Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.Das verlohrne Paradies. Mittlerweile, noch ehe man so auf Erden gesündigt, 230Und das Urtheil ergangen: saß an den Thoren der Hölle Sünd' und Tod [Spaltenumbruch] m) , und hatten einander am Jnnern der Pforte Jm Gesicht. Weit offen stand itzt die Pforte des Abgrunds, Und spie wilde verzehrende Flammen hinaus in das Chaos, Seitdem Satan, nachdem ihm die Sünde die Riegel eröffnet, 235Unerschrocken hindurchgegangen; sie sagte zum Tode.. Warum sitzen wir hier, o Sohn, so müßig, und schauen Fruchtlos einander so an, da unser erhabener Vater, Satan, andere Welten durchirrt, und muthig bemüht ist, Eine bessere Wohnung uns, seinen Geliebten, zu suchen? 240Ohne Zweifel bekrönet ihn schon ein glücklicher Ausgang! Wär er nicht glücklich, so wär' er schon längst zurückegekehret; Seine Verfolger hätten ihn längst mit feurigem Grimme Wieder heruntergejagt, indem für seine Bestrafung, Oder für ihre Rache kein Ort so bequem ist, als dieser. 245Neue Kräfte fühl ich in mir, so dünkt mich, sich regen, Und mir scheints, als wüchsen mir Flügel, und würde das Reich mir Jenseits dieser Tiefe gegeben, was immer es seyn mag, Was so mächtig mich zieht, ein angebohrnes Vermögen, Oder ein sympathetischer Zug, der wirksam genug ist, Dinge m) Die Sünde und der Tod kom-
men hier wieder von neuem auf den Schau- platz. Jch berufe mich wegen dieser alle- gorischen Wesen auf meine Anmerkung zum zweyten Gesange Seite 77. zweyte Edition. Milton hat dieser Brücke schon [Spaltenumbruch] im zweyten Gesange erwähnt, und die Meynung derjenigen scheint gegründet zu seyn, welche behaupten, daß diese zu früh geschehene Erwähnung Ursäche sey, daß uns dieser Brückenbau nunmehr weniger in Verwunderung setzt. Z. Das verlohrne Paradies. Mittlerweile, noch ehe man ſo auf Erden geſuͤndigt, 230Und das Urtheil ergangen: ſaß an den Thoren der Hoͤlle Suͤnd’ und Tod [Spaltenumbruch] m) , und hatten einander am Jnnern der Pforte Jm Geſicht. Weit offen ſtand itzt die Pforte des Abgrunds, Und ſpie wilde verzehrende Flammen hinaus in das Chaos, Seitdem Satan, nachdem ihm die Suͤnde die Riegel eroͤffnet, 235Unerſchrocken hindurchgegangen; ſie ſagte zum Tode.. Warum ſitzen wir hier, o Sohn, ſo muͤßig, und ſchauen Fruchtlos einander ſo an, da unſer erhabener Vater, Satan, andere Welten durchirrt, und muthig bemuͤht iſt, Eine beſſere Wohnung uns, ſeinen Geliebten, zu ſuchen? 240Ohne Zweifel bekroͤnet ihn ſchon ein gluͤcklicher Ausgang! Waͤr er nicht gluͤcklich, ſo waͤr’ er ſchon laͤngſt zuruͤckegekehret; Seine Verfolger haͤtten ihn laͤngſt mit feurigem Grimme Wieder heruntergejagt, indem fuͤr ſeine Beſtrafung, Oder fuͤr ihre Rache kein Ort ſo bequem iſt, als dieſer. 245Neue Kraͤfte fuͤhl ich in mir, ſo duͤnkt mich, ſich regen, Und mir ſcheints, als wuͤchſen mir Fluͤgel, und wuͤrde das Reich mir Jenſeits dieſer Tiefe gegeben, was immer es ſeyn mag, Was ſo maͤchtig mich zieht, ein angebohrnes Vermoͤgen, Oder ein ſympathetiſcher Zug, der wirkſam genug iſt, Dinge m) Die Sünde und der Tod kom-
men hier wieder von neuem auf den Schau- platz. Jch berufe mich wegen dieſer alle- goriſchen Weſen auf meine Anmerkung zum zweyten Geſange Seite 77. zweyte Edition. Milton hat dieſer Bruͤcke ſchon [Spaltenumbruch] im zweyten Geſange erwaͤhnt, und die Meynung derjenigen ſcheint gegruͤndet zu ſeyn, welche behaupten, daß dieſe zu fruͤh geſchehene Erwaͤhnung Urſaͤche ſey, daß uns dieſer Bruͤckenbau nunmehr weniger in Verwunderung ſetzt. Z. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0154" n="132"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi> </fw><lb/> <lg n="15"> <l>Mittlerweile, noch ehe man ſo auf Erden geſuͤndigt,<lb/><note place="left">230</note>Und das Urtheil ergangen: ſaß an den Thoren der Hoͤlle<lb/><hi rendition="#fr">Suͤnd’</hi> und <hi rendition="#fr">Tod</hi> <cb/> <note place="foot" n="m)">Die <hi rendition="#fr">Sünde</hi> und <hi rendition="#fr">der Tod</hi> kom-<lb/> men hier wieder von neuem auf den Schau-<lb/> platz. Jch berufe mich wegen dieſer alle-<lb/> goriſchen Weſen auf meine Anmerkung<lb/> zum zweyten Geſange Seite 77. zweyte<lb/> Edition. Milton hat dieſer Bruͤcke ſchon<lb/><cb/> im zweyten Geſange erwaͤhnt, und die<lb/> Meynung derjenigen ſcheint gegruͤndet zu<lb/> ſeyn, welche behaupten, daß dieſe zu fruͤh<lb/> geſchehene Erwaͤhnung Urſaͤche ſey, daß<lb/> uns dieſer Bruͤckenbau nunmehr weniger<lb/> in Verwunderung ſetzt. <hi rendition="#fr">Z.</hi></note> , und hatten einander am Jnnern der Pforte</l><lb/> <l>Jm Geſicht. Weit offen ſtand itzt die Pforte des Abgrunds,</l><lb/> <l>Und ſpie wilde verzehrende Flammen hinaus in das Chaos,</l><lb/> <l>Seitdem <hi rendition="#fr">Satan,</hi> nachdem ihm die <hi rendition="#fr">Suͤnde</hi> die Riegel eroͤffnet,<lb/><note place="left">235</note>Unerſchrocken hindurchgegangen; ſie ſagte zum <hi rendition="#fr">Tode.</hi>.</l> </lg><lb/> <lg n="16"> <l>Warum ſitzen wir hier, o Sohn, ſo muͤßig, und ſchauen</l><lb/> <l>Fruchtlos einander ſo an, da unſer erhabener Vater,<lb/><hi rendition="#fr">Satan,</hi> andere Welten durchirrt, und muthig bemuͤht iſt,</l><lb/> <l>Eine beſſere Wohnung uns, ſeinen Geliebten, zu ſuchen?<lb/><note place="left">240</note>Ohne Zweifel bekroͤnet ihn ſchon ein gluͤcklicher Ausgang!</l><lb/> <l>Waͤr er nicht gluͤcklich, ſo waͤr’ er ſchon laͤngſt zuruͤckegekehret;</l><lb/> <l>Seine Verfolger haͤtten ihn laͤngſt mit feurigem Grimme</l><lb/> <l>Wieder heruntergejagt, indem fuͤr ſeine Beſtrafung,</l><lb/> <l>Oder fuͤr ihre Rache kein Ort ſo bequem iſt, als dieſer.<lb/><note place="left">245</note>Neue Kraͤfte fuͤhl ich in mir, ſo duͤnkt mich, ſich regen,</l><lb/> <l>Und mir ſcheints, als wuͤchſen mir Fluͤgel, und wuͤrde das Reich mir</l><lb/> <l>Jenſeits dieſer Tiefe gegeben, was immer es ſeyn mag,</l><lb/> <l>Was ſo maͤchtig mich zieht, ein angebohrnes Vermoͤgen,</l><lb/> <l>Oder ein ſympathetiſcher Zug, der wirkſam genug iſt,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Dinge</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [132/0154]
Das verlohrne Paradies.
Mittlerweile, noch ehe man ſo auf Erden geſuͤndigt,
Und das Urtheil ergangen: ſaß an den Thoren der Hoͤlle
Suͤnd’ und Tod
m) , und hatten einander am Jnnern der Pforte
Jm Geſicht. Weit offen ſtand itzt die Pforte des Abgrunds,
Und ſpie wilde verzehrende Flammen hinaus in das Chaos,
Seitdem Satan, nachdem ihm die Suͤnde die Riegel eroͤffnet,
Unerſchrocken hindurchgegangen; ſie ſagte zum Tode..
Warum ſitzen wir hier, o Sohn, ſo muͤßig, und ſchauen
Fruchtlos einander ſo an, da unſer erhabener Vater,
Satan, andere Welten durchirrt, und muthig bemuͤht iſt,
Eine beſſere Wohnung uns, ſeinen Geliebten, zu ſuchen?
Ohne Zweifel bekroͤnet ihn ſchon ein gluͤcklicher Ausgang!
Waͤr er nicht gluͤcklich, ſo waͤr’ er ſchon laͤngſt zuruͤckegekehret;
Seine Verfolger haͤtten ihn laͤngſt mit feurigem Grimme
Wieder heruntergejagt, indem fuͤr ſeine Beſtrafung,
Oder fuͤr ihre Rache kein Ort ſo bequem iſt, als dieſer.
Neue Kraͤfte fuͤhl ich in mir, ſo duͤnkt mich, ſich regen,
Und mir ſcheints, als wuͤchſen mir Fluͤgel, und wuͤrde das Reich mir
Jenſeits dieſer Tiefe gegeben, was immer es ſeyn mag,
Was ſo maͤchtig mich zieht, ein angebohrnes Vermoͤgen,
Oder ein ſympathetiſcher Zug, der wirkſam genug iſt,
Dinge
m) Die Sünde und der Tod kom-
men hier wieder von neuem auf den Schau-
platz. Jch berufe mich wegen dieſer alle-
goriſchen Weſen auf meine Anmerkung
zum zweyten Geſange Seite 77. zweyte
Edition. Milton hat dieſer Bruͤcke ſchon
im zweyten Geſange erwaͤhnt, und die
Meynung derjenigen ſcheint gegruͤndet zu
ſeyn, welche behaupten, daß dieſe zu fruͤh
geſchehene Erwaͤhnung Urſaͤche ſey, daß
uns dieſer Bruͤckenbau nunmehr weniger
in Verwunderung ſetzt. Z.
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