueber die ſtuͤrmiſche Fluth u). Dieß war der Anfang des Krieges

Unter
u) Jn dieſem weitlaͤuftigen Verzeichniſſe der Winde iſt ein unnoͤthiges Ge-
praͤnge
II. Theil. U
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[153/0175] Zehnter Geſang. Von dem gefrohrnen Eſtothiland, und die ſuͤdlichen Laͤnder Hinter der Magellaniſchen Straße vor Kaͤlte geſichert. Nach dem Eſſen der Frucht wandt von dem verordneten Laufe Sich die Sonne zuruͤck, wie bey dem Gaſtmahl Thyeſtens. Denn wie haͤtte ſonſt anders die Welt, wofern auch die Suͤnde Nicht ſie befleckt, und wofern ſie auch unbewohnet geblieben, Leichter, als itzt, der ſengenden Kaͤlte, der brennenden Hitze, Auszuweichen vermocht. Die große Veraͤndrung am Himmel Zog auf dem Meere ſowohl, als auf dem verſchiedenen Lande, Ob zwar langſam und ſtill, doch gleiche Veraͤnderung nach ſich. Jn der Luft entzuͤndeten ſich die ſchießenden Duͤnſte; Dampf und Nebel ſtieg auf; und ſchwuͤle, dicke, verfaulte, Peſtilenziſche Daͤmpfe. Nun brechen von Norumbega Und vom Samojediſchen Ufer, aus ihrem gefrohrnen Ehernen Kerker, mit Eiſe bewaffnet, im praſſelnden Hagel, Und mit Schnee und ſtuͤrmiſchen Guͤſſen, und Schloßen und Regen, Boreas ſich, und Caͤcias los; und mit lautem Gebruͤlle Thraſcias und Argeſt; ſie zerreißen die Waͤlder, und ruͤhren Heulend den Ocean auf. Von Suͤden, ihnen entgegen, Stuͤrmen Notus und Afrikus, ſchwarz von Sena Liona, Mit lautdonnernden Wolken; die oſt- und weſtlichen Winde Rauſchen mit wildem Geraͤuſch zu beyden Seiten darunter; Eurus und Zephir mit ihnen Sirocco, Libechio, pfeifend Ueber die ſtuͤrmiſche Fluth u). Dieß war der Anfang des Krieges Unter u) Jn dieſem weitlaͤuftigen Verzeichniſſe der Winde iſt ein unnoͤthiges Ge- praͤnge II. Theil. U

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/175>, abgerufen am 02.05.2024.