Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.
Die erhabenste Gegenwart Gottes gab also zur Antwort: War sie denn etwan dein Gott, daß du, vor meinen Gebothen, 150Jhr gehorchtest? gab ich sie dir zum Führer, zum Obern? Oder erschuf ich sie dir nur gleich, daß du ihr die Mannheit Hingabst, und die Stelle vergaßest, in welche dein Schöpfer Dich weit über sie setzte, indem er aus dir sie erschaffen, Und für dich sie gemacht, und deine Würde, vor ihrer, Weit g) 1 B. Mos. III, 12. Da sprach
Adam, das Weib, das du mir zuge- [Spaltenumbruch] sellet hast, gab mir von dem Bau- me; und ich aß.
Die erhabenſte Gegenwart Gottes gab alſo zur Antwort: War ſie denn etwan dein Gott, daß du, vor meinen Gebothen, 150Jhr gehorchteſt? gab ich ſie dir zum Fuͤhrer, zum Obern? Oder erſchuf ich ſie dir nur gleich, daß du ihr die Mannheit Hingabſt, und die Stelle vergaßeſt, in welche dein Schoͤpfer Dich weit uͤber ſie ſetzte, indem er aus dir ſie erſchaffen, Und fuͤr dich ſie gemacht, und deine Wuͤrde, vor ihrer, Weit g) 1 B. Moſ. III, 12. Da ſprach
Adam, das Weib, das du mir zuge- [Spaltenumbruch] ſellet haſt, gab mir von dem Bau- me; und ich aß. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="6"> <l> <pb facs="#f0149" n="127"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zehnter Geſang.</hi> </fw> </l><lb/> <l>Hier vor meinen Richter geſtellt! Jch ſeh mich gezwungen,</l><lb/> <l>Ganz entweder auf mich ein ſolches Verbrechen zu nehmen;</l><lb/> <l>Oder ich muß mein anderes Selbſt, die theure Gehuͤlfinn<lb/><note place="left">135</note>Meines Lebens, verklagen! Sollt’ ich, indem ſie mir treu iſt,</l><lb/> <l>Dieſes Vergehn nicht lieber verhehlen, und Tadel und Schande</l><lb/> <l>So ihr erſparen? Doch harte Noth, und trauriger Zwang treibt</l><lb/> <l>Mich hiezu, damit nicht zugleich die Suͤnd’ und die Strafe</l><lb/> <l>Mich, ſo unertraͤglich ſie ſind, allein nur beſchweren.<lb/><note place="left">140</note>Wollt’ ich auch ſchweigen, ſo wuͤrdeſt du doch gar bald es entdecken,</l><lb/> <l>Was ich vor dir verhehlt. Dieß Weib, Herr, das du gemacht haſt,</l><lb/> <l>Mir zur Huͤlfe, das du, als deine vollkommenſte Gabe,</l><lb/> <l>Mir geſchenket, ſie, die mir ſo gut, ſo wuͤnſchenswerth vorkam,</l><lb/> <l>Und ſo voͤllig gemacht fuͤr mich, ſo goͤttlich mir duͤnkte,<lb/><note place="left">145</note>Daß ich nimmer was Boͤſes von ihren Haͤnden vermuthet,</l><lb/> <l>Deren Thun, ſo wie es auch war, durch Anmuth doch recht ſchien,</l><lb/> <l>Dieſe — ſie gab mir vom Baum; ich habe mit ihr gegeſſen <cb/> <note place="foot" n="g)">1 B. Moſ. <hi rendition="#aq">III,</hi> 12. <hi rendition="#fr">Da ſprach<lb/> Adam, das Weib, das du mir zuge-<lb/><cb/> ſellet haſt, gab mir von dem Bau-<lb/> me; und ich aß.</hi></note>.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <l>Die erhabenſte Gegenwart Gottes gab alſo zur Antwort:</l><lb/> <l>War ſie denn etwan dein Gott, daß du, vor meinen Gebothen,<lb/><note place="left">150</note>Jhr gehorchteſt? gab ich ſie dir zum Fuͤhrer, zum Obern?</l><lb/> <l>Oder erſchuf ich ſie dir nur gleich, daß du ihr die Mannheit</l><lb/> <l>Hingabſt, und die Stelle vergaßeſt, in welche dein Schoͤpfer</l><lb/> <l>Dich weit uͤber ſie ſetzte, indem er aus dir ſie erſchaffen,</l><lb/> <l>Und fuͤr dich ſie gemacht, und deine Wuͤrde, vor ihrer,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Weit</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [127/0149]
Zehnter Geſang.
Hier vor meinen Richter geſtellt! Jch ſeh mich gezwungen,
Ganz entweder auf mich ein ſolches Verbrechen zu nehmen;
Oder ich muß mein anderes Selbſt, die theure Gehuͤlfinn
Meines Lebens, verklagen! Sollt’ ich, indem ſie mir treu iſt,
Dieſes Vergehn nicht lieber verhehlen, und Tadel und Schande
So ihr erſparen? Doch harte Noth, und trauriger Zwang treibt
Mich hiezu, damit nicht zugleich die Suͤnd’ und die Strafe
Mich, ſo unertraͤglich ſie ſind, allein nur beſchweren.
Wollt’ ich auch ſchweigen, ſo wuͤrdeſt du doch gar bald es entdecken,
Was ich vor dir verhehlt. Dieß Weib, Herr, das du gemacht haſt,
Mir zur Huͤlfe, das du, als deine vollkommenſte Gabe,
Mir geſchenket, ſie, die mir ſo gut, ſo wuͤnſchenswerth vorkam,
Und ſo voͤllig gemacht fuͤr mich, ſo goͤttlich mir duͤnkte,
Daß ich nimmer was Boͤſes von ihren Haͤnden vermuthet,
Deren Thun, ſo wie es auch war, durch Anmuth doch recht ſchien,
Dieſe — ſie gab mir vom Baum; ich habe mit ihr gegeſſen
g).
Die erhabenſte Gegenwart Gottes gab alſo zur Antwort:
War ſie denn etwan dein Gott, daß du, vor meinen Gebothen,
Jhr gehorchteſt? gab ich ſie dir zum Fuͤhrer, zum Obern?
Oder erſchuf ich ſie dir nur gleich, daß du ihr die Mannheit
Hingabſt, und die Stelle vergaßeſt, in welche dein Schoͤpfer
Dich weit uͤber ſie ſetzte, indem er aus dir ſie erſchaffen,
Und fuͤr dich ſie gemacht, und deine Wuͤrde, vor ihrer,
Weit
g) 1 B. Moſ. III, 12. Da ſprach
Adam, das Weib, das du mir zuge-
ſellet haſt, gab mir von dem Bau-
me; und ich aß.
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