Milton, John: Das Verlohrne Paradies. Bd. 2. Übers. v. Justus Friedrich Wilhelm Zachariae Altona, 1763.
Als er dieses gesagt, sprach er mit kurzem zu Eva: Sage mir, Weib, was hast du gethan [Spaltenumbruch] h)? Die traurige Eva, Fast hinsinkend vor Schaam, bekannte sogleich ihr Verbrechen, Nicht geschwätzig, noch frech, vor ihrem Richter. Betroffen 165Sprach sie: Die Schlange betrog mich mit List, ich aß von dem Baume. Als Gott dieses gehört, schritt er ohn' Anstand zum Urtheil Ueber die angeklagte Schlange, die ohne Vernunft zwar Nicht die Schuld von sich selbst auf jenen zu werfen vermochte, Der sie zum Werkzeug von Unglück gemacht, und ihre Bestimmung 170Jn der Schöpfung befleckt; doch ward sie billig verfluchet, Da sie nun in der Natur geschändet worden. Dem Menschen, (Denn er sahe nicht weiter,) war mehr zu wissen nicht nöthig, Und es hätt' auch die Schuld von ihm nicht verringert; doch wandte Gott das Urtheil zuletzt auch auf den Satan, den Ersten 175Jn der Sünde, jedoch mit heiligdunkelen Worten, Wie h) Da sprach Gott der Herr zum
Weide: Warum hast du das gethan? Das Weib sprach: die Schlange be- [Spaltenumbruch] trog mich also, daß ich aß. 1 B. Mos. III, 13.
Als er dieſes geſagt, ſprach er mit kurzem zu Eva: Sage mir, Weib, was haſt du gethan [Spaltenumbruch] h)? Die traurige Eva, Faſt hinſinkend vor Schaam, bekannte ſogleich ihr Verbrechen, Nicht geſchwaͤtzig, noch frech, vor ihrem Richter. Betroffen 165Sprach ſie: Die Schlange betrog mich mit Liſt, ich aß von dem Baume. Als Gott dieſes gehoͤrt, ſchritt er ohn’ Anſtand zum Urtheil Ueber die angeklagte Schlange, die ohne Vernunft zwar Nicht die Schuld von ſich ſelbſt auf jenen zu werfen vermochte, Der ſie zum Werkzeug von Ungluͤck gemacht, und ihre Beſtimmung 170Jn der Schoͤpfung befleckt; doch ward ſie billig verfluchet, Da ſie nun in der Natur geſchaͤndet worden. Dem Menſchen, (Denn er ſahe nicht weiter,) war mehr zu wiſſen nicht noͤthig, Und es haͤtt’ auch die Schuld von ihm nicht verringert; doch wandte Gott das Urtheil zuletzt auch auf den Satan, den Erſten 175Jn der Suͤnde, jedoch mit heiligdunkelen Worten, Wie h) Da ſprach Gott der Herr zum
Weide: Warum haſt du das gethan? Das Weib ſprach: die Schlange be- [Spaltenumbruch] trog mich alſo, daß ich aß. 1 B. Moſ. III, 13. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg n="7"> <l><pb facs="#f0150" n="128"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das verlohrne Paradies.</hi></fw><lb/><note place="left">155</note>Weit vollkommener war? Sie zierten Schoͤnheit und Anmuth,</l><lb/> <l>Daß ſie deine Liebe gewoͤnne; doch ſollte ſie dadurch</l><lb/> <l>Dich nicht beherrſchen! Die Gaben, die ſie ſo liebenswerth machten,</l><lb/> <l>Waren von keiner anderen Art; ſie ſollten nicht herrſchen,</l><lb/> <l>Sondern von dir, von ihrem Haupte, beherrſchet werden;<lb/><note place="left">160</note>Dieſes war deine Pflicht, wofern du ſelber dich kannteſt.