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Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.

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Zehnter Gesang.

Jn dem Schooße der ewigen Nacht, und des tobenden Chaos,
Welche für ihre Geheimnisse streitend der seltsamen Reise
500Neidisch entgegen sich stellten, und sich mit Geschrey und mit Aufruhr

Auf das obre Verhängniß berufen [Spaltenumbruch] p) ; und wie ich hernachmals
Jene neuerschaffene Welt, von der das Gerichte
Lange vorher im Himmel geredt, entdecket; ein großes,
Wundervolles, vollkommnes Gebäude, und drinnen den Menschen
505Jn dem herrlichsten Garten, im herrlichsten Paradiese,

Welcher durch unsre Verbannung vom Himmel so glücklich geworden.
Jhn, ihn hab' ich verführt! von seinem gefürchteten Schöpfer
Mit Betrug ihn verführt, und zwar, worüber ihr billig
Euch verwundern werdet, mit einem Apfel. Er fand sich,
510Welches euer Gelächter verdient, hierüber beleidigt,

Gab gleich seinen geliebtesten Menschen, und mit ihm auch seine
Ganze Welt auf, und ließ sie der Sünd' und dem Tode zum Raube;
Folglich ohne besondere Müh, Gefahren, und Arbeit,
Uns auch; denn wir können darinn nun handeln und wohnen,
515Und den Menschen beherrschen, der, wär er durch mich nicht gefallen,

Gleichfalls alles beherrschet hätte. Zwar muß ich gestehen,
Mich auch hat der Allmächtge mit dunkeln Worten gerichtet,
Oder besser zu sagen, die unvernünftige Schlange,
Unter deren Gestalt ich seine Menschen betrogen.

Was
p) Dieß scheint mit der Erzählung im
zweyten Gesange nicht übereinzustimmen,
denn Satan |am zwar mit vieler Müh und
Arbeit durch das Chaos, wir lesen aber
nicht, daß sich ihm das Chaos mit seinen
[Spaltenumbruch] Mächten widersetzt habe. Doch Satan
erhebt hier seine eignen Thaten, und viel-
leicht wollte der Poet den Vater der Lü-
gen
eben nicht so genau bey der Wahr-
heit bleiben lassen. N.

Zehnter Geſang.

Jn dem Schooße der ewigen Nacht, und des tobenden Chaos,
Welche fuͤr ihre Geheimniſſe ſtreitend der ſeltſamen Reiſe
500Neidiſch entgegen ſich ſtellten, und ſich mit Geſchrey und mit Aufruhr

Auf das obre Verhaͤngniß berufen [Spaltenumbruch] p) ; und wie ich hernachmals
Jene neuerſchaffene Welt, von der das Gerichte
Lange vorher im Himmel geredt, entdecket; ein großes,
Wundervolles, vollkommnes Gebaͤude, und drinnen den Menſchen
505Jn dem herrlichſten Garten, im herrlichſten Paradieſe,

Welcher durch unſre Verbannung vom Himmel ſo gluͤcklich geworden.
Jhn, ihn hab’ ich verfuͤhrt! von ſeinem gefuͤrchteten Schoͤpfer
Mit Betrug ihn verfuͤhrt, und zwar, woruͤber ihr billig
Euch verwundern werdet, mit einem Apfel. Er fand ſich,
510Welches euer Gelaͤchter verdient, hieruͤber beleidigt,

Gab gleich ſeinen geliebteſten Menſchen, und mit ihm auch ſeine
Ganze Welt auf, und ließ ſie der Suͤnd’ und dem Tode zum Raube;
Folglich ohne beſondere Muͤh, Gefahren, und Arbeit,
Uns auch; denn wir koͤnnen darinn nun handeln und wohnen,
515Und den Menſchen beherrſchen, der, waͤr er durch mich nicht gefallen,

Gleichfalls alles beherrſchet haͤtte. Zwar muß ich geſtehen,
Mich auch hat der Allmaͤchtge mit dunkeln Worten gerichtet,
Oder beſſer zu ſagen, die unvernuͤnftige Schlange,
Unter deren Geſtalt ich ſeine Menſchen betrogen.

Was
p) Dieß ſcheint mit der Erzaͤhlung im
zweyten Geſange nicht uͤbereinzuſtimmen,
denn Satan |am zwar mit vieler Muͤh und
Arbeit durch das Chaos, wir leſen aber
nicht, daß ſich ihm das Chaos mit ſeinen
[Spaltenumbruch] Maͤchten widerſetzt habe. Doch Satan
erhebt hier ſeine eignen Thaten, und viel-
leicht wollte der Poet den Vater der Lü-
gen
eben nicht ſo genau bey der Wahr-
heit bleiben laſſen. N.
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[143/0165] Zehnter Geſang. Jn dem Schooße der ewigen Nacht, und des tobenden Chaos, Welche fuͤr ihre Geheimniſſe ſtreitend der ſeltſamen Reiſe Neidiſch entgegen ſich ſtellten, und ſich mit Geſchrey und mit Aufruhr Auf das obre Verhaͤngniß berufen p) ; und wie ich hernachmals Jene neuerſchaffene Welt, von der das Gerichte Lange vorher im Himmel geredt, entdecket; ein großes, Wundervolles, vollkommnes Gebaͤude, und drinnen den Menſchen Jn dem herrlichſten Garten, im herrlichſten Paradieſe, Welcher durch unſre Verbannung vom Himmel ſo gluͤcklich geworden. Jhn, ihn hab’ ich verfuͤhrt! von ſeinem gefuͤrchteten Schoͤpfer Mit Betrug ihn verfuͤhrt, und zwar, woruͤber ihr billig Euch verwundern werdet, mit einem Apfel. Er fand ſich, Welches euer Gelaͤchter verdient, hieruͤber beleidigt, Gab gleich ſeinen geliebteſten Menſchen, und mit ihm auch ſeine Ganze Welt auf, und ließ ſie der Suͤnd’ und dem Tode zum Raube; Folglich ohne beſondere Muͤh, Gefahren, und Arbeit, Uns auch; denn wir koͤnnen darinn nun handeln und wohnen, Und den Menſchen beherrſchen, der, waͤr er durch mich nicht gefallen, Gleichfalls alles beherrſchet haͤtte. Zwar muß ich geſtehen, Mich auch hat der Allmaͤchtge mit dunkeln Worten gerichtet, Oder beſſer zu ſagen, die unvernuͤnftige Schlange, Unter deren Geſtalt ich ſeine Menſchen betrogen. Was p) Dieß ſcheint mit der Erzaͤhlung im zweyten Geſange nicht uͤbereinzuſtimmen, denn Satan |am zwar mit vieler Muͤh und Arbeit durch das Chaos, wir leſen aber nicht, daß ſich ihm das Chaos mit ſeinen Maͤchten widerſetzt habe. Doch Satan erhebt hier ſeine eignen Thaten, und viel- leicht wollte der Poet den Vater der Lü- gen eben nicht ſo genau bey der Wahr- heit bleiben laſſen. N.

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Zitationshilfe: Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/milton_paradies02_1763/165>, abgerufen am 27.11.2024.