</l> </lg><lb/> <lg n="8"> <l>Als er dieſes geſagt, ſprach er mit kurzem zu <hi rendition="#fr">Eva:</hi></l><lb/> <l>Sage mir, Weib, was haſt du gethan <cb/> <note place="foot" n="h)"><hi rendition="#fr">Da ſprach Gott der Herr zum<lb/> Weide: Warum haſt du das gethan?<lb/> Das Weib ſprach: die Schlange be-<lb/><cb/> trog mich alſo, daß ich aß.</hi> 1 B.<lb/> Moſ. <hi rendition="#aq">III,</hi> 13.</note>? Die traurige <hi rendition="#fr">Eva,</hi></l><lb/> <l>Faſt hinſinkend vor Schaam, bekannte ſogleich ihr Verbrechen,</l><lb/> <l>Nicht geſchwaͤtzig, noch frech, vor ihrem Richter. Betroffen<lb/><note place="left">165</note>Sprach ſie: Die Schlange betrog mich mit Liſt, ich aß von dem Baume.</l> </lg><lb/> <lg n="9"> <l>Als Gott dieſes gehoͤrt, ſchritt er ohn’ Anſtand zum Urtheil</l><lb/> <l>Ueber die angeklagte Schlange, die ohne Vernunft zwar</l><lb/> <l>Nicht die Schuld von ſich ſelbſt auf jenen zu werfen vermochte,</l><lb/> <l>Der ſie zum Werkzeug von Ungluͤck gemacht, und ihre Beſtimmung<lb/><note place="left">170</note>Jn der Schoͤpfung befleckt; doch ward ſie billig verfluchet,</l><lb/> <l>Da ſie nun in der Natur geſchaͤndet worden. Dem Menſchen,<lb/> (Denn er ſahe nicht weiter,) war mehr zu wiſſen nicht noͤthig,</l><lb/> <l>Und es haͤtt’ auch die Schuld von ihm nicht verringert; doch wandte</l><lb/> <l>Gott das Urtheil zuletzt auch auf den <hi rendition="#fr">Satan,</hi> den Erſten<lb/><note place="left">175</note>Jn der Suͤnde, jedoch mit heiligdunkelen Worten,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/></l> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [128/0150]
Das verlohrne Paradies.
Weit vollkommener war? Sie zierten Schoͤnheit und Anmuth,
Daß ſie deine Liebe gewoͤnne; doch ſollte ſie dadurch
Dich nicht beherrſchen! Die Gaben, die ſie ſo liebenswerth machten,
Waren von keiner anderen Art; ſie ſollten nicht herrſchen,
Sondern von dir, von ihrem Haupte, beherrſchet werden;
Dieſes war deine Pflicht, wofern du ſelber dich kannteſt.
Als er dieſes geſagt, ſprach er mit kurzem zu Eva:
Sage mir, Weib, was haſt du gethan
h)? Die traurige Eva,
Faſt hinſinkend vor Schaam, bekannte ſogleich ihr Verbrechen,
Nicht geſchwaͤtzig, noch frech, vor ihrem Richter. Betroffen
Sprach ſie: Die Schlange betrog mich mit Liſt, ich aß von dem Baume.
Als Gott dieſes gehoͤrt, ſchritt er ohn’ Anſtand zum Urtheil
Ueber die angeklagte Schlange, die ohne Vernunft zwar
Nicht die Schuld von ſich ſelbſt auf jenen zu werfen vermochte,
Der ſie zum Werkzeug von Ungluͤck gemacht, und ihre Beſtimmung
Jn der Schoͤpfung befleckt; doch ward ſie billig verfluchet,
Da ſie nun in der Natur geſchaͤndet worden. Dem Menſchen,
(Denn er ſahe nicht weiter,) war mehr zu wiſſen nicht noͤthig,
Und es haͤtt’ auch die Schuld von ihm nicht verringert; doch wandte
Gott das Urtheil zuletzt auch auf den Satan, den Erſten
Jn der Suͤnde, jedoch mit heiligdunkelen Worten,
Wie
h) Da ſprach Gott der Herr zum
Weide: Warum haſt du das gethan?
Das Weib ſprach: die Schlange be-
trog mich alſo, daß ich aß. 1 B.
Moſ. III, 13.
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